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„Ugh..."

„OhmeinGott. Du bist wach!", hörte ich eine tiefe Stimme neben mir.

Mir tat mein ganzer Körper weh und mein Hals fühlte sich mega trocken an. Noch nicht mal meine Augen konnte ich öffnen, weil ich zu sehr erschöpft war und auch einen einzigen normalen Laut konnte ich nicht herausbringen. Nur komisches Krächzen.

„Hier. Trink was." Die Person stütze meinen Kopf etwas nach oben und hielt mir ein Glass mit Flüssigkeit hin. Als ich die ersten Schlucke nahm, wurde mir erst richtig bewusst, wie kurz vor'm Verdursten ich war. Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu trinken. Doch nach nur wenigen Schlucken war der Behälter anscheinen schon leer.

„Die haben euch bei den letzten Aufgaben wohl auch nichts zu Essen und Trinken gegeben, was?" Die Person legte meinen Kopf wieder zurück auf etwas Weiches und ich konnte Schritte wahrnehmen, die sich von mir entfernten.

Ich versuchte langsam meine Augen zu öffnen und sah nach oben. An eine Decke. Ich lag in einem Zimmer. Wahrscheinlich auf einem Bett oder zumindest einer Matratze. Langsam versuchte ich aufzustehen, um mich richtig umschauen und mir bewusst werden zu können, wo genau ich eigentlich gelandet war. Kaum saß ich auch schon, wurde ich stürmisch von einem Jungen mit starken Armen umarmt. Und irgendwie... kam mir sein Geruch bekannt vor.

„Ich dachte mir, ich könnte dich jetzt umarmen, wo du nun Kraft hast dich aufrecht hinzusetzten.", murmelte er in meine Halsbeuge. Und da machte es Klick bei mir. Ich zählte eins und eins zusammen und konnte ahnen wer das war, der mich hier gerade zerdrückte.

Der Junge ließ mich wieder los und stellte sich vor mich hin.

„Chanyeol?"
"Und du erkennst mich! Woa, ich bin gerade wirklich kurz vor'm Heulen, weißt du das?" Der Riese mit seinen abstehenden Ohren, fasste sich ans Herz und schaute kurz hoch an die Decke, um seine Tränen wegzublinzeln.

„Was... Wo sind wir?", fragte ich. Ich realisierte es noch nicht ganz, dass er wirklich gerade vor mir stand und überhaupt am Leben war, weshalb es mir so vorkam, als würde ich mit mir selbst im Plural reden.

„Ah, richtig. Du hast keine Ahnung. Ich erzähl es dir alles gleich bei einem Rundgang. Aber ich muss dich davor noch was Wichtiges fragen." Seine fröhliche Art war jetzt komplett verschwunden und er sah mich mit einem toternsten Gesichtsausdruck an.

Ich wusste worauf er hinaus wollte. Man hatte es Baekhyun angesehen. Und man sah es ihm an. Wie sehr die zwei sich gegenseitig mochten. „Baek ist nicht ausgewählt worden. Aber es hatte ihn richtig schlimm getroffen, als du weg warst. Sogar nach einem Jahr war er immer noch nicht mehr der Selbe. Ich weiß nicht, wie es ihm jetzt geht, nachdem ich auch weg bin."

Es war ruhig im Raum. Mir kamen die ganzen Gedanken und Erinnerungen von der kurz vergangenen Zeit wieder in den Sinn. Ich hatte keine Ahnung wie lange wir dort, wo auch immer das sein mochte, eingesperrt waren, was für ein Tag heute war. Doch die Menschen, mit denen ich die Zeit verbracht hatte, würde ich nie vergessen. Vor allem eine bestimmte Person nicht.

Jimin.

Wenn ich nur an ihn dachte und was er getan hatte, um mich zu retten. Wenn ich nur an seinen Geruch dachte, wie er mich hatte fühlen lassen. Wie, allein seine Anwesenheit mich hatte fühlen lassen. Wie seine Augen mich in ihren Bann gezogen hatten und seine Lippen geschmeckt hatten. Und, dass ich all das nie wieder sehen, riechen und fühlen werden würde. Das tat seelisch so sehr weh, dass ich sogar regelrecht einen Stich im Herzen spürte.

Ich merkte nicht wie mir wieder die Tränen ein weiteres Mal die Wangen runterliefen, als ich in Gedanken versunken auf den Boden vor mir starrte.

"Yoongi? Was ist los?" Chanyeol kniete sich vor mich hin und sah mich mit einem mitleidigen Gesichtsausdruck an. Und erst jetzt realisierte ich, was gerade mit mir los war. Ich wischte mir schnell die Tränen aus dem Gesicht und versuchte normal zu atmen.
„Alles gut.", antwortete ich ihm nach einer Weile und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Erst jetzt blickte ich mich im Zimmer um und bemerkte das zweite Bett auf der anderen Seite, einen großen Kleiderschrank und zwei simple Einzeltische mit jeweils einem Stuhl. Als Letztes fiel mir ein schwarzer Koffer mit Namensschild neben meinem Bett auf.

Min Yoon Gi.

"Der wurde hierher gebracht, kurz bevor sie dich hier eingeliefert hatten.", erklärte mir Chanyeol. "Wir sind jetzt Mitbewohner!!", fing er jetzt fast an zu schreien und hatte wieder ein Grinsen aufgesetzt. "Wieso das?", fragte ich und stand vorsichtig auf um nicht umzukippen. In der Sekunde hörte man ein lautes Knurren und ich legte mir blitzschnell die Hand auf den Bauch.

"Ich tu' einfach mal so, als hätte ich deine Frage nicht gehört, weil die echt verletzend war. Jedenfalls. Du hast Glück, dass es jetzt Zeit für's Mittagessen ist. Wenn du etwas später gekommen wärst, müsstest du bis zum Abendessen warten. Sobald sie alles in der Mensa aufgräumt haben, bekommst du nichts mehr. Rein. Gar. Nichts." Chanyeol ging zur Tür, zog sich seine Schuhe an und winkte mir zu, ihm zu folgen.

Wir traten aus dem Zimmer in einen langen, beleuchteten aber kahlen Flur mit vielen Türen und einigen kleinen Fenstern.

"Also. Ganz von vorne. Wir sind hier in einem anderen Internat. Im vorherigen sind wir nicht mehr eingeschrieben. Hier her kommen nur die, die überlebt haben."

Ich war verwirrt. "Du.. hast überlebt?"

Entweder war mein Ton daran Schuld oder mein Gesichtsausdruck, da ich auf meine Frage auch schon einen beleidigenden Blick von dem Großen bekam. "Okay... Das. Tat wirklich weh. Was glaubst du, wieso ich dann hier bin??"

"Ich mach nur Spaß. Erklär' weiter.", versuchte ich mich aus der Situation zu retten und musste schmunzeln. Ja. Ich hatte ihn verdammt nochmal ziemlich vermisst.

"Wie auch immer. Das Gebäude, in dem wir hier sind, ist das C Gebäude. Hier sind die Jungs drinnen. In B sind die Mädchen, in A die Lehrer und Angestellten und dann gibt's noch einmal das Schulgebäude, wo wir unterrichtet werden und das Sportgebäude, um.. naja. Sport zu machen."

Wir gingen einige Gänge auf und ab, Treppen hoch und runter und kamen dann letztendlich in einem Art Foyer an. Die Halle war dank der Glaswände und den Sonnenstrahlen von draußen ziemlich hell beleuchtet und ich musste im ersten Moment meine Augen arg zusammenkneifen. Dieses Licht hatte ich echt lange nicht mehr gesehen. Vor einer schweren Doppeltür blieben wir stehen und Chanyeol sah zu mir herunter.

"Wie gesagt. Hier kommen die her, die überlebt haben. Manche von ihnen sind echte Arschlöcher, also müsstest du dich vor ihnen eventuell in Acht nehmen. Aber keiner von ihnen ist dumm. Soviel kann ich dir sagen. Sie sind nicht dumm und auch nicht schwach. Sonst wären sie logischerweise nicht hier. Das alles..." Er zuckte mit den Schultern und suchte nach einer passenden Formulierung. „..kommt einem manchmal so vor wie eine Elite Schule. Und es fühlt sich auch noch so an."

"Übertreib mal nicht. Nur, weil die Schüler hier es durch diesen ‚Test' oder das ‚Spiel', oder was auch immer das war, geschafft haben, heißt es also, sie werden zu Soldaten ausgebildet? Das klingt wie das Ende eines verdammt schlechten Buches. Ich bitte dich."

"Oh. Keine Soldaten. Nein. Es geht eher in Richtung einer sportlichen, gesunden und schlauen Gesellschaft, soweit ich weiß. Die aber auch ziemlich angsteinflösend sein kann."

"Schlaue Soldaten also."

"Eine neue Generation."

"Neue Generation?"

"Okay, vergessen wir's. Ich weiß selber nicht was die mit uns vor haben. Bin grad dabei es rauszufinden, aber niemand will mir irgendetwas dazu sagen."

Ich war sichtlich verwirrt von seinen Worten, öffnete einfach eine der zwei großen, schweren Türen und trat nach draußen. Meine Augen brauchten wieder eine Weile bis sie sich an das direkte Sonnenlicht gewöhnt hatten, doch was ich dann sah, konnte ich nicht fassen.

Verschiedene Gruppen von Schülern mit unterschiedlichen Uniformen hatten sich auf der großen freien Fläche vor diesem Gebäude verteilt. Eine Gruppe, die zusammen joggte. Eine andere stand wie beim Militär aufrecht und gerade, mit starrem Blick nach vorne und wurde von einem Herren mittleren Alters angeschrien. Eine dritte saß mit Büchern und Blöcken auf einer Wiese unter einem Baum und hörte einer älteren Dame zu und eine weitere übte etwas weiter hinten Kampfübungen.

"Ich sagte ja. Elite Schule. Willkommen auf dem Lee-Yeon-Seok-Internat."


~ The End ~

The Survival [Yoonmin]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt