Kapitel 43

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Wutentbrannt renne ich die Stufen nach unten, weiche ab und zu ein paar Idioten aus und steuere direkt aufs Wohnzimmer und die Musikanlage zu. Mit einem Ruck ziehe ich den Stecker aus der Steckdose, woraufhin die Musik sofort verstummt. Sofort fangen einige an rumzubrüllen und meinen, mich beleidigen zu müssen. Aber nicht mit mir. "Die Party ist zu Ende! Zigaretten aus, Alkohol weg und geht nach Hause." rufe ich durchs Wohnzimmer, woraufhin mich einige amüsiert ansehen. "Und das sagt wer?" Provozierend sieht mich einer dieser nervigen Zwilligsfreunde meines Bruders an. "Die Hausbesitzerin! Und jetzt verschwindet, sonst rufe ich die Polizei!" Ich klinge verdammt wütend, aber das scheint manche nicht so ganz zu interessieren. "Ja klar und jetzt mach die Musik wieder an. Hübsches Party Outfit mal so ganz nebenbei." zwinkert mir dieser Idiot von eben lachend zu, woraufhin ich innerlich noch mehr anfange zu kochen. Ich sehe wahrscheinlich aus wie das letzte Stück Scheiße auf dieser Welt, ich meine jedes Mädchen weiß, wie man an Mädeslabenden aussieht. Aber das ist mir sowas von egal! "Ich schwöre dir bei Gott, wenn du jetzt nicht verschwindest, gibt das Konsequenzen!" schreie ich ihm fast schon ins Gesicht, während ich mit erhobenem Zeigefinger auf in zugehe. Musste dieser Tag ernsthaft so enden?! Jap, dank meinem Arsch von Bruder schon. Hauptsache er lässt sich hier nicht mal mehr blicken. So ein Arschloch. "Komm Evan, provozier sie nicht unnötig, die Party ist sowieso zu Ende." Sein Zwillingsbruder scheint auf jeden Fall vernünftiger zu sein. Genervt zischen tatsächlich die meisten ab, als mein Bruder sich tatsächlich nochmal nach unten traut. "Hey, wo ist die Musik, wo wollt ihr hin?" ruft er seinen Leuten noch zu, die jedoch nur abwinken und aus der Tür treten, zum Glück. "Sag mal hast du sie nicht mehr alle?!" brüllt er mich nun an. "Glaub mir, du wirst der jenige sein, der morgen dafür die Konsequenzen trägt, nicht ich!" "Das ist mir sowas von egal. Du hättest gar nicht hier sein sollen, jetzt wissen alle, dass wir Geschwister sind. Und nebenbei siehst du echt scheiße aus, weißt du, wie peinlich das für mich ist?" Zsss, ich kann gerade echt nicht glauben, was für ein Dreck aus seinem Mund kommt. "Ich sag dir mal was! 1. Ist es mir absolut scheiß egal, wie ich aussehe. Es war nie die Rede davon, dass ich bei Giulia bleibe. Und 2. Könnte es MIR nicht peinlicher sein, dass jetzt alle wissen, dass ich ein riesen Arschloch als Bruder habe!" Genervt dreht er sich um und verschwindet wieder, zu seinem Glück! Als ich sichergehen kann, dass alle weg sind, einschließlich der Bitch, die mit Justin im Bett war, gehe ich nach oben in Richtung meines Zimmers. Die untere Etage ist der absolute Horror, alles klebt, ist dreckig und durcheinander. Mum und Dad werden sich freuen. Wenigstens sieht bis auf das Bad und das Ehebett meiner Eltern, die obere Etage ganz okay aus. Auf der Mailbox erkläre ich meinen Eltern, was heute Abend passiert ist und dass ich definitiv nicht aufräumen werde, sie jedoch auch nicht extra heute Nacht noch kommen brauchen. 

Seufzend lege ich auf und trete in mein dunkles Zimmer, wobei ich direkt das Licht anschalten und mich extrem erschrecke, als ich jemanden auf meinem heiß geliebten Bett liegen sehe. Also war doch jemand hier, so eine scheiße! Als ich näher an mein Bett trete, um die Person zu wecken, erkenne ich sofort, wer das ist. Was zur Hölle hat Ashton in meinem Zimmer zu suchen??? Irgendwie sieht es niedlich aus, wie er hier so liegt und schläft. Unzwar tief und fest. Mehrmals habe ich ihn versucht zu wecken, indem ich seinen Namen gesagt habe, jedoch war nicht wirklich was zu machen. Und ehrlich gesagt bin ich gerade auch ganz froh darüber, so habe ich die Chance, ihn ein wenig beim Schlafen zu beobachten, das kann ich sonst ja schlecht, ohne dass er es mitbekommt. Er wirkt so friedlich, so süß und überhaupt nicht so, wie sonst meistens in der Schule. Sollte ich ihn einfach bis morgen schlafen lassen? Dann rastet wahrscheinlich Justin aus, wenn er das mitbekommt. Aber egal. Das ist mir einfach verdammt nochmal scheiß egal. Was er heute Abend gebracht hat, ist sowieso nicht zu übertreffen. Ich merke, wie erneut Wut in mir aufsteigt, als Ash jedoch einen leisen Ton von sich gibt, beruhige ich mich sofort. Seine Anwesenheit tut gerade echt gut und er wird meine bestimmt auch gesucht haben, immerhin liegt er in meinem Bett. Oder er war einfach nur unfassbar betrunken. Gerade fällt mir auf, dass ein Bild von meinem Nachttisch neben ihm im Bett liegt. Okay, ich entscheide mich jetzt einfach für Variante 1, er wollte mich ebenfalls sehen. Sonst würde es nicht dort liegen. Auf den Foto lachen Giulia und ich uns herzhaft über einen Witz von Jacob kaputt, was er natürlich direkt dazu genutzt hat, um uns zu fotografieren. Es ist eins meiner Lieblingsbilder, weil es einfach so echt ist. Dieses Foto erinnert mich immer wieder daran, wie schön das Leben ist und wie sehr man die kleinen Momente genießen sollte. Poetisch. Fast schon zu poetisch für meine Verhältnisse. Aber der Gedanke gefällt mir einfach! Vorsichtig nehme ich das Bild und stelle es wieder auf seinen Platz. 

Wo schlafe ich denn jetzt? Unten im Wohnzimmer ist alles dreckig, im Bett meiner Eltern haben anscheinend welche miteinander geschlafen und eine Couch besitze ich nicht. Na toll. Aber eigentlich ist mein Doppelbett ja groß genug, oder? Außerdem haben wir im Urlaub so gut wie jede Nacht in einem Bett verbracht. Das sollte jetzt also nicht wirklich das Problem sein. Und wie ziehe ich mich jetzt bitte um? Immerhin kann man das Badezimmer vor Kotzgestank nicht betreten und hier liegt Ash. Egal, ich schalte einfach das Licht aus. Er schläft sowieso und hat mich im Urlaub oft genug im Bikini gesehen. Also schnappe ich mir meine Schlafsachen, bestehend aus einer Shorts und einem lockeren Shirt, aus meinem Schrank, mache das Licht aus und ziehe mich um. Meinen BH lasse ich an, irgendwie fühle ich mich gerade etwas geschützter darin, auch wenn es unangenehm wird, in ihm zu schlafen. 

Nachdem ich fertig umgezogen bin, schalte ich meine Nachttischlampe ein und lege mich zu dem süßen Fußballer. Da er auf meiner Decke liegt, habe ich mir noch eine aus meinem Schrank genommen, mit der ich mich zudecken kann. Ich drehe mich auf die Seite, sodass ich ihn besser sehe, er liegt ebenfalls seitlich, mir zugewandt. Eine seiner blond braunen Strähnen fällt ihm leicht ins Gesicht, die ich ihm vorsichtig wegstreiche. Sein Atem ist ruhig und regelmäßig, er lässt mich runterkommen und irgendwie alles vergessen, was heute Abend hier war. Lächelnd rücke ich noch ein wenig näher. In seiner Nähe fühle ich mich einfach so unglaublich wohl, am liebsten würde ich ihn jetzt einfach küssen. Seine Lippen sind leicht geöffnet und sehen genauso aus, wie sie sich anfühlen. Weich und zärtlich. 
War mein Plan für heute nicht eigentlich, mich von ihm abzulenken? Stattdessen liege ich mit ihm in einem Bett und denke darüber nach, wie es ist, ihn zu küssen. Hat ja super funktioniert. Aber gerade ist mir das völlig egal. Gerade ist mir alles völlig egal. Ich will einfach nur den Moment genießen und hier neben ihm liegen. Ohne darüber nachdenken zu müssen, welche Konsequenzen das haben könnte. Auch wenn ich gerade ernsthaft realisiere, dass ich wahrscheinlich auf dem besten Weg bin, mich in ihn zu verlieben. Lächelnd und dem leisen Geräusch seines Atems lauschen, schließe ich die Augen. 

LöwenherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt