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Kapitel 39

„Einmal die Nummer 74 und die… Melodie, welche Nummer steht an deinem Essen?“ fragt Liam mich und auch der Kellner, welcher ein Freund zu schein seid, ich glaube Liam hat ihn vorhin Marvin genannt, blickt zu mir. „Ehm… ich… keine Ahnung. Ich wollte die Salami-Pizza mit Käserand und extra Käse…“ sage ich und überlege im Kopf, ob ich die Nummer noch weiß. „Wirklich?“ skeptisch blickt der Junge auf meine Taille. „Ehm… ja. Hatte ich vor zu essen.“ Sage ich etwas leiser. Wieso sollte das denn so… schockierend sein? „Okay… Ehm ja, klar. Kommt.“ Lächelt er mich an und verschwindet dann. „Okay. Melodie? Wir müssten mal einen Termin ausmachen, wann du Lust, Kraft und Zeit hättest, mit mir zu trainieren.“ Beginnt Liam dann plötzlich. „Wozu muss ich denn trainieren? Ich kann doch alles.“ Sage ich. Ich meine, ich habe jahrelang Kickboxen gemacht, Karate habe ich auch mal versucht und zurzeit bin ich in Selbstverteidigung so gut, das ich einen 20Jährigen Schrank zum fallen bringen könnte, theoretisch. „Ja, du kannst… manches. Aber was du nicht kannst, ist mit einer Waffe umgehen und das zielen, vorbereiten auf den Nachdruck und so was halt. Und ja, ab jetzt ist es dir erlaubt mit einer Waffe das Haus zu verlassen.“ Berichtet er mir und erfreut muss ich auf quietschen. „Echt? Cool.“ Meine ich und stütze mein Kinn auf meiner Handinnenfläche und meinen Ellenbogen am Tisch. „Und wieso durfte ich vorher nie eine haben?“ frage ich interessiert. „Weil Yigit… ehm… du bist ein Mädchen… nein… warte…“ sagt er und scheint eine ordentliche Ausrede zu suchen. „weil ihr mich für zu unreif gehalten habt…“ versuche ich es und glaube, ins Schwarze getroffen zu haben, da er kurz inne hält bei seinem Gestotter. „Was, nein. Wir haben dich nicht für unreif gehalten… wir… wir haben uns um dich gesorgt. Yigit meinte immer, das wenn du eine Waffe hast, er sich damit abfinden müsste das du dich verteidigen musst. Naja, er wollte nie, das du in Schwierigkeiten gerätst also hat er ja auch die 10tausend Jungs auf dich angehetzt und ja… aber wenn du dich halt verteidigen müsstest, würde dies bedeuten, dass du in Schwierigkeiten bist.“ Erläutert er mir und mein Gedanke, das ich ins Schwarze getroffen habe, schlug wohl fehl. „Okay…“ sage ich leise. Ich bin einfach noch nicht so weit um über Yigit zu sprechen… ich komme damit einfach nicht klar. Aber wer will es mir verübeln? Ich freue mich halt nicht über den Tot. Aber ich kam auch bei… Anne damit nie klar… es gibt Tage, da liege ich auch heute noch in meinem Bett und weine mir den Kummer vom Herzen. „So, euer Essen.“ Reißt mich die freudige Stimme des Kellners oder Marvin… ach, wie auch immer, auf jeden Fall reißt sie mich aus den Gedanken. „Danke.“ Lächle ich ihn an und Liam nickt ihm nur zu. „Gut. Bin dann wieder weg. Guten Hunger.“ Meint Marvin und schon ist er wieder weg. „Guten Appetite.“ Meint Liam und nimmt sich sein Besteck. „Danke, dir auch.“ Lächle ich und schnappe mir meins ebenfalls.

„Tschüss Liam. Tschüss Melodie, man sieht sich.“ Grinst Marvin und Liam legt nickend den Arm um meine Schulter, ehe er mich den Weg, welchen wir vorhin gekommen sind, wieder zurückführt. „Okay. Laufen wir zum Friedhof oder soll ich uns fahren?“ fragt er mich nach einigen Minuten. „Von mir aus können wir laufen.“ Lächle ich ihn zaghaft an. „Okay. Gerne. Dann kannst du deinen Speckbauch weg-laufen.“ Grinsend kneift er mir in die Seite. „Ich weiß zwar nicht, bei wem sowas zieht, aber ich gehöre nicht zu den Mädchen, welche an Minderheitskomplexen leiden.“ Sage ich ihm und ein wenig erstaunt blickt er mich an. „Oh Gott sei Dank. Ich wüsste nämlich nicht, wie ich es sonst mit dir aushalten würde.“ Sagt er und dann wird es still… hm… okay?

Als wir vor dem riesigen schwarzen Tor stehen, welches uns vom Friedhof trennt, fährt es mir eiskalt den Rücken runter. „Okay… komm, du schaffst das.“ Ermutigt mich Liam und drückt meine Hand einmal, ehe er mich hinter sich rein zieht, meine Hand aber immer noch nicht los lässt. Also, weißt du… also wo steht denn das Grab?“ fragt er sanft und streicht mir mit seinem Daumen über den Handrücken, was dazu sorgt, das sich mir die Nackenhaare aufstellen. „Du… nimm es mir nicht böse aber… würde es dir etwas aus machen mich kurz allein zu lassen?“ frage ich leise und merke wie sich sein Druck um meine Hand kurz verstärkt, dann aber wieder lockerer wird. „Ehm… okay. Aber bitte pass auf.“ Sagt er sanft und zieht mich kurz in den Arm, vermutlich hat er bemerkt, wie ich angefangen habe zu zittern. „Yigit wäre sonst sauer auf mich.“ Flüstert er mir in die Haare. „Hör auf… bitte.“ Flüstere ich wimmernd. „tut mir leid… also… ich warte dann hier, ja?“ meint er und ich nicke an seine Brust, dann löse ich mich von ihm und gehe weiter in den Friedhof. Als ich an ihrem Grabstein ankomme, lasse ich mich zu Boden fallen. „Hallo Anne…“ flüstere ich. „Es tut mir leid das ich so lang nicht mehr bei dir war…“ meine ich leise. „Aber wir sind umgezogen… wegen Chlová. Ich weiß, du magst das Thema nicht, aber sie haben sich getrennt, wie du vermutlich schon weißt.“ Lächle ich zaghaft und streiche mir die Tränen von der Wange. „Ich vermisse ich…“ hauche ich. „Und ich habe Yigit kennen gelernt…“ nun ist meine Stimme nur noch ein wimmern. „Er… Sinan und Baris… weißt du… sie… Yigit ist Tot… passt du da oben auf ihn auf?“ schiefe ich und muss dann über mich lachen. „Natürlich passt du auf ihn auf, du bist nämlich die beste Anne die man haben kann… und ich hatte dich… Danke Allah!“ meine ich und ziehe meine Knie an meinen Körper und schlinge meine Arme drum. „Ich… packe das nicht… wieso“ ich schluchze laut auf. „Wieso… h-habt ihr m-mich alleine g-ge-gelassen?“ wimmere ich verzweifelt. „Ich habe bald Geburtstag und… und niemand… niemand ist bei… bei mir…“ schluchze ich und vergrabe meinen Kopf in meinen Knien. „Danke Abi, das du mir Liam gelassen hast… aber… ihr… ich brauche euch… ich schaffe das nicht…“ schluchze ich und kann die Tränen schon lange nicht mehr unter Kontrolle halten. „wieso ihr…? Wieso…?!“ schreie ich und lass mich nach rechts fallen, so dass ich die Erde an meiner Wange spüre. „Wieso ihr?“ sage ich immer wieder und streiche mit einer Hand über ihre Grab-Erde. „Ich… ich glaube… Yigit… neben dir…“ wimmere ich und meine Schluchzer lassen einige Wörter ersticken. „Aber… dann seid ihr so weit… weg … von mir…“ schiefe ich. „ich bin doch erst 17… dann… dann kann ich… ich gar nicht… k-kommen… wegen… kein Auto und… ich muss… Krankenhaus…“ ununterbrochen fließen mir die salzigen Tränen in den Mund, über die Wange und auf den Boden. „Ich bin alleine… nur Liam… aber… ich habe Angst…“ gestehe ich. „Ich… soll ich gehen? Du… hast bestimmt… wichtiges vor… aber… du passt doch… ich meine… ihr passt auf… auf m-mich… auf… j-ja?“ wimmere ich und streiche mir die Tränen weg und setze mich wieder auf. „ich geh… weil…“ ich kann das nicht beenden, da ich einfach keinen guten Grund dafür wüsste, aber als es dann anfängt zu regnen, habe ich einen… Anne würde nicht wollen, dass ich Krank werde. „Ich sollte gehen…“ beschließe ich. „Tschüss Anne, grüße Yigit von mir… ich geh dann… Tschüss..:“ sage ich und gehe los, Richtung Friedhof-Eingang. „Okay… Liam?“ verwirrt blicke ich mich um und bekomme leicht Angst. „LIAM?“ schreie ich deswegen und schon bekommt meine Stimme wieder ein zittern. „Liam?“ schluchze ich und lasse mich nun hier zu Boden fallen. „Wieso lassen mich immer alle alleine? Ich kann das nicht…“ schluchze ich und lasse mein Gesicht in meinen Händen verschwinden. Als ich aber dann das knacken der Äste höre gucke ich verängstigt durch die Gegend und erkenne die Schraffur einer Männlichen Gestalt, welche seine Hände in den Taschen versunken lassen hat und mit dem Kopf gen Boden gerichtet in meine Richtung kommt. Je näher der Mann kommt, desto deutlicher erkenne ich ihn und etwa als er 30Meter von mir entfernt ist, springe ich auf und renne auf ihn zu. Etwas verwirrt nimmt Liam mich in seine Arme, als er von mir überrumpelt wird. „Ich dachte…“ schluchze ich. „Das du… weg… bist.“ Beende ich den Satz und spüre wie er seine Arme enger um mich legt. „Nein, keine Angst, ich bleibt bei dir.“ Sagt er sanft und streicht mir vermutlich den Dreck aus den Haaren und Klammotten. „Komm, wir fahren.“ Beschließt er und leicht nicke ich. Dann spüre ich auch schon wie er meine Beine anhebt und mich trägt, obwohl ich mich am Anfang dagegen gewährt habe. „Ganz ruhig… ich bin doch da…“ sagt er immer wieder sanft und streicht mir über den Rücken, während er mich langsam ins Auto setzt und ich wimmernd wie ein Kleinkind, zu nichts fähig bin. ‚Mein Gott! Melodie! Jetzt reiße dich doch mal zusammen! ‘ peitscht mich meine innere Stimme aus. Also wische ich mit tapfer die Tränen weg und verscheuche Liams Hand, mit welcher er gerade dabei war, mich anzuschnallen. „Ich schaff das…“ schiefe ich und wische mir mit dem Jackenärmel, welcher zu Liams Jacke gehört, übers Gesicht um dieses zu trocknen. „Okay.“ Meint er und als ich das Klicken des Anschnaller‘s höre, wird auch neben mir die Autotür zugeknallt, sodass ich erschrocken zusammenzucke. „Okay. Melodie, wir fahren jetzt wieder ins Krankenhaus… dir scheint es gerade nicht ganz so gut zu gehen…“ meint er einfühlsam. „Danke…“ hauche ich und wende ihm dann mein Gesicht zu, wobei er weiterhin zur Straße guckt. „Wieso warst du weg?“ frage ich leise, aber mit fester Stimme. Ich bin nur deswegen so leise, da mich die Müdigkeit überkommt. „War bei einem Grab…“ gesteht er und fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. „Darf ich fragen?“ frage ich zaghaft. „Mach ruhig…“ meint er und scheint etwas niedergeschlagen. „Von wem… also wen… wer ist denn…“ irgendwie weiß ich nicht recht, wie ich das fragen soll, da ich weiß, dass solche Themen ziemlich… persönlich sind. „Ich war… bei meinen Eltern…“ meint er einfach, da er meine Verlorenheit zu erkennen scheint. „Oh…“ sage ich, da ich darauf nicht gefasst war. „Weißt du, ich würde dir jetzt mein Beileid aussprechen, aber ich kannte sie nicht und bei mir ist das so, dass ich immer denke, das die Leute die zu mir dies sagen innerlich bestimmt denken ‚Na lieber sie, als ich‘ also weiß ich nicht so wirklich, was ich jetzt sagen soll… tut mir leid…“ sage ich und Blicke auf meinen Schoß, wo ich auch meine ineinander verschränkten Hände drauf liegen habe. „Hey…“ sagt er dann sanft und plötzlich erscheint seine große starke Hand in meinem Blickfeld. „Ich verstehe was du meinst. Ich schaue in das Gesicht der Menschen und erkenne das gleiche, nur das manchmal noch Verlogenheit dabei war… du musst da nix zu sagen, du hast eigene Probleme.“ Sagt er leicht und umhüllt meine kleinen Hände mit seiner zur Hälfte. „Okay…“ sage ich und halte meinen Blick standhaft auf seiner Hand, welche mich etwas schockieren lässt. „Gut… ach, falls im Krankenhaus jemand nach deinem Kleid oder sonst was fragt. Ich habe dich da nur raus bekommen, weil ich irgendeinen Scheiß von Hochzeit geredet habe.“ Sagt er und nimmt die Hand von meinen und legt sie auf diesen… wie nennt man das eigentlich? Diesen Knüppel oder was auch immer… naja, egal. „Was?“ frage ich, nachdem ich kurz den Kopf geschüttelt habe und versucht habe zu verstehen was er mir da gerade sagt. „Du hast…“ beginne ich, jedoch unterbricht er mich. „Ich habe das gemacht, damit du da raus kannst, also bitte, mach mir keine Vorwürfe, ich meinte es nur gut…“ versucht er es zaghaft. „Okay… ich wollte ja nur… also… wie kamst du bitte auf dieses Thema?“ frage ich verwundert. „Als ich den Ehering der alten Dame gesehen habe… ja, da ist mir die Idee gekommen.“ Berichtet er mir und schenkt mir ein schüchternes Lächeln. „Ach so. Okay. Du Liam… darf ich dich etwas fragen?“ frage ich ihn und könnte mich selbst verfluchen. ‚Wenn er jetzt ja sagt, und ich dies frage, denkt er ja, ich will was von ihm! ‘ schwirrt er mir im Kopf herum. „Ja klar, fragt einfach.“ Lächelt er. „Hast du eine Freundin?“ frage ich leise und ernte seinen Blick, welcher mir seine Gedanken und Gefühle verrät! Mist!

Melodies nicht ganz so melodisches Leben 1.  - Liam und MelodieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt