Teil 16

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Als es an der Zeit war, ins Bett zu gehen, stand ich vor meinem großen Schrank und überlegte, welches Hemd ich Manuel zum Schlafen gab. Ich schlief immer in sehr lockerer Kleidung und Manuel war so Dürr, dass er doch in dieser Kleidung versank. „Gibt es Probleme?", fragte er, als er sich neben mich stellte. Meine Unschlüssigkeit schien ihm aufgefallen zu sein. „Hast du immer in deiner Tageskleidung geschlafen?", fragte ich ihn. „Natürlich. Ich hatte nichts anderes zum Wechseln." Verständnisvoll nickte ich. Dann nahm ich ein längeres Hemd aus dem Schrank und reichte es ihm. „Zieh das an. Dann hast du was Gemütliches für die Nacht."

Er sah auf das Kleidungsstück in meiner Hand. „Du bist wirklich großzügig." Dann nahm er es in seine. „Wie gesagt, ich will nur das Beste für dich." Manuel strahlte über's ganze Gesicht. Er hielt das Hemd an seine Brust und tapste zu meinem Bett. Dort legte er es hin. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen. Desto mehr ich ihn sah, desto schöner fand ich ihn. Langsam strich er sich sein Oberteil hoch. Sein Haar fiel ihm auf seine nackten Schultern. Ich fand diesen Anblick in einer Art und Weise frohlockend. Als er zu mir sah und anfing dreckig zu grinsen, räusperte ich mich Beschämt. „Ich werde mich auch mal Umkleiden." Hastig nahm ich mir frische Kleidung und ging in meine Kammer. Als ich die Tür schloss, lehnte ich mich gegen sie. Was war das bitte für ein Gefühl in meiner Magengegend. Nervös schloss ich meine Augen. In meinem Kopf konnte ich meinem eigenen Herzschlag hören. Ich lauschte ihm, während vor meinem Inneren Auge das Bild von Manuel, oben ohne, schwebte. Ich seufzte. Konnte es sein, dass ich ihn mochte? Ich kniff meine Augen zu, so fest ich konnte. Konnte es sein, dass ich krank war? Ich öffnete meine Augen wieder und sah an mir herunter. „Verdammt", murmelte ich. Ich war krank. Der Gedanke an Manuel hatte mich erregt. Genervt stöhnte ich auf und zog mich um. Das Problem ignorierte ich einfach, in der Hoffnung, es würde von alleine verschwinden.

Am frühen Morgen kitzelten die Sonnenstrahlen meine Nase. Sie schienen mir direkt in mein Gesicht. Ich streckte meine Glieder von mir und blinzelte ein paar Mal, bis ich mich aufrichtete. Es schien wie im Traum zu sein, doch als ich zu meiner linken sah, erkannte ich das es kein Traum war. Manuel war tatsächlich hier in der Burg, in meinem Gemach. In meinem Bett. Ich musste grinsen. Wie er in meiner Decke eingekuschelt lag, sein Haar abstehend in jede Richtung. Vermutlich hatte er noch nie in einem Bett geschlafen. Und wenn, war es womöglich Jahre her.

So leise wie ich konnte, stieg ich aus dem Bett und ging zu meiner Kammer, wo ich mich fertig machte. Bestimmt würde Marlen in jedem Augenblick erscheinen, mich wecken wollen und das Frühstück bringen. Ich seufzte kurz und wusch mir die Hände mit Seife. Sie waren ganz schwitzig über Nacht geworden. Als ich das Erledigt hatte und mich gerade Umkleiden wollte, hörte ich Schritte im Nebenraum. Ich machte die Tür auf und lugte hindurch. Als ich sah, dass es wirklich nur meine Magd war, atmete ich erleichtert aus. Es hätte auch jemand anderes sein können, auch, wenn eigentlich nie jemand in mein Gemach kam. Erstrecht nicht ohne Aufforderung hineinkommen zu dürfen. „Guten Morgen, mein Prinz", lächelte Marlen mich freundlich an, als sie meinen Kopf entdeckte, wie ich ihn durch den Spalt der Tür streckte. „Guten Morgen. Ehm, kannst du das Frühstück in die Beutel packen? Aber einen Teil deckst du bitte auf. Für Manuel", befahl ich lächelnd. Sie machte einen kleinen Knicks und nickte. „Sicher." Sofort machte sie sich weiter daran, zu decken. Ich schloss wieder die Tür und zog mich um.

Als ich dann meine Kammer verlies, saß Manuel an meinem Spiegeltisch und ließ sich von Marlen sein braunes Haar durchkämmen. Ich lächelte zu ihnen rüber. Leise unterhielten sie sich. Marlen erzählte von ihren Aufgaben und ihr Leben, was sie hier führte. Noch immer lächelnd ging ich zu meinem Kleiderschrank und nahm einen frisch gewaschenen Umhang hinaus. Ich wollte wieder ins Dorf. Ich hatte Manuel ein neues Zuhause gegeben, dennoch wollte ich das Volk nicht im Stich lassen. Ich würde es weiterhin mit Lebensmitteln versorgen, so gut ich konnte.

„Wohin möchtest du?", fragte Manuel mich. Er hatte mich im Spiegel beobachtet. „Ich werde das Dorf besuchen", teilte ich ihm mit. Er sprang sofort auf. Marlen zuckte zurück und hob die Hände hoch, um Manuel nicht noch aus versehen mit der Bürste zu treffen. „Ich werde mitkommen." Aufgeregt sah er mich an, doch ich musste nur mit dem Kopf schütteln. So gerne ich ihn auch dabei haben wollte, es ginge nicht. Es war riskant ihn wieder hinaus zu schmuggeln und wieder hinein. „Du bleibst hier." Traurig senkte er seinen Blick. Es tat mir weh, ihn so niedergeschlagen zu sehen. „Marlen bleibt bei dir. Ihr könnt vielleicht ein paar Brettspiele spielen oder euch Unterhalten, zusammen singen. Beschäftigt euch einfach. Ich werde nicht lange weg sein." Ich griff nach den beiden gefüllten Beuteln und schulterte sie. „Bitte komm bald wieder", sagte Manuel noch, als ich schon auf dem Weg zur Tür war. Bei diesen Worten blühte mein Inneres plötzlich auf. „Ich beeile mich." Dann öffnete ich die Tür und ging hindurch.

Unerklärliche Liebe / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt