27.Kapitel

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„Willst du wirklich hier...?", keuche ich und sehe Louis an.
Sein Blick ist glühend und er ist ein wenig außer Atem, denkt kurz nach und schüttelt dann den Kopf. „Wenn man uns erwischt wäre das mega peinlich."

Hab ich es mir doch gedacht. Grinsend senke ich den Blick auf meine offene Hose und sage dann: „Und wieso hast du mich dann halb ausgezogen?"
„Keine Ahnung, da war mein Körper wohl einen Schritt weiter als mein Kopf. Außerdem hast du mich auch halb ausgezogen", gibt er verlegen zu und legt beide Hände rasch auf meine Schultern. So weit wie möglich weg von der offenen Hose. Wie es aussieht hat er doch ein wenig Respekt vor der ganzen Sache.

Grinsend schließe ich den Knopf wieder und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn: „Louis, ich glaube es wird nicht mehr lange dauern, bis du soweit bist...an der Reaktion eben hat du es ja bereits gesehen."
„Ja, meinst du?", fragt er ungläubig und ich nicke: „Ganz sicher und ich freue mich sehr darauf, wenn es soweit ist, aber es wird nicht heute sein, da bin ich sicher. Ich will mit dir schlafen, wenn wir beide die Ruhe dazu haben. Hier wäre es zwischen Tür und Angel und das möchte ich nicht."

Von der eben noch deutlich spürbaren Spannung ist nur noch wenig übrig, stattdessen ziehe ich Louis zu mir und küsse ihn lange. Meine Augen fallen zu, ich genieße es. Dieser Junge ist momentan das einzige, worauf ich wirklich zählen kann. Er gibt mir Sicherheit und Ruhe, die ich ansonsten nicht habe. Eine kleine Rettungsinsel im gefährlichen Meer.

Momentan muss ich an so Vieles denken, mir sicher sein, dass ich mich nicht verquatsche, aber dass ich ihn liebe ist sicher und das tut gut zu wissen. Wenigstens eine Sache, die wahr ist.

Auch wenn sich bei jedem Kuss, den wir teilen, das schlechte Gewissen bei mir meldet.

Hand in Hand kommen wir wenig später zurück ins Esszimmer. Noch immer sitzt die Gesellschaft beisammen und unterhält sich.

Die junge Frau sieht mich grimmig an, als wir herein kommen und erhebt sich: „Zeit für einen Nachtisch. Wollen Sie mir helfen, Mr Styles?" Ihr Blick ist durchdringend und ich weiß, dass es hier nicht um den Nachtisch geht.
Sie will mich unter vier Augen sprechen. Schnell nicke ich, lasse Louis los und folge ihr in die Küche.

„Es ist gefährlich was du da treibst", sagt sie, kaum, dass die Tür hinter uns zugeschlagen ist und sieht mich ernst an. „Was meinst du?" Obwohl ich ihren Vornamen überhaupt nicht kenne und sie bisher nie gesehen habe, dutze ich sie. Immerhin ist sie auch im Undercover Auftrag unterwegs und wir sitzen ja mehr oder weniger im selben Boot.

„Wie heißt du eigentlich?", frage ich direkt und es klingt schon ziemlich herausfordernd, das muss ich zugeben. Aber immerhin kennt sie meinen Namen und ich habe keine Ahnung, wie sie heißt. Bevor sie mich also zurechtweisen kann, will ich wenigstens das von ihr wissen. „Ich bin Eleanor", sagt sie und verschränkt die schlanken Arme vor der Brust. Das teure Armband baumelt dabei wie wild hin und her und blitzt im Licht der Deckenbeleuchtung auf. „Ist das dein richtiger Name?", frage ich und sie nickt knapp: „Den Nachnamen erfährst du aber nicht von mir."
„Meinetwegen. Also was willst du genau von mir?", frage ich und lehne mich an die Arbeitsplatte auf der der Nachtisch bereits steht. „Ich wollte dir sagen, dass es gefährlich ist, Louis da mit reinzuziehen. Ich bin lange genug in diesem Job, um zu sehen, wenn jemand wirklich Gefühle hat und ich sage dir, dass es eine dumme Idee ist, sich zu verlieben."
„Glaubst du, ich habe mir das ausgesucht? Ich kann doch nichts dafür, wenn ich mich verliebe", protestiere ich und schüttele verständnislos den Kopf. „Dann hättest du Louis verlassen müssen und dir eine andere Geschichte für Forster ausdenken. Der Mann wird vor nichts zurückschrecken, wenn er weiß, wie du zu Louis stehst. Auch, wenn Louis eigentlich..." Sie unterbricht sich.

Wieso?

„Was wolltest du gerade sagen? Was, wenn Louis eigentlich... was?" Sie hebt die Hand und ich breche ab. Eleanor bedeutet mir, zu lauschen und tatsächlich höre ich Schritte auf dem Flur, dann kommt Louis in die Küche.
„Soll ich euch mit dem Nachtisch helfen? Ihr braucht vielleicht noch eine helfende Hand", sagt er schnell. Hoffentlich hat er nicht zu viel mitbekommen. Eleanor und ich stehen da, wie Salzsäulen. „Was ist? Worüber habt ihr geredet?", fragt er und sieht zwischen uns hin und her.

Na toll, er hat was mitbekommen.

„Ach ich habe Harry nur gesagt, dass er sich in Acht nehmen soll, wenn er sich in einen Millionärserben verliebt, weil du später sicherlich ganz viel Arbeiten wirst und ihr euch dann wenig seht", sagt Eleanor und klingt dabei so dermaßen glaubhaft, dass ich überrascht bin. Louis sieht sie kurz an, als sei sie nicht ganz richtig im Kopf, dann sagt er: „Ich werde immer Zeit haben. So ein Mann, wie mein Onkel werde ich nicht."
„Na dann hat Harry ja großes Glück gehabt", lacht Eleanor und greift sich das Tablett mit dem Nachtisch.
Ich nehme die Schälchen und das Besteck und folge ihr. Louis kommt neben mir her. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich vernachlässigen werde, oder?", fragt er vorsichtig nach und ich schüttele den Kopf: „Nein, ich glaube nicht, dass du so ein Typ, wie dein Onkel wirst."
„Na dann bin ich aber erleichtert", sagt Louis und grinst.

Gut, er ist also zufrieden mit der Antwort, die er bekommen hat, denn den restlichen Abend verhält er sich vollkommen normal und wirkt kein bisschen misstrauisch. Er scheint die ganze Geschichte geschluckt zu haben.

Ich jedoch kann mich nicht entspannen. Eleanor wollte mir etwas sagen und hat den Satz nicht zu Ende gesprochen. Ich weiß nicht, was mit Louis ist und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es was verdammt Wichtiges ist und ich diese Information bekommen sollte. Doch Eleanor scheint den restlichen Abend nicht geplant zu haben, nochmal mit mir zu sprechen und so verlassen wir die Villa kurz vor Mitternacht, gehen über den Vorplatz zum Auto und fahren zurück zum Haus Tomlinson. Louis ist im Wagen ziemlich still und als ich zu ihm hinübersehe, bemerke ich, dass er eingeschlafen ist.

Als Mr Tomlinson den Wagen in die Garage fährt, hebe ich Louis vorsichtig aus dem Auto und trage ihn ins Haus. Sein Onkel öffnet mir sogar die Tür. „Bringen Sie ihn ins Bett, Harry und dann kommen Sie nochmal in mein Büro", sagt er und ich gehe auf direktem Weg in Louis Schlafzimmer.

Bis ich ihn im Bett habe, dauert es etwas. Schonmal versucht, jemanden auszuziehen, der schläft? Das ist überhaupt nicht leicht und ich verzweifle beinahe daran, doch irgendwann liegt Louis nur in Unterwäsche in seinem Bett, ist zugedeckt und schläft selig.

Leise gehe ich die Wendeltreppe wieder hinunter und verlasse das Schlafzimmer. Auf dem Weg in Mr Tomlinsons Büro lockere ich die Krawatte um meinen Hals und öffne den obersten Knopf des Hemds, jetzt ist ja die Etikette nicht mehr so wichtig.

„Ich bin da, Sir. Sie wollten mich sprechen", sage ich und klopfe sicherheitshalber an den Rahmen, obwohl die Bürotür offen steht. Louis Onkel steht am Fenster zum Garten und raucht eine Zigarre. Er hat mir den Rücken zugewandt und ich sehe nur seine Silhouette. „Kommen Sie näher", sagt er ruhig und reicht mir die Zigarre. „Danke, ich...", will ich ablehnen, nehme die Zigarre aber dann doch an, weil ich vermute, dass sie symbolisch gemeint ist. Sie schmeckt ganz gut und ich blase den blauen Dunst hinaus durchs offene Fenster.
„Ich hatte vorhin mit Eleanor gesprochen. Beziehungsweise sagte sie mir, dass Sie beide in der Küche eine kurze Unterhaltung führten und leider unterbrochen wurden."
„Ja, das stimmt", sage ich langsam und gebe ihm die Zigarre zurück. „Sie hält es für wichtig, dass ich Ihnen sage, wozu sie nicht gekommen ist", spricht er weiter und ich nicke langsam. Mein Herz schlägt schneller und ich habe plötzlich Angst vor dem, was er mir sagen will. „Louis ist mein Neffe und ich liebe ihn, wie einen eigenen Sohn. Ich habe das Sorgerecht für ihn, als sein Vater starb. Wir hatten das schon zu Lebzeiten meines Bruders festgelegt, dass Louis zu mir kommt, sollte ihm etwas zustoßen. Ich weiß nicht, wie viel Ihnen Louis von sich erzählt hat, Harry, aber Louis entstand nicht geplant. Mein Bruder hatte eine Affäre mit einer jungen Studentin, die damals gerade 17 Jahre alt war. Sie wollte ihn nicht haben, trug ihn aber aus und mein Bruder nahm Louis zu sich. Nach der Geburt verfiel sie in schwere Depressionen, wie es manchen Frauen passiert. Sie hat sich lange kaum davon erholt und sogar einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Mittlerweile müsste sie geheilt sein, aber ihr Vater hat es meinem Bruder nie verziehen, dass er sie geschwängert und dadurch diese Depressionen verursacht hat. Er hasst unsere Familie und Louis - obwohl er sein Enkelsohn ist...Harry, Sie ahnen sicherlich, von wem ich spreche..." Tomlinson sieht mich an und ich sehe im Licht der Zigarrenglut seine Augen, die mich fixieren.

„Forster ist Louis' Großvater und seine Mum ist Emilia Forster...", hauche ich leise und kann es kaum fassen.

Mr Tomlinson nickt langsam.

.-.-.-.

Bäm!

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt