31) Nachmittag im Tonstudio

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Damit hat er die volle Aufmerksamkeit der 4 Männer auf mich gerichtet. "Hi, ich bin Anni.", sage ich schüchtern. Der Erste streckt mir die Hand aus. "Ich bin Riku.", dabei lächelt er mich an und begutachtet mich unauffällig - das denkt er zumindest - von oben bis unten um Samu anschließend einen anerkennenden Blick zuzuwerfen. Das ist der Riku, der Probleme mit seiner Frau hat? Sieht für mich nicht so aus. Er lachte schon mit den anderen, als wir gekommen sind. Ich schüttle Raul, Sami und Osmo ebenfalls die Hand und sie stellen sich vor.

Sami zieht mir einen Stuhl ran, damit ich mich zu ihnen setzen kann. Ich hänge meine Jacke über die Lehne und lege meine Tasche untendrunter. Jetzt sitze ich zwischen Samu und Sami. Sie sprechen finnisch miteinander - sehr schnell - so dass ich Mühe hab alles zu verstehen. Ich verstehe aber, dass es um einen neuen Song geht, der auf das nächste album soll und Samu geschrieben hat. Dann öffnet sich die Tür und ein blonder Mann mit Kaffeetasse betritt den Raum. Er mustert uns alle und sein Blick bleibt an mir hängen.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll und fühl mich grad auch etwas unwohl, bis Samu mir zur Hilfe kommt: "Das ist Anni. ich hab sie mitgebracht. Ist doch ok, oder?" "Klar.", sagt er und sein Gesicht erhellt sich. Er kommt auf mich zu und reicht mir seine Hand. "Ich bin Jukka. Produzent und manchmal auch Kindergärtner der Bande." Ich muss lachen. Die Jungs scheint das genauso zu amüsieren, aber sie beschweren sich ersteinmal lauthals.

"Dann fangen wir mal an, oder?" Jukka stellt seine Kaffeetasse neben den Computer. "Sami und Raul, fangt ihr an?" Hinter der großen Glasscheibe sind zwei kleinere Räume, so dass zwei Instrumente gleichzeitig aufgenommen werden können. Die beiden begeben sich auf Position. Es dauert auch gar nicht lange, dann sind Schlagzeug und Bass aufgenommen. Ich muss ja ehrlich sagen, bis jetzt klingt das noch nicht nach einem Ohrwurm. Aber ich lass mich mal überraschen.

Immer wieder sieht Samu mich von der Seite an, wenn er denkt, dass Riku ihn nicht sieht. Kurzzeitig nimmt er auch meine Hand. Er lässt sie aber sofort los, als Riku, der jetzt auf meiner anderen Seite sitzt, sich über mich beugt um ihm zu sagen, dass er sich wieder mit Laura vertragen hat. Ich schätze, das ist seine Frau. "Ich hab mich schon gewundert, warum du so gut drauf bist. Aber ich hab's dir doch gesagt.", sagt Samu strahlend. Jukka ist voll und ganz auf das Geschehen hinter dem Glas konzentriert und hört uns nicht zu.

Als die beiden fertig sind, schickt Jukka Osmo in eine der Kabinen um das Keyboard aufzunehmen.

Anschließend sind Samu und Riku dran um die Gitarren aufzunehmen. Ich bin fasziniert von Samus Muskeln, die sich bewegen, wenn er spielt. Jetzt hört sich das Ganze schon mehr nach was an. Riku scheint total in die Musik vertieft zu sein. Er hat die Augen geschlossen und den Kopf teilweise in den Nacken geworfen. Auch Samu ist ganz weg.

Als sie fertig sind, kommen sie zurück. "Und?", fragt Riku. "Klingt schon echt gut. Ein bisschen was mach ich noch dran, aber das wird gut.", sagt Jukka zusammenfassend. "Erstmal Pause?", fragt Raul und hält schon eine Flasche Bier hoch. Er erhält von allen Zustimmung und verteilt das Bier. Ich trink auch eins mit, halte mich sonst aber eher im Hintergund. Bei dem Fachgesimpel über Musik kann ich nicht besonders viel mitreden.

"Kommt jemand mit rauchen?", fragt Riku in die Runde. Samu sieht mich entschuldigend an und ich nicke ihm zu. "Ich geh solange mal auf Toilette." Wir verlassen zu dritt den Raum.

Auf der Toilette ist das Fenster geöffnet und ich höre zwei Mönnerstimmen, die sich draußen unterhalten. Riku und Samu. "Was war denn bei dir und Laura los?", fragt Samu. "Ach, mal wieder nur ein riesen Missverständnis... Erzähl mir lieber was mit dieser Anni läuft.", ich höre das er grinst. "Ach, gar nichts. Sind nur Freunde." "Nur Freunde... jaja, genau. Und morgen ist Weihnachten.", er lacht. "Samu, ich kenn dich jetzt schon so lange. Mir kannst du nichts vormachen. Und wenn du denkst, ich hab nicht gesehen, wie du sie angeguckt hast und dass du ihre Hand gehalten hast, bist du echt doof."

Ich muss grinsen und bin auf Samus Antwort gespannt. "Ja, ok... Ich glaub, ich bin verliebt." Ich halte kurz die Luft an. Damit hatte ich nicht gerechnet. In meinem Bauch fängt es wieder an zu kribbeln. Es ist ein schönes Gefühl. Auf meinem Gesicht macht sich ein breites Grinsen breit, obwohl ich auch irgendwie ein schlechtes gewissen hab die beiden zu belauschen. "Es geht mir echt richtig gut, wenn sie in meiner Nähe ist. Wir können zusammen lachen, ich fühle mich wohl... Und sie kannte mich vorher noch nicht. Sie hat mich als Menschen kennengelernt. Ohne Vorurteile oder hinter meinem Geld oder Ruhm oder was auch immer her zu sein."

"Alter, dich hat's ja echt richtig erwischt. Ich freu mich für dich." Ich höre, dass sie sich einen Handschlag geben. Männer! Ich verdrehe die Augen und muss lachen. "Wann willst du's den anderen sagen?", fragt Riku. "Ich weiß nicht. Ist ja alles noch so frisch. Wir haben abgesprochen, dass wir es erstmal für uns behalten." "Macht, was ihr für richtig haltet. Von mir erfährt keiner was.", sagt er aufmunternd. "Gehen wir wieder rein?"

Ich höre, wie sich die Tür öffnet und verlasse ebenfalls schnell die Toilette. Riku und Samu kommen von der anderen Seite des Flures und laufen mir entgegen. Samu kann ich kaum sehen, weil er hinter Riku läuft. Der guckt mich wissend an und zwinkert mir zu. Etwas unangenehm war mir das schon. Aber er wusste ja nicht, dass ich das Gespräch gerade mitgehört habe.

Riku öffnet die Tür und geht zu den anderen rein. Als ich es ihm gleichtun will, hält Samu mich am Arm fest und drückt mich gegen die Wand neben der Tür. Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und küsst mich liebevoll. "Ich musste es Riku grade sagen... das mit uns." Er scheint irgendwie ein schlechtes gewissen zu haben. "Ok." Er sieht mich verdattert an. Er dachte bestimmt, ich wäre jetzt sauer. "Samu, das ist dein gutes Recht. Alles super. Ella weiß es übrigens auch.", füge ich etwas leiser hinzu. "Na da sind wir ja jetzt quitt.", er grinst mich an, drückt mir noch einen Kuss auf die Lippen und dann gehen wir wieder zu den anderen.

"Was habt ihr denn noch draußen gemacht, hm?", Osmo sieht Samu herausfordernd an. "Nichts für kleine Osmos." Ein "uuuuuuh" geht durch die ganze Runde und die Jungs lachen. "Ach komm, uns brauchst du hier gar nichts vormachen.", sagt Raul als er sich wieder beruhigt hat. Samu sieht mich fragend an und ich nicke mit dem Kopf um ihm zu deuten, dass ich einverstanden mit seinem nächsten Satz bin. "Ihr könnt's euch doch eh denken." Dabei zieht er mich an der Taille zu sich heran. "Mensch, Glückwunsch. Wir dachten schon, bei dir wird das gar nichts mehr mit den Mädels." Die Jungs freuen sich für uns und ich bin erleichtert.

"Meinst du, du kannst jetzt trotzdem singen?", fragt Jukka grinsend. Samu steckt ihm die Zunge raus und geht mit Riku wieder hinter die Glasscheibe. Als die beiden zu singen anfangen, setzt bei mir sofort eine Gänsehaut ein. Riku blende ich total aus. Ich schließe die Augen und höre nur noch meinen Samu. Er singt das Lied mehrere Male und mit jedem Mal finde ich es schöner. Umso enttäuschter bin ich, als die beiden zurückkommen und die Aufnahme zu Ende ist.

"Das wäre es dann für heute, Jungs. Ich guck mal, was ich noch drehe, aber ich glaub, das wird gut. Ihr könnt abtreten." Lachend verabschieden wir uns alle bei Jukka. Diesmal mit einem Wangenküsschen für mich. "Ich hoffe, wir sehen dich hier mal wieder. Nicht, dass wir dich gleich verkrault haben.", sagt er lachend. "Klar, gerne." Ich freue mich, dass mich die Jungs akzeptieren.

Draußen verabschieden wir uns auch noch von den anderen, die mich ebenfalls in den Arm nehmen. "Macht nicht mehr so lange ihr zwei und pass auf, dass er ordentlich fährt, Anni.", scherzt Riku, der gerade sein Auto aufgeschlossen hat. Als Samu und ich im Auto sitzen, sagt er zu mir: "Ich bin echt froh, dass du dich mit den Jungs verstehst." "Klar, warum denn auch nicht." "Naja, Samis Freundin zum Beispiel. Die hatte's am Anfang gar nicht leicht mit uns.", er grinst bei dem Gedanken daran.

Nachdem er ausgeparkt hat und auf die Straße gefahren ist, mache ich das Radio aus. "Singst du das Lied von grade bitte nochmal für mich?" Dabei streichle ich über seinen rechten Arm, den er auf der Mittelkonsole abgelegt hat. "Dir hat's gefallen?" "Na klar, war richtig schön." Mich wundert, dass er so unsicher ist. Er beginnt zu singen und ich sehe ihn von der Seite an. Nur die Straßenbeleuchtung erhellt ab und zu sein Gesicht...

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War jetzt mal ein etwas längeres Kapitel. Ich will ja nicht betteln oder nerven, aber Kommentare, Votes oder Nachrichten wie ihr die Geschichte findet oder wenn ich euch austauschen wollt oder so, wären echt super und tut ja auch niemandem weh ;-)

<3

Finnisch für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt