Teil 10

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Wir schlenderten am Rande des Dorfes entlang. „Es ist echt schön hier", fing ich an, die Stille zwischen uns zwei zu brechen. „Im Sommer ja. Im Winter ist es als Heimatloser furchtbar. Die meisten sterben, weil sie erfrieren." Er sah zu mir und ich musste sofort wegsehen. Ich schämte mich dafür, dass mein Vater nichts darauf gab, dass sein Volk hungerte, krank wurde und erfriert. „Ich werde mir da was überlegen", antwortete ich.

Wir gingen weiter und liefen einen erdigen Weg entlang, direkt an einem Bach. Einige Angler saßen am anderen Ufer und begrüßten uns. Ich hob nur die Hand. Ob diese Bewohner mich erkannten? Manuel hüpfte mit Leichtigkeit von einem Stein zum nächsten, der sich am Ufer reihte. Mich wunderte es, dass seine nackten Füße dies aushielten. „Wohin gehen wir denn?", fragte ich, als wir uns vom Dorf entfernten. „Zur Wassermühle." Er lächelte mich sanft an. Ich kannte die Mühle. Sie lag am Fluss, wo dieser Bach mundete. Wir gingen unter eine Brücke hindurch und kamen dann auch an der Wassermühle an.

„Willkommen in meinem Heim", sagte Manuel. Dabei stieß er die Tür der Hütte auf, welche für die Mühle dort stand. „Nach ihnen", lächelte er mir zu und machte eine Verbeugung, die mir zeigte, ich solle eintreten. Die Dielen knirschten unter unseren Füßen. „Du hast ein Zuhause?", fragte ich ihn. Es wunderte mich. „Nein. Das gehört nicht mir, sondern einem Bauern. Ihm gehört auch das angrenzende Feld. Ich Lager hier nur meine, naja, meine Sachen." Er grinste, kniete sich in einer Ecke auf den Boden und hob eine der Dielenbretter hoch. Darunter verbarg sich ein Hohlraum. Er griff hinein und zog einen Sack heraus. „Das kann ich hier leider nicht verkaufen. Ich sammele über das Jahr hinweg und wandere dann weiter. Immer hin und her. Das Geld, was ich dadurch verdiene reicht aber nicht. Nur für einige Wochen."

Ich sah mir sein Diebesgut an. Es waren nicht wirklich wertvolle Dinge. Schließlich besaßen die meisten in diesem Dorf nichts, was einem hohen Wert trug. „Du musst das nicht machen, Manuel. Das ist gefährlich und nicht nett zu denen, die es gehört. Schließlich hat hier niemand Reichtum. Ich schätze sogar, dass einiges davon Erbstücke sind und nicht nur einen materiellen Wert tragen." Ich hob eine Taschenuhr hoch. „Anders überlebe ich nicht. Seit mein Vater gestorben ist, habe ich keine Möglichkeit." Manuel nahm mir die Uhr wieder aus der Hand.

Da kam mir eine Idee. Eine sehr dumme Idee. „Was ist, wenn ich dir ein Zuhause gebe?" Manuel legte seine Stirn in Falten. „Wie willst du das machen?" Ich stand auf und setze mich auf einen der Strohballen, die sich in der Ecke des Raumes befanden. „Ich werde eigentlich in meinem Gemach in Ruhe gelassen. Die einzige, die mich Täglich besucht ist meine Magd." Manuel stand auch auf und stellte sich vor mich. „Sie meinen, ich solle mit ihnen ins Schloss kommen?" Er sah aufgebracht aus. „Das möchte ich damit sagen." „Sind sie von allen guten Geistern verlassen? Das bringt uns beiden nur Unheil", murrte Manuel. „Vertrau mir." Ich versuchte ihn dazu zu bringen. Und ich wusste nicht mal selbst, ob das eine Idee war, die uns ins verderben stürzen würde. Doch aus irgendeinen Grund wollte ich, dass er zustimmte und mit mir kam.

Unerklärliche Liebe / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt