10. Kapitel

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Chanyeol's Sicht

Noch immer war es ungewohnt Baekhyun zu sehen, aber er konnte den Blick nicht erwidern. Er sah in meine Richtung aber meistens sah er knapp an meinem Gesicht vorbei. Seine Augen sahen immer in die Leere, es machte mich traurig. Früher hatten wir uns stundenlang in die Augen gesehen und es kam mir so vor, als würde ich seine Seele sehen. All seine Emotionen konnte ich in seinem Blick sehen. Nun nicht mehr.
Trotzdem war ich unendlich glücklich, dass er noch lebte. Ich hätte nicht weiterleben können wäre er gestorben.

Während Baekhyun mir von seiner Woche und seinem Training erzählte, packte ich das Essen aus, welches ich unterwegs geholt hatte.
Er starrte vor sich hin, doch seine Stimme klang aufgeregt. Ich schmunzelte, denn er konnte kaum still sitzen bleiben.
Schnell holte ich Getränke aus der Küche und Baekhyun wartete solange ungeduldig. Als er meine Anwesenheit wieder bemerkte, redete er dort weiter, wo er aufgehört hatte.
Ich war ziemlich stolz auf ihn, seine Woche schien genauso anstrengend gewesen zu sein wie meine.
Dann erkundigte er sich nach meiner Woche und versuchte vergeblich in meine Augen zu schauen.
Auch ich berichtete von meiner langweiligen Woche. Jede Woche war gleich, ich wusste nicht, wie er sich jedes Wochenende aufmerksam alles anhören konnte. Während ich redete, stellte ich ihm seine Portion hin und nahm seine Hand, in die ich die Stäbchen legte.
''Guten Appetit'', sagte ich schmunzelnd und fing an zu essen.
Mein Blick glitt zu Baekhyun, welcher mit seinen Fingern die Essensschachtel entlangfuhr und dann einfach seine Stäbchen ins Essen haute, ein wenig Essen nahm, wobei die Hälfte wieder runter fiel und das bisschen, was übrig war, sich in den Mund schob.
Es war nervenauftreibend und ich konnte es bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen, dass er nicht so viel aß.

Mir kam eine Idee und ich sprang auf. Verwirrt sah er auf in meine Richtung, doch ich war sehr schnell wieder da.
''Hier.'' Ich entnahm ihm die Stäbchen und gab ihm stattdessen eine Gabel. ''Mit einer Gabel dürfte es einfacher sein.''
Nickend senkte er seinen Blick und es sah so aus, als ob er auf seinen Teller sehen würde. Dabei fiel mir auf, dass seine Haare seine Augen halb verdeckten. Sie waren sehr lang geworden.

Das Einfache an Fertigessen war, dass man die Schachteln einfach nur wegschmeißen musste und die Stäbchen waren ebenfalls Einwegstäbchen. Ich spülte nur kurz die Gabel und räumte sie sofort wieder weg.
Ich frage ihn, ob es okay sei, wenn ich bei ihm schlafen würde.
''Selbstverständlich!'', antwortete er fast schon beleidigt und ich schmunzelte etwas.
Wir saßen auf seinem Sofa und sah mich etwas um, normalerweise war er sehr chaotisch, aber momentan war alles so ordentlich und aufgeräumt. Er saß neben mir und lehnte sich gegen mich. Ich hatte einen Arm um ihn gelegt und er hielt meine Hand fest, spielte mit meinen Fingern. Ich sah ihm zu und schmunzelte. Mit meiner freien Hand fuhr ich ihm durch die langen, schwarzen Haare und strich sie ihm gleichzeitig aus dem Gesicht. ''Hm.. sollen wir morgen mal zum Friseur gehen und deine Haare schneiden lassen? Sie sind sehr lang geworden...''
''Ja, sie piksen in meine Augen'', erwiderte er nickend.

Später, als wir schlafen gehen wollten, griff er alleine und ziemlich zielsicher nach seiner Zahnbürste und nach seiner Zahncreme.
''Wenn es da steht, wo es immer steht, fällt es mir leicht, sie zu finden. Wenn die Sachen woanders stehen, wird es schwierig'', erklärte er mir.
Nur die Zahncreme auf die Zahnbürste zu machen gestaltete sich als aufwendig. Baekhyun machte sie sich erst auf seinen Zeigefinger und von da aus strich er es auf die Borsten seiner Zahnbürste. Fasziniert sah ich ihm zu und war schon erleichtert, dass er meinen Blick nicht sehen konnte.
Nebeneinander putzten wir uns die Zähne und ich beobachtete ihn durch den Spiegel und es schien fast so, als würde er sich selber ebenfalls ansehen. Jedes Mal war ich auf's Neue überrascht, wie schön er war. Seine ganzen Wunden waren fast vollständig verheilt und seine Haut war nahezu makellos. So hell und rein, wie Porzellan. So zerbrechlich wirkte er manchmal auch.
Seine Blindheit ließ ihn noch hilfloser wirken und irgendwie fand ich das niedlich. Es verstärkte meinen Beschützerinstinkt ihm gegenüber. Schon damals in der Schule hatte ich einen. Er war immer etwas kleiner und zierlicher als der Rest, er war emotional und tat oft auf stark, dennoch hatte ich ihm damals oft erwischt, wie er sich weggedreht hatte um Tränen zu verstecken. Selbst als wir zusammen kamen, versuchte er seine emotional schwache Seite vor mir zu verbergen. Erst als seine Oma starb und er seine Tränen nicht zurück halten konnte, weinte er offen vor mir. Seit dem versteckte er gar nichts mehr vor mir. Selbst ich hatte mich nie vor ihm versteckt.

𝒃𝒍𝒊𝒏𝒅 || 𝒄𝒉𝒂𝒏𝒃𝒂𝒆𝒌/𝒃𝒂𝒆𝒌𝒚𝒆𝒐𝒍 [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt