„Eure Burg ist wirklich schön", sagte Anne zu mir. Wir waren schon unten angekommen. Ich hatte ihr alles gezeigt, was man zeigen konnte. „Vielen Dank", lächelte ich ihr zu. Ich mochte Anne. „Wie ist es in deinem alten Zuhause?", erkundigte ich mich. „Burg Vogelsang ist größer, aber dennoch nicht so Detail verliebt wie diese Burg. Vater legt eher Wert darauf, dass im Falle eines Krieges alles sicher ist. Jeder Bogen ist bei uns mit einem Falltor gesichert und das sieht wirklich nicht schön aus." Sie strich über den Stein an der Wand. „Mir gefällt unser gemeinsames zukünftige Reich." Ein lächeln glitt auf ihre vollen Lippen. Doch mir wurde plötzlich unwohl. Ich war eigentlich noch nicht bereit dafür, das Land zu hüten und zu schützen. Das einzige worauf ich mich freute war, dass ich dem Volk helfen konnte. „Anne, dürfte ich dich was fragen?" Sie sah mich fragend an. „Wie wichtig findest du das Volk?" Ich faltete meine Hände miteinander. Ich war gespannt auf ihre Antwort. Wenn es ihr nicht so wichtig war, dann müsste ich allein daran arbeiten. Ohne Unterstützung meiner Frau. „Es ist wichtig, dass alle zufrieden sind." Erleichtert über ihre Antwort atmete ich laut aus. Ich war glücklich, dass sie genauso dachte wie ich.
(...)
Die Dunkelheit war eingetroffen. Die hohen Gänge waren vom schwachen Kerzenschein erleuchtet. „Ich wünsche dir eine ruhige erste Nacht." Wir standen vor dem Gemach von Anne, welche für den Übergang für sie frei war. In sieben Tagen schon, würden wir uns beide eines teilen." „Danke." Schüchtern lächelte sie mich an. „Ich, ich werde dann auch mal in mein Gemach gehen. Bis morgen?" In meinem Bauch kam ein flaues Gefühl auf. „Bis morgen, Prinz." Ohne zu realisieren was geschah, ließ ich es zu. Anne stellte sich auf ihre Zehen und gab mir einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe sie die Tür öffnete und kichernd hinter ihr verschwand. Benommen griff ich an meine Wange und strich über die kribbelnde Stelle, wo eben noch ihre Lippen drauf lagen. „Unfassbar", murmelte ich und drehte mich um.
Ich ging geradewegs zu meinem Gemach. Ich war freudig darauf, Manuel alles vom heutigen Tag zu erzählen. Ich klopfte gegen die Tür und öffnete sie schließlich. „Guten Abend," begrüßte ich ihn. Er saß auf einen der Sessel und hatte ein Buch aufgeschlagen. „Du kannst lesen?", fragte ich verwundert. Ich stellte mich neben ihn und beugte mich runter. Es war ein Buch, wo Gemälde drin waren. „Nein." Manuel klang niedergeschlagen. „Ist alles In Ordnung?", erkundigte ich mich also nach seinem Wohlergehen. „Ja, alles gut. Wie war dein Tag?" Er klappte das Buch zu und legte es auf den Tisch. Ich setzte mich ihm gegenüber und begann von vorne bis zum Schluss zu erzählen. Manuel hörte mir zu, ohne auch nur einmal zu Unterbrechen. Nur schien es mir, als würde er immer blasser werden. Als ich dann meine Erzählung zu Ende erzählt hatte, musste ich einmal durchatmen. „In sieben Tagen", murmelte Manuel. Er sah zur Seite und stützte seinen Kopf auf seine Hand. „Freust du dich?" Er sah mich nicht an. „Sicher freue ich mich. Ich kann so vielen Menschen helfen und das ganze elend beenden. Das ist was Gutes." Ich begriff einfach nicht, wieso Manuel ständig so drauf war. Wieso er das so negativ sah. Hatte er Angst, dass ich ihn vergesse? „Ich werde dir ein gutes Gemach stellen. Du darfst es frei nach deinen Wünschen einrichten. Ich hätte dich zudem gerne in meiner Nähe. Vielleicht neben dem von mir und Anne." Ich lächelte bei dem Gedanken an meine Zukunft. „Damit ich euch jede Nacht höre? Nein, danke." Mürrisch stand er auf und ließ mich allein sitzen. Er ging zur Tür des Balkons und stieß sie auf. Seufzend lehnte ich mich zurück. War er neidisch darauf, dass ich eine geliebte hatte und er ganz allein war? Bis auf mich hatte er schließlich keinen. Vielleicht war es an der Zeit, dass auch er jemand bekam. Jemand, den er lieben konnte. Ich rieb mir über mein Gesicht, bevor ich aufstand und ihm folgte. Er lehnte gegen die Mauer und schaute ins dunkle Nichts hinein. „Du wirst auch noch eine Frau finden. Wir haben viele Hofdamen und vielleicht ist eine nach deinem Geschmack dabei. Du wirst dein Glück finden." Ich stellte mich neben ihn und griff an seine zierliche Schulter. Doch er schüttelte meine Hand ab. „Ich brauche keine Frau." Verwirrt sah ich ihn an. „Du bist einsam." Es schien, als würde er nicht wollen, dass ich mit ihm über das Thema sprach. „Vielleicht sollte ich wieder zurück ins Dorf. Es war lieb und nett, dass du mir so aus der Patsche geholfen hast. Aber ich denke, ich gehöre hier nicht her." Er sprach die Worte fast flüstern aus und mit jedem Buchstaben zog sich mein Magen mehr und mehr schmerzhaft zusammen. Ich war wie erfroren. Manuel sah mich mit traurigem Blick an und drehte sich dann weg, um zurück ins Gemach zu gehen. Schnell griff ich an seinem Arm. „Ich will nicht, dass du wieder gehst Manuel. Ich will dich bei mir haben." Es war wieder dieses Merkwürdige Gefühl in mir. Auch das, was ich bei Anne gespürt hatte.
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Unerklärliche Liebe / Kürbistumor
FanficDer Prinz des Landes ist ein gutherziger Mensch. Er kann die Sitten der Zeit nicht nachvollziehen. Die Reichen stehen über den Armen und ihnen zu Helfen, das würde von seinen Vater, dem König, niemals in Frage kommen. Doch als der Prinz eines Tages...