40.Kapitel

1K 323 117
                                    

Der Tee ist eine vollkommen belanglose Sache. Wir halten lediglich Smalltalk und die Kunden sind sehr nett und freundlich, wenngleich sie auch eine gewisse Distanz einhalten, wie es sich zwischen Geschäftsleuten eben gehört.

Nach einer Stunde erheben wir uns von unseren Plätzen und machen uns auf den Weg zurück ins Hotel. Das Abendessen soll in einer Stunde stattfinden und alle ziehen sich nochmal um. Wieso muss man sich für solche Sachen eigentlich immer umziehen?

Obwohl ich mir Zeit lassen könnte, beeile ich mich und husche hinaus auf den Flur, wo ich leise an den anderen Zimmern vorbeigehe und das Ohr an die Türen drücke. Immer wieder sehe ich mich um, nicht dass mich Cornel noch erwischt, doch der scheint in seinem Zimmer zu sein und noch ein Nickerchen zu machen, zumindest kann ich es schnarchen hören.

Davon einmal abgesehen, bemerke ich nichts Verdächtiges und gehe enttäuscht in mein Zimmer zurück, wo ich meine Pistole lade und mir das Holster um die Schultern lege, damit ich die Waffe griffbereit habe.

Heute will ich auf alles vorbereitet sein und die Waffe bei mir zu führen, ist einer der wichtigsten Punkte der Vorbereitung.

Vorsichtig ziehe ich das Sakko wieder über und kontrolliere im Spiegel, ob sich das Holster unter dem Stoff abzeichnet, doch man kann nicht erkennen, dass ich bewaffnet bin. Wieder summt das Handy:

>>Der Kleine scheint dir wohl vollkommen egal zu sein...oder noch nicht?<<

Wieder ein Bild von Louis und ich wage es kaum zu öffnen, tue es dann aber natürlich doch.

Seine Nase blutet stark und er hat mehrere Kratzer im Gesicht. Tränen haben das Blut verschwimmen lassen und er sieht vollkommen verzweifelt aus, wie er da in die Kamera blickt. Verdammt, ich kann nichts tun, um ihm momentan zu helfen und sie lassen ihre Ungeduld an ihm aus. Ob ich auf die Nachricht antworten soll? Ich könnte sagen, dass es mich nicht kümmert, aber dann laufe ich Gefahr, dass sie Louis noch mehr antun, um mich aus der Reserve zu locken.

Wenn ich aber antworte und ihn darum bitte, Louis einfach in Ruhe zu lassen, wird er wissen wollen warum und ich bin sicher dass ich heute während des Deals keine Zeit haben werde, um parallel zu den Verhandlungen noch mit Kaye oder Cornel per SMS zu diskutieren.

Je nachdem, welcher von beiden  dahinter steckt. Nachdenklich sehe ich mir das Bild an und dieses Mal erkenne ich, den Hintergrund. Es ist ein Fenster zu sehen, das den hellen Himmel draußen zeigt.

Wenn ich nur wüsste, welches Zimmer es ist.

Schnell hebe ich den Kopf und blicke bei mir durch die Glasscheibe. Man kann den Park und die Bäume sehen, das Schloss ist quasi von Bäumen umgeben. Wenn aus dem Fenster also keine Bäume zu sehen sind, dann muss es relativ weit oben im Gebäude liegen.

Bis zum Abendessen habe ich noch eine knappe halbe Stunde Zeit, das reicht mir aus, um zur Rezeption hinunter zu gehen. Wachsam bleibe ich am Fuß der Treppe stehen und lasse den Blick durch die Lounge schweifen, wenn jemand dort sitzt, will ich es nicht wagen, an der Rezeption nach der Zimmerbuchung im obersten Stockwerk zu fragen.
Mehrere Sitzgruppen von schweren Sofas und Sesseln stehen beieinander, doch niemand sitzt dort und ich wage es, an den wichtigen Tisch der Rezeption zu treten.

„Hallo", sage ich hastig und so leise wie möglich, ohne dabei zu klingen, als hätte ich Angst belauscht zu werden. „Oh, Mr Styles, wie kann ich Ihnen helfen?", fragt die Rezeptionistin freundlich und lächelt mich an. „Ich hätte gerne gewusst, ob Sie auch Zimmer im obersten Stockwerk haben, die gebucht werden. Ich war noch nie hier und überlege, ob ich meiner Mutter zum Geburtstag ein Wochenende hier schenken soll. Sie hat gerne einen guten Ausblick und mag es nicht, wenn zu viele Bäume vor dem Fenster stehen." Die Geschichte ist klasse.

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt