Kapitel 2️⃣8️⃣

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PoV Clary

Ich bemerkte, wie Lou unsicher wurde. Sie fasste sich an die Stirn, als ginge es ihr nicht gut und schloss ihre Augen. Ich überlegte für einen Moment, dies auszunutzen und sie unschädlich zu machen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. So unfair war ich dann doch nicht, obwohl Lou gerade eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellte.
Sie öffnete ihre Augen nach einigen Sekunden wieder. Ihr Blick war auf einmal nicht mehr fies und blutrünstig, sondern Entsetzten war in diesen zu erkennen. Sie sah erst auf Takuya und Draco hinab und sah dann mich an. Doch ich mied ihren Blick automatisch. Langsam stolperte sie rückwärts. »W-war ich das?«, fragte sie kaum hörbar. Ich nickte leicht. Lou drehte sich um und rannte davon. Dies geschieh so schnell, dass ich gar nicht dazu kam, sie zu rufen oder gar aufzuhalten. Da ich aber in diesem Moment auch nichts tun konnte, was Lou anging, wandte ich mich den anderen beiden zu. Draco hatte sich mittlerweile aufgerappelt und half gerade Takuya hoch. Dieser hielt seine Hand an seine Wange, hinter welcher trotzdem stetig Blut hervorquoll. »Wir sollten uns erstmal darum kümmern«, durchbrach ich die Stille und nickte in Richtung Takuya's Gesicht. Dieser wollte widersprechen, es sei nicht so wild, doch Draco bestand darauf, dass seine Verletzung oberste Priotität hatte.

Ich schaffte es, die Blutung zu stoppen, aber dafür, die Verletzung komplett zu heilen, reichten meine Kräfte nicht mehr. Doch selbst nachdem dies erledigt war, verlor keiner ein Wort über das gerade Geschehene. Ich ertrug dieses Totschweigen nicht, also sagte ich: »Ich suche Lou und rede mit ihr.« Keiner wollte mir widersprechen, doch bevor ich ging, warf Takuya ein: »Hat jemand Nuno gesehen?« »Was interessiert dich dieses lebendige Wollknäuel jetzt?«, fragte ich schnippisch. Ich hatte meinen Moment des Schocks überwunden und war wieder zynisch wie immer. Takuya wirkte verletzt, erwiderte aber trotzig: »Nuno ist kein lebendiges Wollknäuel! Sie ist-« »Lass gut sein«, unterbrach Draco ihn. »Du willst doch nicht nur noch einen Streit anzetteln.« Takuya gab sich geschlagen und beobachtete mich nur grimmig. »Ich werde Lou suchen und versuchen, mit ihr zu reden«, bestimmte ich. Draco schien widersprechen zu wollen, doch mein durchdringender Blick schien ihn abzuschrecken. »In Ordnung«, meinte er nur. Takuya schwieg. Ich nickte ihnen noch einmal zu, bevor ich mich abwandte und die Richtung einschlug, in die Lou abgehauen war.
Ich konnte problemlos ihrer Fährte folgen; ihre Spuren und ihr Geruch waren leicht zu erkennen. Offensichtlich hatte sie es auch nicht mehr besonders eilig gehabt; nachdem sie aus unserem Sichtfeld verschwunden war. Ihre Fußabdrücke waren nah beieinander, sie war also nicht gerannt. Nach kurzer Zeit endete ihre Spur plötzlich. Ich blickte nach oben, und tatsächlich; dort saß Lou auf dem Ast eines Baumes und blickte in die Ferne. »Lou?«, sagte ich sanft. Sie zuckte leicht zusammen, sah mich kurz an und dann wieder weg. Ich seufzte und kletterte zu ihr hinauf. Sie reagierte nicht; erst, als ich meine Hand auf ihre Schulter legte, brachte sie etwas heraus: »Lass mich allein.« Ihre Stimme war nur ein zitterndes Hauchen, trotzdem verstand ich sie. »Du musst das nicht alleine durchmachen«, erwiderte ich einfühlsam. Lou sah mich an. Ihr Gesicht war rot, als hätte sie geweint. Reue war in diesem zu erkennen. »Was passiert ist... ist nicht deine Schuld«, sprach ich auf sie ein. »Doch!«, rief sie aufgebracht. »Es ist ganz allein meine Schuld! Ich habe die Kontrolle verloren, da kann niemand außer mir etwas für!« Lou atmete schwer und sah mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Ich drückte sie an mich. »Du schaffst das«, flüsterte ich. »Du bist stärker als was auch immer dich beeinflusst hat.« Lou schien etwas sagen zu wollen, doch ich hielt sie ab. »Was auch immer du jetzt sagen willst, ist nicht wahr. Du darfst nicht immer nur an das Schlechte in dir glauben.« Ich schien sie wenigsten etwas überzeugt zu haben, denn sie murmelte einfach ein »Danke« und widersprach diesmal nicht.

Nachdem wir noch eine Zeit lang schweigend in dem Baum gesessen hatten, waren wir zurückgekehrt. Draco begrüßte uns; er schien vor allem erfreut darüber zu sein, Lou zu sehen. »Wie geht's dir?«, fragte er sie. Lou zuckte mit den Schultern. Sie sah keinen von uns an. »Ruh dich besser aus«, meinte ich. Lou ging meinem Vorschlag nach und ließ sich auf ihrem Schlafplatz nieder. »Wo ist Takuya?«, fragte ich. Draco deutete auf dessen Schlafplatz, wo der Blauhaarige lag. Jetzt waren also nur noch Draco und ich übrig. Wir sahen uns schweigend an. Schließlich erhob Draco das Wort. »Wir sollten Frieden schließen«, brachte er es auf den Punkt. Ich erwiderte nichts, also fuhr er fort: »Gerade wo alles so kompliziert ist, sollten wir alle zusammenhalten, uns beide eingeschlossen.« »Na gut«, antwortete ich. Er hielt mir seine Hand entgegen. »Aber ich tue das nur für Lou.« Dann schlug ich ein.

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