Zuletzt war ich hier gewesen, da war ich noch sehr viel Jünger. Mir war unwohl, als wir mit Hufgeklapper über den Weg aus Stein ritten. Die Leute, die am Rande des Weges standen, sahen ehrfürchtig zu uns auf. Alle waren sie einfach gekleidet. Die Frauen trugen Kopftücher und Kleider, welche auch unsere Bauern trugen. Nur schmutziger. Holzschuhe trugen sie an ihren Füßen. Die Herren hatten einfache Hemden an, welche auch schon voller Erde waren. Sie taten mir leid.
Die Häuser sahen aber dennoch gut aus. Nichts deutete darauf hin, dass es den Leuten schlecht ginge. Zu meinem Verwundern. Ob es nur von Vater so gebaut wurde, damit der Schein trügt und sein Lande nicht Arm aussah? Allerdings wäre das ein falsches Bild. Den Leuten ging es nicht gut. Wir hatten so viel Geld. Ich begriff nicht, wieso er nicht teilte.
Unser Weg führte uns bis zur Mitte des Dorfes. Dort war ein großer Markt, wo sich die Menschen nur so tummelten. Ein Lächeln glitt mir bei dem Anblick aufs Gesicht. Die Marktschreier, die ihre Lebensmittel anboten und die Damen und Herren mit ihren Weidenkörben, gefüllt mit Gemüse oder anderen Leckereien. Auch waren einige mit Ziegen oder Kühen an Stricken unterwegs. Vermutlich auch zum Handeln. „Weiter", befahlt Vater mir. Ich hing schon etwas zurück, da ich mir das Spektakel angesehen hatte. Sowas gab es bei uns oben auf der Burg nicht. Unsere Speisen wurden uns mit Kutschen gebracht. Und zwar nur das Beste. Auch hatten wir eigene Tiere, die wir schlachteten. Kaninchen, Hühner, Schweine. Alles war dabei. Jäger hatten wir ebenfalls, die uns Reh oder Wildschwein brachten.
Mein Blick hing bis zum letzten Augenblick an den Menschen, die sich auf dem Marktplatz tummelten. Wie es sich wohl hier lebte? Ich schätzte nicht gut. Aber das war wirklich schön anzusehen. Wir ritten einen etwas schmaleren Weg entlang. Die Häuser wurden immer mehr maroder. Als Vater mit seinem Pferd stehen blieb, sah er sich um. „Der Teil des Dorfes, schreiben sie sich das auf." Er sah seinen Schreiber an, welcher neben ihm auf einem Pferd saß. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass auch er dabei war. Der Mann schwang sich von seinem Pferd und öffnete eine Tasche seines Sattels. Dort holte er eine Feder hinaus. Ebenso Tinte und ein Pergament.
Vermutlich plante Vater auch hier die Häuser zu renovieren. Aber wieso sollte ich dann dabei sein? Ich stutzte. Ob Vater plante mir alles zu zeigen, damit ich bald seinen Platz einnehmen konnte? Er war schließlich schon etwas älter und bald wäre es an der Zeit mich zu vermählen. Ich war schließlich schon Sechszehn Jahre alt.
„Hilfe!", schrie plötzlich jemand aus einer Gasse, die neben dem Weg, auf dem wir uns befanden, entlang führte. Ich sah dort entlang, doch erkannte nichts. Sie war eng und dunkel. Auch schien es niemanden zu interessieren oder es hatte keiner gehört. Ich sah zu Vater, welcher die Häuser ansah und seinem Schreiber erzählte, was dieser aufschreiben sollte. Die Ritter hielten wache und meine Leibwächter beobachteten mich. Ich schluckte und winkte ihnen zu. „Habt ihr das gehört?", fragte ich fast flüsternd. „Wir haben nichts gehört, Herr", kam es von Claus. Ich biss mir auf die Unterlippe. Hatte ich mich verhört oder hatte da wirklich jemand um Hilfe gerufen? Dann erklang ein Scheppern aus der Gasse. „Verschwinde hier!", hörte ich ein Mann brüllen. Ich kniff die Augen zusammen und erkannte, dass jemand auf uns zu rannte. Michael, einer meiner Leibwächter, zog sofort sein Schwert aus der Scheide. Ich hob aber mahnend die Hand. Als die Person kurz vor uns stehen blieb, da ich mit meinem Pferd den Ausgang versperrte, hob sie leicht den Kopf an. Es war ein Junge meines Alters. Sein Haar war lang und zerzaust. Seine Kleidung trugen Löcher und war dreckig. Ebenso sein Gesicht. Schmutz aus Erde klebte an seinen Armen, Händen und Beinen. Schuhe trug er keine. Ehrfürchtig sah er mit großen Augen zu mir hoch. Seine Augen hatten ein sagenhaftes Grün. Der Bursche bewegte sich kein Stück voran. In seiner Hand hielt er ein Stück Brot und mir kam der Verdacht, dass er es gestohlen hatte. „Wie ist dein Name?", fragte ich ihn. Seine Beine schienen das Zittern zu beginnen. „Mein... mein Name ist..." „Unwichtig." Mein Vater fiel ihm ins Wort. Der Bursche schaute zur Seite, wo mein Vater stand. „Scher dich Weg", schimpfte Vater ihn dann an. Der Junge warf noch einen flüchtigen Blick zu mir, ehe er sich an mein Pferd vorbei drängte und davon lief. Mein Blick verfolgte ihn, bis er in die nächste Gasse bog. „Sprich dieses Pack nicht an, haben wir uns verstanden?", wandte Vater sich nun an mich. Ich schluckte. „Verstanden, Vater."
DU LIEST GERADE
Unerklärliche Liebe / Kürbistumor
FanficDer Prinz des Landes ist ein gutherziger Mensch. Er kann die Sitten der Zeit nicht nachvollziehen. Die Reichen stehen über den Armen und ihnen zu Helfen, das würde von seinen Vater, dem König, niemals in Frage kommen. Doch als der Prinz eines Tages...