Kapitel 31

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Nachdem wir fertig sind, wirft sich Ashton seufzend auf sein Bett. "Man, war das anstrengend!" Lachend sehe ich ihn an. "Also ich mag das Drama." Ich nehme die Wasserflaschen, trinke einen Schluck daraus und stelle sie wieder auf den Tisch, bevor ich auf das Bett zugehe. "Das glaube ich dir nur zu gerne." "Haha." gebe ich so monoton wie nur möglich von mir. "Ich muss dir was zeigen!" Was kommt jetzt bitte? Er steht auf, läuft zu einem Regal und lässt sich anschließend wieder auf dem Bett nieder. "Hier." Ash drückt mir ein Album in die Hand, welches ich skeptisch betrachte. Ich setzte mich neben ihn auf sein Bett, um es besser ansehen zu können. "Was ist das?" Es ist braun und sieht schon etwas älter aus, aber es hat etwas an sich, was faszinierend wirkt. "Das hab ich von meinem Großvater bekommen. Gestern. Er hat alle Zeitungsartikel über mich gesammelt und hier eingeklebt. Quasi meine gesamte Karriere steht hier drin." Ich könnte darauf jetzt einen dummen Spruch bringen, mache es jedoch nicht, weil er gerade so glücklich aussieht und es wirklich süß ist, wie sehr er sich darüber freut. "Du scheinst deinem Großvater ziemlich wichtig zu sein." offenbare ich meinen Gedanken, nachdem ich einige Seiten durchgeblättert habe. Es ist Wahnsinn, mit 4 Jahren hat er schon gespielt! Wirklich alles ist in diesem Album eingeklebt und beschriftet. "Das beruht auf Gegenseitigkeit." gibt er stolz von sich. "Er ist mein größter Fan und ich seiner. Was er in seinem Leben schon geleistet hat ist unglaublich. Er hat mir beigebracht, immer an meine Träume zu glauben. Deshalb halte ich auch so dran fest. Und ich bin oft bei ihm. Nicht so, wie meine Eltern." Er wirkt etwas traurig, als er es erwähnt, lenkt aber direkt wieder vom Thema ab und nimmt es mir aus der Hand. "Bald haben wir wieder Spiele. Hoffentlich bist du nicht als Sanitäter dabei und bringst mich zu Boden." "Hey!" entsetzt sehe ich ihn an. "Das tue ich doch gar nicht. Im Gegenteil, ich verhelfe euch zu besseren Leistungen, indem ich euch verarzte." Unerwartet fängt er an zu lachen. "Ist klar!" Sein Lachen verpasst mir erneut eine Gänsehaut, was ich zu überspielen versuche. "Natürlich." Plötzlich setzt er sich auf, beugt sich über mich und fängt aus dem Nichts an, mich zu kitzeln. "Das ist die Strafe dafür, dass du lügst." Lachend winde ich mich unter seinen Händen. "Das ist unfair." rufe ich kichernd und fühle mich wieder in die Situation am Strand zurückversetzt, in der er mich ebenfalls gekitzelt hat. "Stopp, ich kann nicht mehr!" Mein Lachen erfüllt gepaart mit seinem das ganze Zimmer. "Ashton, ich kann nicht mehr." rufe ich ihm noch einmal zu, bevor er über mich gebeugt seine Attacke stoppt. Endlich. Er kniet seitlich neben mir, während ich auf dem Rücken unter ihm liege. Und mit einem Mal ist die Stimmung wieder ganz anders. Nicht annähernd so wie eben, im Gegenteil. Eher ernst. Ich schaue nach oben und bemerke, wie er mich beobachtet, bis dann seine Augen zu meinen schweifen und sein stechendes Grün mein kühles Blau trifft. Plötzlich wird mir ganz warm und mein Puls erhöht sich. Ich könnte jetzt wegschauen, aber das tue ich nicht. Immerhin will ich gegen ihn ankommen und nicht davor zurückschrecken. In meinen Bauch macht sich ein angenehmes Kribbeln breit, seine linke Hand legt sich auf meine rechte Wange, während er seinen Kopf langsam nach unten bewegt und ich ihn weiterhin wie paralysiert ansehe. Was geschieht hier gerade? Seine rechte Hand hat er neben meinem Kopf auf der anderen Seite platziert, sodass er vollkommen über mit ist und er ebenfalls so gebannt zu sein scheint, wie ich. Er wird mich küssen! Omg, nein! Das geht einfach nicht! Ich verliere sicher nicht meinen ersten Kuss an jemanden, für den es nicht annähernd etwas besonderes ist! Auf keinen Fall! Mit einem Mal wird mir bewusst, was wir hier eigentlich machen, als meine Alarmglocken anfangen zu läuten. Und als ich seinen warmen Atem auf meinen Lippen spüre, drehe ich einfach meinen Kopf zur Seite. Ich habe keine Kraft, anders gegen ihn anzukommen, weil ich mich wie gelähmt fühle. Verwirrt und wohl auch ein bisschen überfordert sieht Ashton mich an und geht sofort von mir runter, sodass er ein wenig entfernt von mir sitzt. Nach einigen Sekunden, in denen ich mich wieder ein wenig sammel, stehe ich auf und gehe vom Bett runter. Ash sitzt einfach nur da und sagt nichts, wahrscheinlich kann er gerade genau wie ich nicht wirklich klar denken. Anschließend nehme ich meinen Rucksack und die restlichen Sachen, drehe mich noch einmal um und öffne die Tür. "Ich muss dann mal." entgegen ich dann noch, bevor ich wie von der Terantel gestochen nach unten renne, meine Schuhe anziehe und nach draußen verschwinde. Das ist doch gerade nicht wirklich ernsthaft passiert, oder?

Auf dem Weg nach Hause kann ich an nichts anderes denken. Wie er mich angesehen hat und so über mir gebeugt war. Halb nackt. Das war wahrscheinlich das Problem. Er war halb nackt. Wahrscheinlich hat sein Testosteron einfach verrückt gespielt. Ich hätte nicht zulassen sollen, dass er sich so zu mir setzt, nur um mich zu provozieren. Wie soll ich jetzt damit bitte umgehen? An der Bushaltestelle angekommen atme ich einmal tief durch. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, wie schnell ich eigentlich gelaufen bin. Zum Glück ist hier niemand, auf dem Fahrplan sehe ich nach, wann mein nächster Bus kommt und tatsächlich habe ich einmal im Leben Glück! Gerade mal 10 Minuten dauert es, bis er vor mir steht und ich einsteige. Es ist stickig und am liebsten wäre ich direkt wieder ausgestiegen. Wenigstens dauert die Fahrt nicht allzu lange.

Mit Giulia habe ich mich für 7 Uhr verabredet, zuerst bestellen wir Pizza und anschließend setzen wir uns mit Süßkram in mein Zimmer und quatschen. Die ganze Zeit über konnte ich mich kaum auf andere Dinge konzentrieren. Die gesamte Stimmung heute war einfach so merkwürdig. Vielleicht lag es auch daran, dass es zu einem Fast-Kuss kam. Was wäre passiert, wenn ich es zugelassen hätte? Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klingelt und Giulia mich fest umarmt. "Ich hab dich ja so vermisst!" quiekt sie mir ins Ohr, woraufhin ich nur zustimme. "Hallo Giulia." Mum tritt in die Küche. "Hallo Victoria." Lächelnd sehen sie sich an. "Mum? Da vorne liegt ein Brief, den soll ich dir von Nicole geben." Sie nimmt ihn in die Hand und betrachtet ihn kurz, bevor sie sich bedankt und mit einem Glas Wasser den Raum verlässt. Die Pizza kommt ziemlich schnell, als wir dann fertig gegessen haben, verschwinden wir in meinem Zimmer. "Also, wie läuft es so mit Ashton?" Zögerlich sehe ich sie an. Eigentlich habe ich nur auf die Frage gewartet, aber was soll ich ihr antworten? Die Wahrheit? Ich entscheide mich dafür, auch wenn es mir schwer fällt. Aber Giulia ist meine beste Freundin und es wäre totaler Unsinn, nicht mit ihr darüber zu reden. "Heute war eine komische Stimmung in der Luft. Keine Ahnung wieso. Und um mich zu provozieren hat er nur in Boxershorts neben mir gesessen mit der Begründung 'ihm sei heiß und ich hätte ihn ja schon öfter so gesehen'. Am Ende hat er mir was ziemlich privates gezeigt." Meine Freundin fängt plötzlich völlig hemmungslos an zu lachen, woraufhin ich genervt die Augen verdrehte. "Du bist so eklig, Giulia. Nein, nicht das, was du denkst. Es ging um ein Fotoalbum. Jedenfalls wollte er mich, nachdem er mich gekitzelt hat, küssen. Aber ich hab mich weggedregt." Okay, das war jetzt die absolute Kurzfassung, aber genauer kann ich es nicht erzählen. Mit aufgerissenen Augen sitz sie vor mir. "Er wollte was?!" gerade als ich Giulia antworteten will, vibriert mein Handy.

>Ich hätte das nicht tun sollen. Tut mir leid.<

Ashton. "Es tut ihm leid." informiere ich meine beste Freundin. "Mamma Mia, das fällt ihm aber früh ein. Ich finde es gut, dass du dich nicht direkt auf ihn eingelassen hast, er ist ein fuckboy, vergiss das nicht." Giulia hat recht. Mich wundert es auch ein wenig, warum es erst so spät kommt, aber ich nehme es einfach hin. Oder hätte er gar nicht die Pflicht dazu, sich zu entschuldigen? Naja, es macht es wahrscheinlich einfacher, dass er es getan hat. "Was wirst du jetzt tun?" "Ich weiß es nicht." antwortete ich ehrlich. "Ihm weiterhin Nachhilfe geben und versuchen, nicht auf ihn hereinzufallen."  Das temperamentvolle Mädchen nickt. "Und jetzt erzähl du mir mal mehr über deinen Italiener."

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Einen guten Rutsch ins neue Jahr euch allen! 😊❤️

LöwenherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt