Cornel begegne ich lange nicht, was mich enorm erleichtert. Fast habe ich das Gefühl, er geht mir aus dem Weg.
Erst, als ich zwei Tage später wieder im Wohnzimmer am Tisch sitze und die Flüge nach Schottland buche, taucht er auf.
Draußen regnet es in Strömen und die Wärme des Asphalts lässt das Wasser zu Dampf werden. Ich bin sehr froh darüber, dass ich gerade im Trockenen sitze. Cornel hingegen ist ziemlich nass und wischt sich den Regen von den Schultern, als er ins Wohnzimmer kommt.
„Wo ist der Chef?", fragt er mich knapp, ohne eine Begrüßung oder etwas in der Art. „Im Büro", antworte ich genauso knapp, ohne von dem Computer aufzublicken, an dem ich arbeite. „Das ist mein PC, was machst du da?", giftet Cornel, kommt mit schnellen Schritten auf mich zu und will das Gerät zuklappen. Ich kriege gerade noch rechtzeitig meine Finger zurückgezogen, sodass er sie nicht einklemmen kann.
„Das ist der Laptop von Mr Forster, nicht dein Eigentum und er hat mir gesagt, ich kann ihn nutzen, also reg dich nicht so auf", antworte ich gelassen und nehme ihm das Gerät aus den Händen. Zum meinem Glück, ist der Mann so perplex, dass er sich nicht wehrt.
„Und was genau machst du dann?"
„Ich buche unsere Flüge nach Schottland."
„Was sollen wir da?" Cornel schiebt den Unterkiefer vor - es passt ihm ganz und gar nicht, dass er nicht weiß, was wir in Schottland geplant haben. „Wir treffen dort Kunden."
„Wieso weiß ich das nicht?", knurrt der rotblonde Mann und seine Nasenflügel beben. Gelassen klappe ich den Laptop wieder auf und streue noch etwas Salz in die Wunde, indem ich sage: „Keine Ahnung, aber vielleicht fand es Forster wichtiger, mich einzuweihen...." Ohne die Reaktion auf meine Worte abzuwarten, fahre ich mit meiner Arbeit fort.
Cornel stampft davon, die Treppe hinauf und verschwindet. Mit Sicherheit wird er sich jetzt bei Forster erkundigen, wieso um alles in der Welt ich jetzt Aufgaben übernehme, die normalerweise er erledigt. Allein die Vorstellung, dass er sich jetzt wie ein kleines Kind aufführen könnte, lässt mich schmunzeln. Ich habe ihn in die Enge getrieben und das gefällt mir richtig gut.
Er merkt endlich, dass ich Potential habe und bekommt Angst. Vielleicht macht er dadurch Fehler und ich rutsche in der Rangordnung noch weiter nach Oben. Das wäre doch einfach wunderbar.
Gelassen und zufrieden klicke ich auf die letzte Buchung, ziehe die Liste, auf der die Namen meiner „Kollegen" stehen zu mir her und tippe den Namen von Josh ein. Nachdem die Buchungsbestätigung per Mail kam, schicke ich sie an den Drucker, gehe ich zum Regal im Wohnzimmer und warte darauf, dass der Drucker sie ausspuckt. Auf dem Blatt stehen nicht alle, die bei Forster arbeiten, aber die Wichtigsten und das ist es, was zählt.
Cornel, Forster selbst, Josh, Fabio, Lucas, David und ich. Das ist der harte Kern und auf den kommt es an. Man muss die zentralen Figuren erwischen, um den ganzen Laden platt zu machen und genau das ist mein Plan. Schnell sehe ich mich um und schieße ein Foto der Buchungsbestätigung, das mit einem Klick an Menzies übersandt wird. Ich weiß, dass ich ein enormes Risiko eingehe, indem ich in Forsters Haus Nachrichten versende, aber irgendwie habe ich momentan keine Angst, dass ich auffliegen könnte.
Wieso auch, bisher ist ja auch alles gut gelaufen.
Schwere Schritte auf der Treppe, lassen mich aufsehen und Cornel erscheint wieder in meinem Sichtfeld. Seine Augen sind zu schmalen Schlitzen verengt und er sieht verdammt angepisst aus. „Na, alles gut?", frage ich ihn direkt und reize damit einen schlafenden Drachen. Der Drache wird sofort wild und kommt mir ganz nahe. „Hör zu: wenn du glaubst, mir hier meinen Posten streitig machen zu können, dann kann ich dir sagen, dass du dich geschnitten hast. Forster meint vielleicht gerade, mit dir einen besseren Mann gefunden zu haben, aber du bist ein Neuling und du wirst Fehler machen und dann wirst du in seiner Gunst schnell wieder sinken. Sei dir da also bloß nicht zu sicher. Sonst kann es sein, dass du bald wieder so aussiehst, wie vor einigen Tagen, als du noch komatös im Bett gelegen hast." Sein Atem prallt auf mein Gesicht und ich kneife die Augen zusammen, allerdings nicht weit genug, um seinem Blick auszuweichen.

DU LIEST GERADE
Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)
FanficFortsetzung von 9-2-9 [Teil 1 muss gelesen werden, sonst ist das Verständnis hier ein wenig eingeschränkt] Dünnes Eis Das ist es, worauf sich Harry bewegt, als er nach seiner Festnahme zurück nach London kommt. Forster hat ihn im Blick und seine näc...