22. Kapitel

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Kurz bevor mein Trainer kam, ging Chanyeol, da er noch was bei sich holen musste für die Uni.
Zum Abschied küsste er mich und ich war einfach nur glücklich.
Mein Trainer klingelte und ich griff nach meinem Blindenstock und schloss die Wohnung hinter mir ab.
Gut gelaunt ging ich die Treppen hinunter und dort kam er mir entgegen.
''Guten Morgen. So gut gelaunt? An einem Montag?'' Er lachte etwas und ich nickte nur.
''Gibt es dafür einen Grund?''
Er ging neben mir her die Treppe hinunter.
''Mein Freund und ich haben uns wieder vertragen. Wir hatten zwei Wochen Streit und sind jetzt wieder zusammen. Er war auch das ganze Wochenende bei mir'', erklärte ich fröhlich.
''Das freut mich. Wie lange seit ihr schon zusammen?''
''Hmm.. offiziell seit 4 Jahren. Aber wir waren schon vor 5 oder 6 Jahren mehr als Freunde. Es dauerte nur etwas, bis wir es wirklich realisierten und es uns gestehen konnten.''
''Das ist ja schon echt lange..'', gab er überrascht von sich und ich nickte.
''Streitet ihr euch oft?''
''Nein, wirklich gestritten haben wir uns in all der Zeit höchstens 5 mal oder so... ich bin zwar ziemlich kompliziert und eifersüchtig, aber Chanyeol weiß wie er damit umgehen muss. Dafür weiß ich, wie ich mit seiner Art zurecht kommen muss, dass regelmäßig etwas kaputt geht oder wenn er zu sehr lacht, um sich schlägt.''
''Das ist wirklich erstaunlich. Ich kenne Paare, da fliegen täglich die Fetzen.''
''Nein, das ist bei uns gar nicht so. Kleinere Streits gibt es öfter, aber das es wirklich ein richtiger Streit ist, wie gesagt, nicht so oft.''
''Darf ich noch eine.. nun ja.. etwas privatere Frage stellen?'' Er konnte die Neugier in seiner Stimme nicht vermeiden und ich nickte.
Mittlerweile waren wir auf dem Weg zum Bus und warteten an der Bushaltestelle.
''Wie stehen eure Eltern dazu? Die Beziehung hält ja wirklich schon sehr lang und es ist offensichtlich was Ernstes..''
Ich biss mir auf die Unterlippe und seufzte. ''Sie hassen unsere Beziehung. Seine Eltern hassen mich und meine Eltern hassen ihn. Eigentlich war es geplant, dass wir ans andere Ende von Seoul ziehen sobald er sein Studium abgeschlossen hat. Aber ich denke, wir müssen uns jetzt was neues überlegen.''
''Verstehe.. das tut mir Leid. Dann gibt es sicher auch oft Streit.. Und das mit dem Ausziehen, warum sollte das nicht klappen?''
''Wie soll das denn klappen? Der Hund wurde für meine Wohnung zugelassen. Wie sieht das denn mit einer anderen Wohnung aus? Und ich muss doch weiter hierhin. Zudem ist meine Wohnung jetzt fast komplett ausgestattet mit allem was ich brauche.''
''Hört sich so an, als ob Sie Gründe suchen um nicht auszuziehen. Das sind keine Gründe, aber darüber können wir noch sprechen. Ich habe nämlich gute Neuigkeiten was den Hund angeht.''
Sofort wippte ich aufgeregt auf und ab. ''Wirklich? Welche?''
''Es wurde alles genehmigt. Die Bezahlung kann in Raten erfolgen nach einer Anzahlung. Das Zentrum kann dir das Geld auch leihen und du hast noch mehr Zeit um alles zurückzuzahlen. Mit einem sehr geringen Zinssatz. Wir können heute noch über die Bezahlung reden und einen Termin machen bei dem Blindenhund Verein, die Hunde ausbilden. Jede Woche gibt es neue Hunde die fertig sind mit ihrer Ausbildung.''
Aufgeregt hörte ich ihm mit großen Augen zu. Ich hörte, wie der Bus kam und verarbeitete das Gesagte während wir einstiegen.
''Das klingt wunderbar! Ich würde gerne einen Termin machen!''

Im Zentrum angekommen gingen wir zu einem Büro um über die Bezahlung des Hundes zu reden. Der Mann mit dem ich redete war extra zuständig für sowas und erklärte mir alles ausführlich und sagte mir auch, was für ein Betrag übernommen werden würde.
Sobald alles vereinbart war, rief er für mich bei dem Verein an und machte noch für Donnerstag einen Termin.
Voller Vorfreude konnte ich kaum still sitzen bleiben.

Es wurde noch besser, als ich mit meinem Trainer in sein Büro ging und er mir die Möglichkeiten aufzählte, wie ich umziehen konnte.
Wichtig war nur was den Hund anging, dass die Wohnung nicht kleiner war als meine jetztige und natürlich das Hunde erlaubt waren.
Die Technik konnte man an jedem Haus anbringen und da ich schon alles hatte, musste ich es nicht nochmal zahlen. Höchstens denjenigen, der alles aufbaute und anschloss.
Er riet mir eine Wohnung im Erdgeschoss zu nehmen wo ich keine Treppen gehen musste und wenn ich sowas nicht finden würde, dann zumindest mit Aufzug.
Aufmerksam hörte ich ihm zu und versuchte mir alles zu merken.
''Warte, ich habe ein Geschenk für dich.''
Überrascht legte ich den Kopf schief und hörte, wie er etwas öffnete und vermutlich in einer Schublade herumkramte.
''Ah, hier ist es ja. Streck deine Hand aus.''
Neugierig streckte ich ihm meine nach oben geöffnete Handfläche entgegen, in die er einen kühlen, länglichen Gegenstand legte. Ich umschloss ihn mit meinen Fingern und nahm meine anderen Finger zur Hilfe um zu erkennen was es war.
Meine Fingerspitzen fanden die Punkte der Brailleschrift und ich versuchte zu entziffern was es war.
Erst jetzt merkte ich, wie ich meine Augenbrauen zusammengezogen hatte, denn sobald ich es erkannt hatte, zog ich sie hoch.
''Ist das ein Aufnahmegerät?''
''Ja, genau. Es ist ganz einfach zu bedienen. Mit einem Knopf nimmt man auf, mit dem anderen spielt man etwas ab. Mit zwei kleinen Knöpfen kann man die Sprachdatei auswählen und mit dem runden daneben löschen. Aber das steht alles in Brailleschrift daneben.''
Leicht nickte ich und fuhr über die Knöpfe und die kleinen Punkte darüber.
''Vielen Dank'', sagte ich aufrichtig und lächelte.

Heute fuhr ich zum ersten Mal alleine zurück nach Hause und es klappte unerwartet gut. Sicher kam ich Zuhause an und schloss meine Tür auf.
Ein Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht und ich war unheimlich stolz auf mich. So stolz, dass ich Chanyeol eine Sprachnachricht schickte und ihm davon erzählte.
Merkwürdigerweise ging die Audio über eine Minute, dabei hatte ich gar nicht so viel gesagt. Dachte ich jedenfalls.

Wenig später antwortete Chanyeol mit einer Sprachnachricht. In dieser sagte er, dass er stolz auf mich wäre.
Immer noch lächelnd legte ich mein Handy weg und ging in die Küche.
Ein Lied summend suchte ich die Schublade mit den Ramenpackungen und eine Schüssel. Vorsichtig öffnete ich die Packung und gab sie in die Schüssel.
Ich machte noch die Gewürze rein und musste nur noch Wasser kochen.
Das hatte ich noch nicht oft gemacht und beim letzten Mal hatte ich mich dabei verbrannt. Doch heute war ich optimistisch.
Ich machte den Deckel auf und füllte so lange Wasser hinein, bis er schon deutlich schwerer war und kochte das Wasser dann.
Allein schon an der Wartezeit merkte ich, dass es zu viel Wasser war.
Als es dann endlich klickte und das Wasser fertig gekocht war, war ich sehr konzentriert. Ich wollte mir nicht nochmal das kochendheiße Wasser über die Hand schütten.
Langsam und vorsichtig goss ich das Wasser in die Schüssel und schien diese auch zu treffen.
Normalerweise fühlte ich mit dem Finger, wie viel Wasser noch fehlte, aber den wollte ich mir auch nicht verbrennen, weshalb ich es nach Gefühl machte.

Ich hatte weder Schuhe noch Socken an und als ich was heißes an meinem Fuß spürte, schrie ich überrascht auf und zog meinen Fuß weg. Schnell stellte ich den Wasserkocher beiseite und beugte mich hinunter zu meinem Fuß. Die Schale musste übergelaufen sein und vom Tisch hinunter auf meinen Fuß getropft sein. Eine andere Erklärung hatte ich nicht.
Als ich merkte, dass der Boden auch nass war, stand ich wieder auf. Dabei knallte ich jedoch mit meinem Kopf gegen die Tischkannte.
Ein schmerzvolles Stöhnen entfuhr mir und ich rieb mir den Kopf. Dann ging ich schnell zum anderen Ende der Küche, wo Tücher waren. Doch dabei rannte ich gegen einen Stuhl, der nicht ganz am Tisch stand. Genervt fluchte ich und rieb mir das Knie.
Grob öffnete ich einen Schrank und fühlte den Inhalt nach Tüchern ab, die ich dann auch fand. Mit einem Ruck zog ich eins hinaus und merkte schon, wie noch mehr mit raus kamen.
''Man!'', schrie ich und legte meinen Kopf in den Nacken und atmete tief durch. Vorsichtig stand ich wieder auf und ging zurück zu dem Wasserfleck. Diesmal passte ich gut auf, dass ich nirgendwo gegen stieß. Ich wischte die kleine Pfütze weg und ging zurück zu den Tüchern. Die, die mit herausgekommen waren, versuchte ich so gut wie möglich zu falten und räumte sie zurück. Ich schloss den Schrank wieder, brachte dann den Wasserkocher zurück an seinen Platz und nahm mir Stäbchen mit denen ich mich dann an den Tisch setzte und meine Nudeln umrührte. Zuvor trank ich aber etwas Wasser ab um nicht noch mehr nass zu machen. Das Wasser und die Nudeln waren mittlerweile auch schon etwas abgekühlt und ich konnte sie essen ohne mir gleich die Zunge zu verbrennen.

Trotz dem was passiert war, versuchte ich meinen Optimismus beizuhalten und positiv zu denken.
Immerhin hatte ich es auch erfolgreich geschafft, das von mir verursachte Chaos wieder zu beseitigen. Das war etwas, worauf ich stolz sein konnte.

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𝒃𝒍𝒊𝒏𝒅 || 𝒄𝒉𝒂𝒏𝒃𝒂𝒆𝒌/𝒃𝒂𝒆𝒌𝒚𝒆𝒐𝒍 [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt