Kapitel 22

39 12 12
                                    

Langsam ging ich zu meinem Hotelzimmer, schloss auf und ging hinein. Ich musste heute schon meine Koffer packen, da am nächsten Tag schon wieder abgereist wurde. Wo sollte ich denn bitte das ganze eingekaufte unterbringen? Mein Koffer war jetzt schon randvoll und war nur mit Mühe und Not zuzubringen.

Ich werde es einfach in den Stofftaschen lassen und zu den Koffern stellen und falls da kein Platz mehr ist, kann ich es immer noch auf die Gepäckablage über den Sitzen tun.

Nach dem Packen legte ich mich ins Bett, denn ich hatte immer noch Schlaf von den letzten Tagen nachzuholen.

Leises Klappern und dumpfe Stimme weckten mich. Verschlafen öffnete ich die Augen und erkannte die Gestalten meiner drei Freundinnen im Zimmer umher eilen.

"Wie viel Uhr ist es?", murmelte ich verschlafen.

"Haben wir dich aufgeweckt?", wollte Amelie wissen.

"Ja, ist aber nicht schlimm!", erwiderte ich.

"Es ist kurz nach 23.00 Uhr!", sagte Marie und warf einen Berg Kleidung in ihren großen, schwarzen Koffer.

"Wir sind gleich fertig, dann gehen wir auch ins Bett und du kannst weiter schlafen!", meinte Alina und machte den Reißverschluss ihres dunkelblauen Koffers zu.

"Kein Problem, ich schreibe währenddessen Emilio, vielleicht ich er noch wach!", erwiderte ich und gähnte wieder.

<Hey, bist du noch wach?>

~Ja, bin gerade erst nach Hause gekommen, war mit meinen Kumpels unterwegs~

<Cool, was habt ihr so gemacht?>

~Wir waren in der Stadt. Wieso bist du eigentlich noch wach?~

<Ich bin wieder wach, denn ich wollte früher ins Bett gehen, um Schlaf nachzuholen und jetzt wurde ich von meinen Koffer packenden Freundinnen geweckt>

~Na toll...~

<Ja!>

~Blöd gelaufen :/ ~

<Aber so was von!>

~Ich geh dann auch schlafen, muss morgen wieder arbeiten...~

<Okay, Gute Nacht und träum schön :) >

~Danke, du auch :) ~

<Werde ich sicher :) >

~Ich auch ~

<Super!>

Nun waren auch die andern endlich mit Packen fertig. Ich wartete noch, bis sie sich auch bettfertig gemacht hatten.

Dann legte ich mich wieder hin und war augenblicklich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde ich durch etwas nasses auf meinen Lippen geweckt. Erschrocken saß ich sofort senkrecht im Bett und erblickte mit weit geöffneten Augen den Übeltäter. Es war kein anderer als Finn. Wer auch sonst?

"Was machst du denn hier?", wollte ich von ihm wissen und sah ihn neugierig an.

Ich war gespannt, was er für eine Antwort haben würde.

"Wecker spielen!", antwortete er gedehnt und lächelte mich mit einem seligen Lächeln auf seinen Lippen an.

"Wie? Was?", fragte ich verblüfft.
"Na irgendjemand muss dich doch schließlich wecken!", erklärte er nun genauer.

"Och man!", erwiderte ich verdrehte die Augen und beschloss nicht näher darauf einzugehen.

"Wer hat dich eigentlich reingelassen?", fragte ich nun doch noch.

"Deine Freundinnen, als sie zum Frühstücken gingen!", antwortete er gelassen.

Nun fiel mir endgültig die Kinnlade herunter. Seit wann waren die denn früher auf als ich? Ich war doch der Frühaufsteher unter uns! Ja, genau! War! Jetzt anscheinend nicht mehr.

"Wie viel Uhr ist es?", erkundigte ich mich bei Finn.

"Kurz vor neun!", sagte er.

"Was?", entfuhr es mir.

Doch dann fiel mir ein, dass ich wahrscheinlich wirklich viel Schlaf nachzuholen hatte. Kein Wunder, dass ich solange geschlafen hatte.

Ich dachte an meine gestrige Unterhaltung mit Emilio. Tatsächlich hatte ich gut geträumt. Sehr gut und sehr schön sogar.

Ich träumte wie ich gemeinsam mit Emilio durch die Innenstadt schlenderte. Er hatte mich an meinem 18ten Geburtstag besucht und wollte eine ganze Woche bei mir zu Besuch sein. Vormittags begleitete er mich in die Schule und Nachmittags waren wir die ganze Zeit unterwegs. Abends bestand er darauf, dass ich sorgfältig meine Hausaufgaben machte und lernte. Er fragte mich sogar ab! Natürlich war mir klar, dass das niemals in echt passieren würde, ich meine, ich kannte ihn gar nicht. Er war ein wildfremder Mann! Mit seinen 23 Jahren war er schon längst volljährig. Aber wenn ich so richtig darüber nachdachte, ich würde ihn eigentlich schon gerne kennen lernen! Ich konnte mir auch gar nicht vorstellen, dass er irgendein komischer Typ war, so wie er schrieb und über die Bilder und die Telefonate. So gut kann sich doch keiner verstellen, oder?

"Emilia, woran denkst du?", riss mich Finn auf einmal aus meinen Gedanken.

"Mhm, was, ach nichts!", stammelte ich.

Er sah mich mit hochgezogen Augen und gerunzelter Stirn an und wartete auf eine weitere Antwort. Doch da konnte er lange Warten. Es würde keine Ergänzung geben, denn das ging ihm nichts an.

Aber war das überhaupt richtig, dass ich ihm verschwieg, dass ich mit Emilio schrieb? Quatsch, nein, wir waren nicht zusammen, also musste er das nicht unbedingt wissen und dann würde ich ihm das auch nicht sagen.

Plötzlich stutzte ich, wieso machte ich mir eigentlich darüber Gedanken? Hatten sich meine Gefühle etwa wieder verflüchtigt? Aber so plötzlich? Das konnte doch gar nicht sein, oder? Wieso mussten meine Gefühle eigentlich immer so ein Durcheinander schaffen? Ging es nicht wenigstens einmal ohne? Aber ich glaube ich habe überhaupt wirklich meine Gefühle so 'sortiert', sodass sie nur noch für eine Person galten. Aber wäre es nicht einfacher, wenn ich Finn lieben würde? Ich meine, er wohnt im selben Ort wie ich, ist gleich alt und vor allem kenn ich ihn! Dass ich ihn kenne, das ist wohl der gravierendste Grund, mich für ihn zu entscheiden. Trotzdem hatte mein Herz sich für einen entschieden und bei sowas sollte man seinem Herzen auch vertrauen! Keineswegs war Emilio schlecht, er sieht gut aus, hat einen richtig guten Charakter, sorgt sich um seine Freunde und ist immer freundlich! Hatte dieser Mensch auch schlechte Seiten? Wahrscheinlich schon, jeder hatte gute und schlechte Seiten, keiner war perfekt!

"Emilia, träumst du oder warum reagierst du nicht?", unterbrach Finn nun erneut meine Gedankengänge.

"Nein, wie kommst du denn darauf?", erwiderte ich erstaunt.

"Ich habe dich schon dreimal gefragt, ob wir nun auch mal zum Frühstücken gehen!", sagte er ungeduldig.

"Ich muss mich erst fertig machen!", meinte ich und erhob mich von meinem bequemen Bett.

"Dann mach mal!", knurrte er genervt.

"Du musst nicht auf mich warten!", gab ich gereizt von mir.

"Gut, dann gehe ich!", schnaubte er.

"Mach das!", erwiderte ich und ging ins Bad.

Tatsächlich hörte ich wenige Sekunden darauf, die Tür zuschlagen.

Doch ich kümmerte mich nicht weiter darauf.

MuchwriteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt