Kapitel 6

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Beim Tierarzt hatte ich dem Hund ein Narkosemittel geben müssen, damit die Ärztin meines Vertrauens sich ihn genauer ansehen konnte. Es war schnell klar, dass er operiert werden musste. Das hatte ich kommen sehen, also war alles, was ich wirklich wissen wollte, wann ich ihn letztendlich wieder abholen konnte.

Nachdem alles geklärt war, verließ ich die Tierklinik wieder und machte mich automatisch auf den Weg zum Bus.

Müde schlich ich Tae, seinen Freunden, seinem Team und Joon entgegen.

'Ach verdammt, den hab ich ganz vergessen!'

"Kann ich jetzt endlich nach Hause?", grummelte Joon auch just in diesem Moment.

Ich warf ihm seine Autoschlüssel zu und stieg wortlos in den Bus ein.

"Alles okay, Jeanhee?", fragte jemand, während mir alle besorgt folgten.

"Ja", meinte ich nur.

"Da du gerade deine Fingernägel in die arme Sitzgarnitur gräbst, wird dir das hier keiner glauben!", meinte Yoongi mit einem Schmunzeln hinter mir, so leise, dass nur ich ihn hören konnte.

"Ich verstehe einfach nicht, wie Menschen so grausam sein können...", seufzte ich und warf mich auf den Sitz, den ich eben noch massakriert hatte.

"Geht es dem Hund denn gut? Er sah ziemlich dünn aus!", meinte Jungkook, der sich auf den Sitz hinter mir warf.

"Es geht ihm nicht gut, aber es wird ihm wieder gut gehen. Morgen Abend beginnt ein neues Leben für ihn", sagte ich.

Für einen Moment herrschte Stille, während sich der Bus in Bewegung setzte.

"Was sagt der Tierarzt?", fragte Tae schließlich. "Und was ist genau mit diesem Hund passiert?"

"Hund?", lachte Hoseok hysterisch. "Das sah eher aus wie ein riesiger Wolf."

"Es ist ein Saarloos Wolfhund", erklärte ich, nun ganz in meinem Element. "Es ist kein Wolf und auch wenn sein Aussehen dazu verleitet zu glauben, dass er vielleicht ein Hybrid ist, ist er durch und durch ein Hund. Es ist eine anerkannte Hunderasse, in die vor einigen Generationen mal ein Wolf gekreuzt wurde. Nachdem die Menschheit aus Wölfen erfolgreich Hunde gezüchtet hat, dachten wohl einige, es wäre schön, wieder zurück zum Wolf zu gehen. So versuchte man einen Hund zu schaffen, der erziehbar ist wie ein Haushund, aber das Aussehen eines wilden Tieres hat. Viele solcher Experimente misslangen, doch einige gelangen und eines davon ist eben diese Rasse. Es gibt noch andere Wolfhundrassen."

Abgesehen von ein paar vereinzelten "Oh's" und "wow's" sagte niemand etwas.

"Um deine Frage zu beantworten, Tae", begann ich. "Er wurde in dieser Scheune, die durch und durch vollgestellt war in einem kleinen Kofferraum eingesperrt. Kein Wasser, kein Futter. Deshalb ist er auch so dürr. Wie es scheint hat er versucht zu entkommen, was eine riesige Schwellung an seinem rechten Auge und diverse Abschürfungen und Kratzer an Schnauze und Pfoten verursacht hat. Wie es scheint muss sein Auge entfernt werden, da gibt es nichts mehr, was zu retten wäre. Seine anderen Verletzungen werden heilen und höchstens ein paar Narben hinterlassen. Morgen Abend hole ich ihn ab, bis dahin sollte er alle Operationen inklusive Kastration hinter sich haben und sich von der Narkose erholt haben. Dann wird für ihn hier ein völlig neues Leben beginnen."

"Du nimmst ihn bei dir auf?", fragte Namjoon.

"Natürlich!", antwortete ich ohne den Hauch eines Zögerns.

"Nimmt ihn kein Tierheim?", wollte Yoongi wissen. "Oder Joon?"

"Nein", seufzte ich. "In ihren Augen ist er zu gefährlich. Sie würden ihn einschläfern lassen."

Puppy Eyes / BTS JK FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt