✴️Logbuch 7✴️

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"Aber trotz seinem furchteinflößenden Auftreten ist Mingi wirklich niedlich und liebevoll", endete ich leicht lächelnd, während ich den Blauhaarigen beobachtete, wie er spielerisch mit dem Besen das Deck putzte. Ja, wenn er in Rage geriet und ausrastete, konnte er zwar wirklich gefährlich werden, aber ansonsten war er einer der freundlichsten und liebenswürdigsten Piraten, die ich nur kannte. Wie ein großes Baby, das gelegentlich mal Hilfe von Jongho brauchte, da der Jüngere trotz dessen, dass er kleiner war, dennoch stärker war und mehr Lasten tragen konnte. Er war ebenfalls wie ein Baby in seinem friedlichen Zustand und dadurch war es nicht verwunderlich, dass die beiden sich schnell angefreundet hatten.

Yeosang allerdings schwieg auf meine Worte hin. Sein Blick lag wieder auf dem Wasser und er schien über das, was ich gesagt hatte, nachzudenken. Ich ließ es schweigend geschehen und schaute mich stattdessen selbst um, während ich in meinem Kopf nachzählte, ob ich bereits von allen erzählt hatte. Hm... ich hatte Seonghwa, Jongho, Wooyoung, San, Yunho, Mingi... fehlte also nur noch einer.

"Ich nehme an, ihn hast du als letztes aufgenommen", erklang auf einmal Yeosangs Stimme. Sogleich sah ich fragend zu ihm und stellte fest, dass er auf Hongjoong deutete, der noch immer am Steuerrad stand und aktuell die Führung übernommen hatte. Zustimmend nickte ich und betrachtete den Dunkelblonden für einen Moment. Er trug neben mir die meiste Verantwortung auf dem Schiff und half mir dadurch wirklich. Schließlich kannte er sich mit diesem Posten aus, ebenso wie mit einem Schiff.

"Ja, habe ich", stimmte ich Yeosang zu. Aufmerksam sah ich wieder zu ihm und musterte ihn, wollte wissen, wieso er das fragte. Und lange musste ich zum Glück nicht auf eine Antwort warten. "Und er ist trotzdem der zweite Captain geworden?"

"Das war die einzige Chance, wie ich ihn zum Anschließen überreden konnte. Zudem weiß er, was er tut", erläuterte ich meine Entscheidung. Nebenher richtete ich meinen Mantel und die Gürtel daran, da diese verrutscht waren, was der Junge neben mir beobachtete. Ich ließ es einfach unkommentiert; sein skeptischer Blick hingegen forderte mich dazu auf, zu begründen, wieso ich so dachte.

"Okay, lass mich dir von der letzten Aufnahme, die vor dir stattgefunden hat, erzählen, dann verstehst du es...

Seit einigen Wochen bin ich mit meiner Mannschaft auf hoher See gewesen. Ich lehrte sie alles, was sie wissen mussten und drängte sie dazu, ihre Kampfkünste zu verbessern und miteinander klarzukommen. Sie sollten lernen, sich zu vertrauen, wir hielten von fremden Schiffen solange Abstand und ich galt als ihr Ansprechpartner für alles.

Mit der Zeit ist das wirklich anstrengend geworden.

Yunho hat zwar das Kochen übernommen und Wooyoung, San und Mingi kannten sich einigermaßen aus, aber trotzdem haben sie mich alle sehr auf Trab gehalten. Kurz gesagt: Ich habe nicht daran geglaubt, dass diese Crew lange überstehen würde. Viel zu viel musste ich sie lehren, ohne jemanden bei mir zu haben, der mir dabei zur Hand ging und mich unterstützte.

Und dann eines Tages tauchte auf einmal ein Schiff hinter einem aus dem Wasser ragenden, unbewachsenen Felsen auf und griff uns völlig überraschend an.

Meine Stimme hat stark darunter gelitten, den Jungs Befehle zuzurufen und Verteidigung zu leisten. Das gegnerische Schiff war aber nicht viel größer als unseres, die Mannschaft kleiner und allgemein schienen sie angeschlagen zu sein. ›AB6IX‹ stand auf ihrer roten Flagge, die sie gehisst haben, bevor sie mit lauten Kampfgebrüll auf unser Schiff hinübersprangen und sich mit uns anlegten. Chaos brach aus und ich sah mich dazu gezwungen, Seonghwa das Steuer zu überlassen und selbst zu kämpfen. Sie hatten ihr Schiff mithilfe von Haken, die an einem langen Seil befestigt waren, an unserem Schiff angelegt, sodass wir nicht fliehen oder einen Rückzieher starten konnten. Meine Jungs halfen mir, gegen sie einzustehen und obwohl unsere Gegner heimtückische Tricks auf Lager hatten, wodurch meine Jungs teilweise verletzt wurden, gelang es uns letzten Endes, sie zu besiegen und zu töten. Ihnen hat zur Wahl gestanden, aufzugeben und zu flüchten, jedoch wollten sie bis zum bitteren Tode kämpfen und der Wille eines Piraten muss immer eingehalten werden.

Nach unserem Sieg sind wir selbst auf das andere Schiff geklettert, um mitzunehmen, was wir brauchen konnten. Vorsichtshalber hatten wir den Anker heruntergelassen, damit wir uns nicht stressen lassen konnten, und erkundeten dann neugierig den fremden Frachtraum. Meine Jungs ließen Nahrung, Waffen, Kanonenkugeln, Munition und wertvolle Gegenstände mitgehen, ich hingegen sah mich weiter um, bis ich auf einmal ein leises Fingertrommeln vernahm und die Zellen des Schiffes entdeckte. Doch der dortige Insasse ließ mir den Atem stocken.

Ich kannte den Piraten, der dort hinter den Zellen saß. Sein markanter Hut, den er über sein Gesicht gezogen hat und den er nun langsam anhob, habe ich nicht das erste Mal gesehen und wie erstarrt blieb ich stehen. Schweigend sah mich der Captain an, sagte nichts, sondern musterte mich bloß. Und das solange, bis ich mich schließlich zum Sprechen überwand und seinen Namen aussprach.

»Kim Hongjoong? Was ist mit dir passiert?« Ich hatte jeglichen Grund, Spott in meine Stimme zu legen, aber ich tat es nicht. Wir kannten uns, er war ein wirklich guter Captain, der mein Schiff fast zweimal versenkt hätte. Das erste Mal musste ich damals auf meine Insel zurückkehren, auf der ich dann wieder festsaß, während wir es das zweite Mal knapp geschafft haben, zu entkommen. Dass er aber selbst nun verloren hatte und deswegen in einer Zelle saß, erschien mir wie ein wahres Wunder. Zumal er der Einzige war... seine gesamte Crew fehlte.

Sie sind allesamt ermordet worden.

»Lach mich ruhig aus, Sohyun. Du hast es dir verdient«, meinte er nur kühl zu mir und wollte bereits seinen Hut wieder über sein Gesicht ziehen, doch mit einem überraschend lauten »Nein!« meinerseits hielt ich ihn davon ab. Fragend hob er eine Augenbraue, schien nicht sehr begeistert von mir zu sein, aber das war mir egal.

»Schließ dich uns an, Hongjoong.« Ich brauchte ihn und seine Fähigkeiten. Und das totz früherer Konkurrenz, denn jetzt war er besiegt und allein und wir waren seine Retter.

»Wieso solltest du das wollen?« Er glaubte mir nicht. Das ist mir irgendwo klar gewesen.

»Du bist ein wirklich guter Pirat. Wir brauchen dich.«

Noch immer nichts.

»Wer ist der Captain?«

»Ich.«

»Frauen an Board bringen Unglück.« Wie oft er diesen Satz schon gesagt und mir unter dir Nase gerieben hat! Ja, vielleicht mochte es stimmen, aber das bedeutete nichts. Davon ließ ich mich nicht unterkriegen.

»Mir egal.«

Standfest starrte ich Hongjoong tief in die Augen. Entschlossenheit und Überzeugung lagen in meinem Blick, ich würde nicht eher ruhen, bis er sich uns angeschlossen hat. Das merkte er natürlich. Und es nervte ihn, wie ich anhand seines Augenrolles erkennen konnte. Es nervte ihn so sehr, dass er seinen Widerstand letztlich aufgab und erkannte, dass es keine andere Chance für ihn gab.

»Na gut, du hast gewonnen. Aber nur, wenn ich der zweite Captain werde.«"

Pirate King - The Lost Treasure [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt