25.Kapitel

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Einen Kater habe ich keinen, aber gut geht es mir am nächsten Morgen trotzdem nicht. Ich habe ausgeschlafen, doch die Gedanken an das, was gestern passiert ist, sind sofort nach dem Aufwachen wieder da.

Ich habe mit einer Frau geschlafen, um zu beweisen, dass mir Louis nichts bedeutet. Und in dem Moment selbst, habe ich es sogar genossen.

Was bin ich nur für ein Arschloch.

Aber hatte ich eine andere Wahl? Wenn ich abgelehnt hätte, hätte das nur zu weiteren Verdächtigungen geführt und Cornel traut mir sowieso schon nicht. Ich wollte es einfach nicht schlimmer machen. Immerhin könnte mich das im schlimmsten Fall vielleicht sogar mein Leben kosten. Ich darf nicht auffliegen, auch wenn ich dabei Dinge tun muss, die ich nicht will und die mir im Herzen wehtun.

Natürlich habe ich noch gestern meinen Verdacht bezüglich des Clubs an Menzies weitergegeben. Es liegt nun an ihm, herauszufinden, ob der Club Schutzgeld bezahlen muss. Er hat mir außerdem den Termin mit dem Abendessen bestätigt und mir mitgeteilt, dass Mr Tomlinson eingeweiht wurde und er mitspielt, indem er Louis vorgaukelt, man würde zu einem Geschäftsessen gehen.

Trotzdem nagt das schlechte Gewissen weiter an mir und es wird nicht besser, je näher der abendliche Termin mit Louis und seiner „Familie" rückt.

Hoffentlich kann ich ihm gegenüber verbergen, wie es mir gerade wirklich geht.

Gegen 16 Uhr springe ich unter die Dusche, rasiere mich ordentlich und schlüpfe in den Anzug, den mir das MI5 für die Gerichtsverhandlung geliehen hat, dann geht es mit der Bahn und einem ziemlich mulmigen Gefühl im Bauch nach Hampsted.

Je näher ich dem Haus der Tomlinsons komme, desto schlechter fühle ich mich und als ich am Ende der Straße die weiße Hausfassade sehen kann, würde ich am liebsten umdrehen. Sollen sie das Abendessen doch alleine machen.

Der ganze Abend wird eine Lüge sein und Louis wird das alles glauben, weil ich es bin, der sie ihm erzählt und er mir vertraut. Dabei habe ich ihn betrogen und belüge ihn in einem fort. Genau wie es heute wieder so sein wird.

'Mir geht es gut' - 'Dein Onkel hat mich gefragt ob ich dir Gesellschaft leisten will, damit dir beim Essen nicht so langweilig ist' - 'Das sind Geschäftspartner deines Onkels'

Alles Lügen.

Meine Füße bleiben stehen und ich lehne mich an ein niedriges Mäuerchen, um mich nochmal zu sammeln. Jetzt bloß nicht den Kopf verlieren. Ja, ich lüge Louis an, aber es sind keine dramatischen Lügen, wenn man die Aktion von gestern Abend mal nicht mit einrechnet - ie ist unverzeihlich und ich weiß nicht, wie er darauf reagiert, sollte er jemals davon erfahren. Alles hier passiert zu seinem Schutz und da sind diese Schritte nun mal notwendig. Bei jedem anderen Menschen wäre es genauso gelaufen.

Aber ich Depp musste mich ja verlieben und das macht das alles nur noch komplizierter!

Meine Finger krallen sich in den rauen Stein der Mauer und ich beiße mir auf die Lippe. Alles wäre so viel leichter, wenn Louis nur irgendwer wäre, dem ich etwas vorspielen würde, dann hätte es wenigstens System. Aber dieses Hin und her zwischen Lüge und Wahrheit ist so unglaublich anstrengend, dass ich jetzt schon müde bin – dabei ist der Abend noch nicht mal losgegangen.

Das Schlagen einer Kirchenglocke in der Nähe erinnert mich daran, dass ich pünktlich sein sollte und ich reiße mich zusammen, setze mich wieder in Bewegung und gehe die letzten Meter zum Haus.

Im Grunde macht es keinen Sinn, sich jetzt Sorgen oder Vorwürfe zu machen, denn ich kann doch sowieso nichts mehr daran ändern. Es gilt jetzt, das Beste daraus zu machen und das sollte ich mir einreden, damit ich es mir selbst glauben kann.

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt