Kapitel 46

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Jungkook rannte, als gäbe es kein morgen mehr. Ich folgte ihm, halb mitschleifend und halb stolpernd. Dennoch schaffte ich es irgendwie nicht zu fallen. So bescheuert es war, aber ich lachte aus vollem Herzen. Wer hätte gedacht, dass ich jemals im Sonnenuntergang durch Felder rennen würde. Ohne wirklich zu wissen, warum ich rannte.

Er brachte Seiten an mir zum Vorschein, von denen nicht einmal ich wusste, dass sie existierten. Und ich genoss es, als gäbe es nur uns zwei.

Auf dem Hinweg wirkte es, als wären wir Ewigkeiten durch die Felder spaziert. Jetzt schien es, als flogen die Felder nur so an uns vorbei und wir erreichten das Auto noch lange, bevor die Sonne unterging.

Sobald wir im Auto waren, raste Jungkook den Schotterweg auch schon zurück.

„Sag mir ruhig, wenn ich mich irre", lachte ich. „Aber es hat den Anschein, als hättest du es eilig."

„Ich habe es eilig", stimmte er zu und preschte vom Schotterweg auf die Fahrbahn, von der wir zuvor kamen. Er fuhr jedoch in die andere Richtung.

„Wieder ein fester Zeitplan?", fragte ich.

„Muss nicht zwangsläufig sein, wäre aber schön, wenn wir am Ziel ankommen, bevor die Sonne weg ist", erklärte er. „Und du solltest die Augenbinde wieder aufsetzten."

„Noch während der Fahrt?", fragte ich überrascht.

„Ja, denn diesmal könntest du sofort erkennen, wohin ich will!" Er bestand darauf, also setzte ich sie augenblicklich auf. Ich wollte seinen Plan schließlich nicht ruinieren.

Er hatte das Date so wundervoll geplant, doch eine Sache schien er nicht bedacht zu haben. Da ich wusste auf welcher Straße wir waren, erkannte ich auch an den Kurven, wann wir wo abbogen. Und somit wusste ich auch, wo wir waren, als er am Zielort parkte. Doch das würde mein Geheimnis bleiben. Er hatte sich so viel Mühe gegeben diesen Abend perfekt zu gestalten, dass ich es ihm nicht verderben wollte.

Ich nahm mir fest vor überrascht zu sein, wenn die Augenbinde von meinem Kopf kam.

Doch ich hatte ebenfalls eine Sache nicht bedacht. Auch wenn ich den Ort kannte, hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wie schön er an diesem Abend sein würde.

Und so war ich tatsächlich überrascht, als ich wieder sehen konnte.

„Wow!", entfuhr es mir augenblicklich, als mein Blick geradewegs auf den Tempel fiel.

Die Sonne hatte die Wolken inzwischen in ein pinkes und lilafarbenes Licht getaucht, welches sich in dem See vor uns widerspiegelte. Die Beleuchtungen des Tempels auf der anderen Seite des Sees waren bereits eingeschaltet, was eine perfekte orangefarbene Grenze zwischen See und Himmel zog. In all den Jahren, in denen ich zu diesem Tempel gekommen war, hatte er nicht einmal solch einen Eindruck auf mich hinterlassen.

Ich brauchte wahrlich nicht vorgeben überrascht zu sein, denn ich war es von ganz allein. Durch mein unzählig langes Stalken der Bangtan Boys wusste ich bereits, dass Jungkook ein ausgezeichneter Fotograf war, der es beherrschte Dinge aus dem perfekten Winkel und unter den richtigen Lichtverhältnissen festzuhalten. Doch dass er auch in der Lage war, den richtigen Moment zu berechnen, war mir neu.

Wie um alles in der Welt hatte er wissen können, dass der Himmel an diesem Abend so atemberaubend sein würde?

Er war wirklich immer für eine Überraschung gut.

Kaum hatte ich das festgestellt, überraschte er mich auch schon wieder aufs Neue. Er schlug hinter mir den Kofferraum zu, von dem ich nicht einmal bemerkt hatte, wie er geöffnet wurde.

Als ich mich zu ihm umdrehte, sah ich ihn mit einer Decke und einem Korb zum See gehen. Er breitete die Decke aus und stellte den Korb in die Mitte. Dann deutete er an, dass ich zu ihm kommen und mich setzen sollte.

Puppy Eyes / BTS JK FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt