Kapitel 37
Lächelnd blicke ich ihn an. Schon wunderlich, das ich ihn gestern noch… ach nein, ich lag ja schon zwei Tage im Krankenhaus… also das ich ihn vor meinem Krankenhaus Aufenthalt noch gehasst habe und jetzt nicht möchte das er weg geht. Okay, vielleicht will ich ihn auch nur in meiner Nähe weil ich gerade einfach jemanden brauche und er da ist. Er scheint in Gedanken zu sein, da er vorhin nichts auf meine Frage, ob er weiß wo ich gewohnt habe, geantwortet hat.
Nach einer verdammt langen Zeit, was mir vorkam wie 10Stunden, kommen wir an meinem alten Haus an. Langsam steige ich aus dem Auto aus. Wieder diese Gegend ist ja schon ein wenig erschütternd. Was ich hier alles erlebt habe, also eher negatives als positives. „hey, alles okay?“ vernehme ich die sanfte Stimme Liams neben mir. Zaghaft nicke ich und wische mir die einzelne Träne von der Wange. Als ich spüre, wie er mir seinen Arm um die Schulter legt, schmiege ich mich ehrlich gesagt schon an ihn. „Komm, wir gehen, ja?“ fragt er mich und nickend laufe ich los, er neben mir auch. „Wo gehen wir hin?“ fragt er nach einer kurzen Zeit. „Erst zur Wiese, ja?“ frage ich und lächel ihn zaghaft an und vernehme sein nicken. Gemeinsam schlendern wir also die Straßen lang, während er immer noch seinen Arm um meine Schulter gelegt hat. „Darf ich dich etwas fragen?“ frage ich ihn und erwartungsvoll sieht er mich an. „Wieso bist du so nett zu mir? Ich meine, ich war nicht gerade… ja ich war halt ziemlich doof zu dir und trotzdem bleibst du jetzt bei mir, obwohl Yigit nichts mehr machen könnte, wenn du einfach abhaust…“ spreche ich das letzte eher traurig aus. „Das ist für mich nicht wichtig. Nur weil er nicht mehr da ist, werde ich dich jetzt nicht fallen lassen. Es wäre sein Wunsch, das wenigstens ich bei dir bleibe.“ Sagt er sanft und zieht mich noch ein wenig mehr an sich. „Danke…“ flüstere ich und sehe mit einem traurigen Lächeln zu ihm hoch. „Nicht dafür.“ Sagt er. Dann laufen wir still schweigend nebeneinander her. „warst du schon mal in Berlin?“ frage ich ihn, einfach, um die Stille zu unterbrechen. „Ich habe früher hier gelebt…“ sagt er leise. „Wieso bist du umgezogen?“ frage ich neugierig. „Ehm… das hatte Private Gründe, über die ich jetzt nicht mit dir reden will, ja?“ meint er. „Ehm… ja okay, sorry. Ich wollte dir nicht zu nahe treten…“ meine ich niedergeschlagen. Ja, ich hätte es schon gerne gewusst, aber es ist verständlich, dass er dem kleinen nervigen Mädchen nix erzählen will. Dumm finde ich nur, dass er ja auch alles über mich weiß, ohne, dass ich das will! „Was weißt du alles über mich?“ frage ich ihn deshalb. „Ehm… vieles, wenn ich ehrlich bin. Olli hat früher immer von dir geredet und Maik hat irgendwann auch angefangen und dann hat Yigit dich gefunden und hat mir anvertraut, was er weiß.“ Berichtet er. „okay… also weißt du auch, wie es mir hier ging und weshalb ich mit zu Yigit bin?“ frage ich. „Ja, du wurdest hier… gemobbt und dein Vater hat dich raus geschmissen, weil ein Arzt gesagt hat, dass du schwanger wärst. Ich finde nur, das sich wenigstens Ärzte keine Fehler erlauben sollten, ich meine, nur weil der eine Akte vertauscht hat, wurdest du raus geschmissen, was soll der Scheiß?“ sagt er und das letzte sogar zischend. „Hm… aber auch Ärzte sind nur Menschen. Natürlich sind ihre Fehler meist Schlimmer als wenn ein MC Donalds Mitarbeiter einen falschen Burger verkauft, aber Menschen machen Fehler und ich kann es nicht ändern.“ Sage ich ehrlich und mit leiser Stimme. „Ja… ich weiß. Menschen machen Fehler und keiner ist perfekt. Aber man darf doch wenigstens von seinem Arzt erwarten, dass er dir nicht, als 17jährige, vermutlich noch Jungfrau, erzählt, das du schwanger sein sollst, also ich bitte dich.“ Zischt er und mir steigt die röte ins Gesicht. Das war schon immer so. Ich kann mit dem anderen Geschlecht einfach nicht über Sex reden, besonders schlimm war es in der Schule! Als ich einen Vortrag über den weiblichen Körper machen musste und meine Klassenkameraden schon gelacht haben, bevor ich anfangen konnte, da ich doppelt so rot wie eine Tomate war. „Wieso wirst du da jetzt so rot?“ unterbricht Liam meine Gedanken. „Habe nur an etwas gedacht…“ stottere ich. „Darf man fragen an was?“ fragt er mich und ich schüttle den Kopf. „Okay.“ Sagt er dann und nun umhüllt uns wieder die Stille. Wir laufen wirklich noch lange still schweigend nebeneinander, als plötzlich mein Name geschrien wird und ich mich fragend umblicke. „Da drüben.“ Sagt Liam dann und zeigt auf die gegenüberliegende Straßenseite. Xenia! „Eine Freundin von dir?“ fragt er lächelnd doch mein Blick verdüstert sich und ich schüttle einfach nur den Kopf. „wer dann?“ fragt er mich verwundert. „Musst du nicht kennen.“ Zische ich. „Melodie Schätzchen, ach wie sehr ich dich vermisst habe!“ kreischt sie übertrieben hoch und kommt auf uns zugetakelt. Dann schupst sie Liam plötzlich ein wenig von mir weg und schließt mich in die Arme. „Was ist denn bei dir falsch gelaufen. Pack mich nicht an du Schlampe.“ Zische ich und stoße sie grob von mir weg, so dass sie auf ihren 20cm Absatz-Schuhen ins Stolpern gerät. „Kein neues Opfer gefunden oder wieso die Freude mich wieder zu sehen?“ zicke ich sie dann an. Ja, Xenia war eine der Anführerinnen der Schulschlampen meiner Schule. „Pf. Du bist so lustig, wir waren doch immer SOO gut befreundet!“ kichert sie hässlich. „Und wer is dein hübscher Freund da?“ fragt sie dann und dreht sich eine Locke um den Finger und nun macht es bei mir ‚Klick‘! Sie möchte etwas von Liam und denkt, dass sie dies durch mich hinbekommt. „Ich heiße Xenia und du, hübscher?“ fragt sie und drückt ihren Busen noch weiter vor, wenn das überhaupt noch möglich ist. „Kleine, ich fang nix mit Schlampen an, also husch, husch. Verpiss dich mal. Komm Mel.“ Sagt Liam aber einfach, legt wieder den Arm über mich und zieht mich hinter sich her. „Melodie müsste meine Nummer haben, ruf an!“ kreischt sie uns dann hinterher. „okay, die ist verrückt. Sind hier alle so billig?“ fragt er mich. „Naja… ich bin ganz normal, glaube ich…“ sage ich lächelnd. „Dazu sage ich lieber nix.“ Lacht er und blickt auf mich runter. „Hey, ich fühle mich leicht gemobbt.“ Schmolle ich und schlage ihn in seine Seite. „Aua…“ schmollt er und nun lache ich. „Okay, genug geschmollt.“ Grinst er und zustimmend nicke ich. „Wie lang brauchen wir noch zu der Wiese?“ fragt er mich. „Dauert nicht mehr lange… glaube ich.“ Sage ich und muss grübeln. Ich habe früher immer etwa 10-20minuten gebraucht und jetzt bin ich größer, laufe schneller. Wir müssen gleich links, dann irgendwann rechts und dann immer geradeaus, dann ist man schon da. Die Wiese ist kleine und gehört eigentlich zu Privatem Grundstück, aber ich wurde noch nie erwischt und es ist auf einem, sage ich mal, ‚Berg‘. Es sieht dort wirklich wunderschön aus! Als kleines Kind haben ich und meine Brüder dort immer fangen gespielt und Anne und Baba saßen am Wasser. Denn dort in der Nähe ist eine Art Strand und das gehört nicht zu dem Grundstück. „Okay, hier links.“ Sage ich und wir biegen in die Nebenstraße ein, welche ich als kleines Kind immer gruselig fand. Ich weiß nicht wieso, aber früher habe ich mich immer in Baris Abis Armen versteckt und heute rutsche ich ein wenig näher an Liam ran, welcher mich dabei stumm beobachtet. Als dann auch noch der Wind anfängt zu wehen ist es aus mit mir und ich friere wie eine Idiotin, außerdem bekomme ich irre Gänsehaut. „Willst du meine Jacke?“ fragt mich Liam lieb. „nein…“ stottere ich. „geht schon.“ zitternd reibe ich aber trotzdem meine Hände an den Armen. „Du bist so schlimm.“ Haucht mir Liam ins Ohr und jagt mir damit einen Schauer über den Rücken. Dann nimmt er den Arm von mir und ich fühle mich irgendwie verlassen…! Aber dann nimmt er erst meinen rechten und steckt ihn in einen Ärmel, dann den linken Arm und steckt ihn in den linken Ärmel, zieht die Jacke zu und legt, zu meinem Glück, den Arm wieder um meine Schulter und zieht mich an sich. „ist dir nicht kalt?“ flüstere ich, als ich seine nackten Oberarme sehe. „Nicht wirklich.“ Sagt er sanft und fährt mir einmal durch die Haare. „Okay, wir müssen hier gleich rechts.“ Informiere ich ihn. „Okay.“ Sagt er und jetzt begeben wir uns auf einen Sandweg.
Früher, als es immer geregnet hat, haben meine Brüder mich geärgert, weil ich meine weißen Stiefel anhatte und die Jungs mir nicht sagen wollten, dass ich mir diese schmutzig mache, wenn ich durch den Motter laufe. Ich war noch recht jung, ich glaube 5jahre alt und wusste dementsprechend nicht, dass Motter nicht gut für weiße Stiefel ist. Also sind wir vier am späten Nachmittag los und dann kamen wir hier an und ich habe mich beleidigt in den Boden gesetzt, weil ich bemerkt habe, dass die Schuhe der Jungs schmutzig werden. Doch wenn ich mich jetzt daran erinnere, kann ich nur lächelnd zurück denken und muss sagen, meine Brüder WAREN mal so unglaublich liebevoll! Denn Baris Abi kam auf mich zu und hat mir die, mittlerweile im Wasserfall fließenden Tränen, weggewischt. „Hey Prinzessin. Ist doch alles gut. Komm, ich trage dich, ja?“ sagt er und streichelt meine Haare. Aufgeregt nicke ich und schenke ihm ein trauriges Lächeln. „Abi?“ frage ich, als er gerade die ersten Schritte mit mir auf dem Rücken macht. „Ja Prinzessin?“ fragt er. „Du bist der beste große Bruder der Welt!“ grinse ich.
Von wegen. Hätte ich gewusst, wie er wirklich ist, wäre ich abgehauen, genau wie Yigit! Allah will mich testen, oder bestrafen, nur weiß ich bei letzterem nicht, wieso. Ich habe drei große Brüder, wovon zwei Herzlose Menschen sind, wie ich feststellen musste. Burak Abi ist einfach abgehauen, glaube ich, denn so hat es sich angehört, als Yigit mit mir auf der Wiese gesprochen hat. Wieso musste das passieren? Ich habe Yigit Abi doch gerade erst bekommen, wieso nimmt Allah ihn mir weg? Ohne, das ich mich verabschieden konnte? Wieso hat Yigit mir auf die Wiese denn nicht die Chance gegeben? Er hätte es mir sagen sollen! Aber dann hätte er mir seine wichtigen Themen nicht sagen können! Aber ich hätte mich gerne Entschuldigt! Ich hätte ihn wenigstens gerne verabschiedet. Nur ein einfaches ‚lebe wohl‘ oder diese dramatischen enden ‚verlasse mich nicht‘ ich will doch nur, dass er weiß, dass ich ihn brauche, das er bemerkt, wie wichtig er mir immer sein wird. Wieso er? Allah ich sterbe. Ich sterbe innerlich, weil du mir den einzigen richtigen halt aus meinem Leben, einfach genommen hast. Ich war nicht fair zu Liam, ich habe Menschen angeschossen, aber nie etwas Schlimmeres! Wieso kommen Mörder, Kinderschänder oder Diebe ins Gefängnis und haben trotzdem erlaubten Kontakt zu ihrer Familie zu haben. Nach vielen Jahren leben sie wieder draußen, auf freiem Fuß, mit ihren geliebten! Allah nimmt ihnen keinen Menschen weg, weil Allah gutmütig ist und unschuldige nicht einfach zu sich nimmt. Aber mein Abi war mir wichtig, mein Abi war mein Leben! Auch, wenn ich ihn kaum kannte, ist er mir verdammt ans Herz gewachsen! Ist das überhaupt möglich?
„Melodie?“ vernehme ich Liams sanfte Stimme ganz nah an meinem Ohr und kurz darauf streichen mir zwei Daumen Tränen aus dem Gesicht. Etwas verloren fasse auch ich mir an die Wangen und spüre die Feuchtigkeit, welche sich darauf angesammelt hat. Ebenfalls bemerke ich, wie ich stehen geblieben bin und vor mir jemand steht. Würde ich meinen Kopf heben, müsste ich in das Gesicht Liams sehen und das will ich nicht, weshalb ich meinen Blick auf seine Brust hefte. „An was hast du gedacht?“ fragt er sanft und hebt meinen Kopf. „Ja… alles okay.“ Sage ich und blicke in seine dunkeln Augen. Sie blicken mich so fürsorglich an, wie ich es einmal von Yigit Abi wurde und versetzen mich in eine Art Trance. Ich habe das Gefühl in seinen Augen zu versinken, unter zu gehen. Wieso verzaubern mich diese schwarzen Augen so? Wie kann ein Mann bloß solche gefährlich aussehenden Augen haben, welche dann so fürsorglich blicken? Das ist nicht normal, ich fühle mich so komisch. Als würde man mir den Boden unter den Füßen weg nehmen, als würde man ihn weg ziehen und ich falle, in ein endlos langes schwarzes Loch, welches seinen Augen ähnelt. Als er plötzlich seinen Kopf leicht schüttelt, als würde auch er in einer Art Trance gefangen gewesen sein, lösen sich auch meine Augen von seinen. Ich komme wieder ins hier und jetzt und sehe einen verwirrt blickenden Liam an. „alles okay?“ frage ich leise, um vor der Situation fliehen zu können.
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und weil ihr so lange warten musstet.. (sorry).. poste ich jetzt auch direkt das nächste Kapitel:*
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Melodies nicht ganz so melodisches Leben 1. - Liam und Melodie
Ficțiune adolescențiKlappentext. Melodie ist 17Jahre alt und zieht mit ihrem Vater, ihren Brüdern und Chlová, dem so liebevoll genannten Stiefmonster, um. In der neuen Stadt erwarten sie zuerst freudige Überraschungen, neue Freundschaften, alte Freundschaften und (viel...