Finnisch für Anfänger

9) Backstage

Er kommt auf mich zu und umarmt mich. Da war er wieder: Dieser sagenhafte Geruch, den ich auch schon gestern Mittag bemerkt hab. Ich bin plötzlich richtig nervös und fang einfach an zu reden: "Ihr ward echt richtig gut! Und du hast eine tolle Stimme, sogar live... War doch nichts Playback, oder?" Er unterbricht mich, als er anfängt zu lachen und ich bemerke erst da, dass ich auf deutsch geredet hab. Ich entschuldige mich auf finnisch, doch er sagt nur: "Kein Problem, ich kann auch ein bisschen deutsch."

Jetzt muss ich auch lachen und deutet auf das Sofa, dass wir uns hinsetzen sollen. Er setzt sich neben mich: "Ich muss dich jetzt erstmal nach deinem Namen fragen. Ich bin Samu." "Ich weiß", ich grinse ihn an. Er muss auch lachen. "Anni." "Tut mir leid, dass wir uns in der Situation gestern kennenlernen mussten. Eigentlich ist das nicht meine Art, aber ich hab total verschlafen und ich hatte einen wichtigen Termin mit den Jungs bei unserer Plattenfirma, da war ich etwas im Stress." "Ist ja nichts passiert.", beruhige ich ihn. "Ich muss dir aber gestehen, dass ich viele eurer Songs bis grade noch gar nicht kannte..." Das ist mir fast schon etwas peinlich und ich spüre wie mir die Röte ins Gesicht steigt. "Das braucht dir doch nicht unangenehm sein. Ich gehe auch überhaupt nicht davon aus, dass uns jeder kennt und mag. Ich find das auch grad richtig gut mal keinen "Fan" backstage zu haben, sondern jemanden, mit dem ich einfach nur reden kann. Ich dachte, mit der Karte kann ich es wenigstens wieder ein bisschen gut machen, dass ich dich fast über en Haufen gefahren hab."

Er scheint echt ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben. "Ist doch nichts passiert. mach dir keinen Kopf - ich lebe noch." Ich lächle ihn versöhnlich an.

Wir quatschen noch eine Weile - ich erzähle was ich in Finnland mache und hört ganz gespannt zu -, bis mein Handy summt. Ich löse die Tastensperre und hab eine Nachricht von Ella. Sie will wissen, ob sie mich abholen soll. Stimmt, ich hatte versprochen anzurufen. Mist. Samu scheint mir die Situation im Gesicht ablesen zu können: "Alles ok?" "Jaja, war nur die Freundin meiner Eltern, bei der ich gerade wohne. Sie will wissen, wann sie mich abholen soll." "Na wenn du willst, kann ich dich gerne auch fahren." Überrascht über dieses Angebot antworte ich: "Habt ihr keinen Bus oder so, mit dem ihr alle zusammen ins Hotel fahrt?" Er lacht. "Normalerweise schon, aber da wir alle in Helsinki wohnen, sind wir heute alle selber mit dem Auto gekommen und haben uns dann hier getroffen. Is eh viel schöner nach der Show im eigenen Bett einzuschlafen." Er zwinkert mir zu. "Also wenn das kein Problem für dich ist, wäre das echt nett." "Super gerne sogar.", sagt er und das spitzbübische Lächeln erscheint wieder auf seinem Gesicht. Ich werde rot.

Erst jetzt begreife ich, welches Angebot ich gerade angenommen habe: Samu Haber wird mich nach Hause fahren! Mein Herz schlägt ein bisschen schneller. Aber was sag ich jetzt Ella? Ihr kann ich ja schlecht sagen, dass ich vom Sänger der Band, der mich gestern Mittag fast fast angefahren wäre, nach Hause gefahren werde.

Brauchst mich nicht abholen. Hab hier jemanden kennengelernt, der mich mitnimmt. :-)

...Ist ja noch nicht mal so ganz gelogen. "Also, wollen wir?", fragt er. Ich nicke, nehme meine Tasche, die neben mir auf dem Sofa steht und wir stehen gerade vor der Tür, als er sagt: "Wir müssen das jetzt so machen, dass uns keiner sieht. Also ganz schnell links rum unddann raus. Mein Auto steht draußen." Ohne weiter drüber nachzudenken folge ich ihm ganz schnell den langen Gang entlang und wir verlassen das Gebäude.

Als die Tür hinter uns ins Schloss fällt, fangen wir beide an zu lachen. Er führt mich zum Auto, öffnet mir die Beifahrertür und ich bedanke mich mit einem Knicks und "Kiitos". Da müssen wir schon wieder lachen. Samus Auto ist sehr aufgeräumt und sauber. Er startet den Motor und schwingt gekonnt aus der Parklücke.