Teil 28

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Erschrocken blickte ich zu Vater hoch, der noch immer drohend seine Hand hielt. Bereit, nochmal in mein Gesicht zu schlagen. Zitternd hielt ich meinen Arm vor mein Gesicht. Ich wollte mich schützen. „Scherr dich aus meinen Augen", zischte Vater dann. Stolpernd stand ich auf und rannte von ihm weg. So schnell ich konnte, flüchtete ich auf mein Gemach. Ich stieß die Tür auf, ließ sie knallend zufallen und warf mich auf mein Bett. „Was ist los?" Schnell kam Marlen auf mich zu. Sie hatte angefangen meine Habseligkeiten zusammen zu räumen, um sie in das neue Gemach von Anne und mir zu bringen. Das des Königs und der Königin. Von denen, die es nie werden würden. „Ich habe sie stehen lassen", wimmerte ich in die Kissen hinein. Dann stockte mein Atem. Schnell richtete ich mich auf und packte Marlen an den Schultern. „Wo ist Manuel?" Er hätte doch hier sein müssen. Ich fing an zu zittern.

Marlens Augenbrauen schoben sich zusammen. „Er ist gegangen, nachdem Sie zur Hochzeit sind." Ich ließ meine Arme sinken. „Das kann nicht sein." Verzweifelt lief ich auf und ab, murmelte immer wieder "Das kann doch alles nicht wahr sein". „Ich muss ihn suchen. Ich liebe ihn!" Ich lief auf den Balkon raus. Marlen hinter mir her. „Da kommen Sie nie heile runter. Nehmen Sie die Tür!"

Ich blickte hinunter. Das Manuel hier ein- und aussteigen konnte, war erstaunlich. Ich war viel zu ungeschickt dafür. „Am Ausgang der Burg stehen Wachen. Die lassen mich nicht raus. Erstrecht nicht nachdem, was gerade vorgefallen ist." Ich wischte mir unter der Nase lang. „Ich muss es versuchen. Bring mir meinen Mantel. Und mein Goldsack." Marlen nickte und hastete mit kleinen Tippelschritten zurück in mein Gemach. Nur kurze Zeit später reichte sie mir den kleinen Sack aus Leder. „Wollen Sie sich nicht etwas unscheinbares Anziehen, Herr? So fallen Sie auf." Ich sah an mir runter. „Du hast recht. Ach Gott. Du hast so recht." Nervös lief ich wieder rein, zog mir dabei schon mein Oberteil aus und öffnete meine Hose. Marlen ging langsam hinter mir her und legte dann ein Hemd und eine gebundene Hose heraus. Schlicht, nicht zu Edel.

„Danke Marlen." Ich beugte mich vor und gab ihr einen dankbaren Kuss auf die Wange, weswegen sie anfing zu kichern. „Wenn du gefragt wirst, ich bin dir nicht unter die Augen getreten." Sie nickte. Ich legte mir den Mantel um die Schultern und schnürte ihn zu. „Wir sehen uns." Dann lief ich raus und stieg über die Mauer.

Ich hatte furchtbare Angst dabei, irgendwie abzurutschen. Doch es gelang mir und ich kam heile unten an. Ich sah noch mal nach oben und erstarrte. Das ich diese Höhe bestritten hatte. Ich war stolz auf mich selbst, warf die Kapuze über und stiefelte los, Richtung Dorf. Das war der erste Ort, wo ich Manuel vermutete.

Ich ging zum Marktplatz, sah währenddessen in jede Gasse hinein. Ich ging zu dem Ort, wo wir uns immer getroffen hatten. Doch er war wie vom Erdboden verschluckt. Traurig ließ ich mich an den Brunnen nieder. Wenn ich ihn nie wiedersehe, dann würde ich mich aus dem höchsten Turm der Burg werfen. Ich hatte meine Familie Verraten. Ich hatte damit alles verloren. Meine Ehre. Und mein Wunsch, weswegen ich das alles auf mir genommen hatte, würde nie in Erfüllung gehen. Ich würde Enden, so wie ich Manuel gefunden hatte. Dreckig und bettelnd. Halb verhungert und ohne Familie, Freunde oder anderen Personen. Einsam und Arm.

Unerklärliche Liebe / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt