71) Back home

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Als wir am nächsten Abend zurück in meiner Wohnung in Helsinki sind, steht Samu telefonierend auf dem Balkon und raucht, während ich in eine Decke eingekuschelt auf dem Sofa liege. Der Rückflug heute Vormittag war die pure Hölle! Normalerweise wird mir weder beim Fliegen, noch beim Busfahren schlecht, aber der ganze Alkohol der letzten Nacht war da anderer Meinung. - Suzanna und ich mussten uns ständig übergeben. Wie ich das hasse!

Außerdem ist mir das auch immer noch vor den Jungs peinlich. Sie haben zwar alle Verständnis gezeigt - durchzechte Nächte und morgendliche Kater dürften sie ja auch mehr als gut kennen - aber trotzdem... Besonders vor Samu ist mir das unangenehm. Er ist aber richtig süß zu mir und hat mich zuhause sofort auf die Couch verfrachtet und mir einen Tee gemacht.

"Wer war das?", frage ich ihn, als er wieder reinkommt. "Mikko. Wir sind morgen mit ihm zum Mittagessen verabredet..." Er macht ein Gesicht, als wüsste er selbst nicht warum. "Also, wenn das bei dir klar geht...", setzt er unsicher hinzu. "Jaja, klar. Aber was wollte er denn?" "Ich weiß es selbst nicht. Er hat nur gesagt, dass er etwas mit uns zu besprechen hätte." Samu setzt sich neben mich auf's Sofa und ich kuschel mich an ihn.

Komisch... was will er denn von mir? Also, wenn er etwas mit Samu zu besprechen hätte, würde ich das ja verstehen, aber mit mir? Ach, ich lass mich einfach überraschen. Wird schon halb so schlimm sein.

"Geht's dir besser?", fragt er mich. Ich nicke. "Du musst dich nicht die ganze Zeit um mich kümmern. Ich bin ja selber dran Schuld..." Ein bisschen schlechtes Gewissen hab ich ja schon. "Quatsch, mach ich doch gerne. Außerdem bist du mir dann was schuldig, wenn ich meinen nächsten Kater habe." Er lacht und kriegt von mir einen leichten Stoß mit dem Ellebogen in die Rippen. Ein Lachen kann ich mir aber auch nicht verkneifen. So eine freche Bemerkung kann ja nur von meinem Freund kommen.

Wir sehen uns noch irgendeine finnische Talkshow im Fernsehen an, wobei Samu immer wieder in lautes Lachen verfällt. Ich bin so geschafft vom Tag, dass ich mich nicht wirklich konzentrieren kann, um die finnischen Gespräche zu verfolgen und nicht wirklich weiß, worüber er ständig lacht.

"Ich geh ins Bett.", sage ich zu ihm und winde mich aus seinen Armen, um aufzustehen. Bevor ich mich aber komplett aufrichten und zum Gehen bewegen kann, hält er mich am Arm fest und drückt mir noch einen liebevollen Kuss auf die Lippen. "Ich komm auch gleich. Schlaf gut." Ein kleines Lächeln stielt sich in sein Gesicht und ich gebe ihm noch ein Küsschen auf die Nasenspitze, bevor ich mich ins Schlafzimmer schleppe.

Ich kann ewig nicht einschlafen. Wälze mich ständig von links nach rechts. Als ich dann doch endlich fast ins Land der Träume abgeglitten bin, legt sich Samu neben mich ins Bett, was mich wieder wach werden lässt. Ich lasse meine Augen dennoch geschlossen und brumme nur vor mich hin. Darauf reagiert Samu mit einem "Scccchhhh. Schlaf weiter.". Ich lege mich in seine Arme und die mir nur allzu gut bekannte Wärme und Nähe hilft mir beim Einschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich zeitig wach und mir geht es wieder blendend im Gegensatz zu gestern. Samu schläft noch. Da ich jetzt ohnehin nicht mehr ruhig liegen könnte und ihn nicht wecken will, beschließe ich aufzustehen und Frühstück zu machen.

In der Küche mache ich zuerst das Radio an, was sofort gute Laune bringt und setze Kaffee und Teewasser auf. Zum Glück hat Samu gestern auf dem Heimweg vom Flughafen noch bei einem Supermarkt angehalten - ich hätte nicht daran gedacht, dass wir gar nichts zu Essen mehr haben. Aber mir war auch gestern nicht wirklich nach essen.

Ich decke den kleinen Esstisch im Wohnzimmer und mache auch dort leise das Radio an. Nachdem ich mein Werk begutachtet habe und es mir ganz gut gelungen ist - es gibt heut sogar gekochte Eier, Obst und eine Kerze habe ich auch angezündet - gehe ich ins Schlafzimmer, wo Samu immernoch selig schlummert.

Ich beuge mich zu ihm runter und wecke ihn mit kleinen Küssen von seiner nackten Schulter über seinen Hals bis zum Ohr. "Komm wieder ins Bett.", brummt er ins Kissen, legt seinen Arm um meine Hüfte und zieht mich zu sich runter, sodass ich auf der Bettkante sitze. "Ich hab Frühstück gemacht.", versuche ich ihn zum Aufstehen zu bewegen. Er öffnet ein Auge und brummt. "Komm, Kaffee wird kalt.", lache ich, stehe auf und ziehe ihm dabei die Decke weg.

Er liegt nur mit Boxershorts bekleidet vor mir. Kein schlechter Anblick! Ein bisschen Stolz bin ich ja schon, so einen Freund zu haben. Als er merkt, dass ich ihn mustere, setzt er sich hin und greift nach dem Tshirt, das neben dem Bett auf dem Boden liegt und zieht es sich über. Grinsend kommeniert er das mit: "Du wolltest ja nicht mehr ins Bett kommen. Das hast du davon." Mist! "Ach, naja, ich hab's mir jetzt vielleicht doch anders überlegt?", versuche ich es dann doch noch mal. Ich stelle mich ganz nah an ihn und fahre mit meinen Händen durch seine blonden Haare. Seine Hände wandern unter das mir viel zu große Tshirt zu meinem Hintern und ich beuge mich zu ihm, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Irgendwie ist mir jetzt doch nicht mehr nach frühstücken.

Als wir uns dann von einander lösen, sagt er: "Netter Versuch, aber ich würde jetzt gerne was essen." Ich kann nicht bestreiten, dass ich etwas enttäuscht bin, trotzdem muss ich über die Situation grinsen, weil es schon wieder so typisch für Samu ist.

Er geht an mir vorbei zum Esstisch. "Wow, womit hab ich das denn verdient?" Er sieht mich fragend an. "Hm... Vielleicht dafür, dass du mich die letzten Tage ertragen hast?" So wirklich hab ich auf diese Frage auch keine Antwort. Ich wollte ihm einfach nur eine Freude machen. Die letzten Tage waren sicher auch nicht so ganz einfach für ihn. Das Problem zwischen Vivi und mir, weshalb meine Laune ständig im Keller war und ich ihm nicht gesagt hab, warum...

Wir setzen uns gegenüber an den Tisch. "Ertragen? Ich fand es total schön, dass du mit warst. Klar, wir müssen uns noch bisschen aufeinander einspielen - kann ja noch nicht alles perfekt klappen! Aber einfach nur zu wissen, dass du nach einem Konzert auf mich wartest und einfach immer da bist, ist das schönste Geschenk, das du mir machen kannst. Dafür kann ich dir gar nicht genug danken!" Er drückt meine Hand und seine Augen leuchten.

"Ich liebe dich." Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein. Das ist alles, was ich für diesen Mann empfinde. Unendliche Liebe!

Finnisch für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt