3) Der erste Morgen in Finnland

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Am nächsten Morgen werde ich vom Plätschern der Regentropfen am Fenster geweckt. Noch total gerädert versuche ich mich zu sortieren, wobei ich feststelle, dass ich mich im Kabel meiner Kopfhörer verfitzt habe. Stimmt, die hab ich gestern nicht mehr rausgenommen.

Ich taste nach meinem Handy und löse die Tastensperre. 8.23 Uhr und zwei Nachrichten. Die eine ist von meinen Eltern. Hab ganz vergessen mich zu melden. Ich schreibe ihnen, dass alles gut ist und ich sie heute Abend anrufe.

Die Zweite ist von Rebecca: Immer gerne, Süße! Schön, dass es dir gefällt. Du fehlst mir jetzt schon :*

Ich antworte: Du mir erst! Ich schick dir die Tage mal ein paar Fotos :*

Da es erst Mitte September ist und ihr Studium erst im Oktober anfängt, hat sie jetzt natürlich nichts weiter zu tun und langweilt sich.

Es klopft an meiner Tür und noch bevor ich irgendetwas sagen kann, kommen Ronja und Vivi rein und springen auf mein Bett. "Hyvää huomenta, Anni! Frühstück ist fertig." Da die beiden auf eine deutsche Schule gehen, können auch wir uns prima verständigen. Die Mädchen sind noch im Schlafanzug und deshalb beschließe ich auch im Schlafanzug zum Frühstück zu gehen.

Im Esszimmer angekommen duftet es herrlich nach Kaffee und frischen Brötchen. "Guten Morgen", sage ich Freude strahlend. "Guten Morgen", erwidern Elias und Ella. Beide sitzen schon am Tisch. Ella mit Smartphone und Elias mit der Zeitung. Ich setze mich und Elias bietet mir Kaffee an.

"Nein, danke. Ich mag keinen Kaffee." Mir war das schon fast etwas peinlich. Ich trinke keinen Kaffee, ich riech ich nur unheimlich gerne. Ella scheint meine Verlegenheit zu bemerken und bietet mir Tee oder Kakao oder "was auch immer ich sonst haben möchte" an. Ich entscheide mich für Tee und bin ihr sehr dankbar.

Nach etwas Smalltalk sagt Ella: "Elias fährt nach dem Frühstück zu einem Seminar, das bis Freitag geht. Und ich fahre die Mädchen zur Ballettprobe und wir sind erst gegen Abend wieder da. Es tut uns echt leid, dass wir an deinem ersten richtigen Tag hier nichts zusammen unternehmen können." Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, aber der Rest der Familie scheint es auch zu sein. "Schade, aber ich krieg den Tag auch so rum." Ich lächle. "Deinen Hausschlüssel und etwas Geld hab ich dir dadrüben hingelegt. Ein Zettel mit unserer Adresse und unseren Handynummern liegt da auch. Falls du dich mal nicht mehr heim findest." Er deutet auf eine Kommode und lacht. Ich bedanke mich.

Hier fühl ich mich wohl. Es ist schön so herzlich aufgenommen zu werden - wie ein drittes Kind.

Um kurz nach 9 entsteht Hektik. Wir waren gerade fertig mit essen, als Elias auch schon los muss, Ronja und Vivi in ihr Zimmer flitzen um ihre Sachen zu holen und Ella fluchend den Tisch abräumt und nebenbei den Autoschlüssel sucht.

"Lass mal, ich mach das schon.", sage ich und nehme ihr den Stapel Teller ab um ihn wegzuräumen. "Danke, das ist mir eine große Hilfe." Sie scheint erleichtert.

"Mädels, habt ihr alles? Können wir los?" "Kyllä!"

"Tschüss, Anni. Wenn was ist, ruf mich an." "Mach ich, viel Spaß."

Finnisch für AnfängerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt