Immer noch starrte ich gebannt auf den Display meines Handys, während ich es in meinen zitternden Händen hielt. Rangehen? Nicht rangehen? Diese zwei Fragen brannten in meinem Kopf wie Feuer, und mir wurde ganz heiß vor Aufregung. Meine Hände fingen an zu schwitzen, und ich hatte Angst mein Telefon fallen zu lassen. Ehe ich noch einmal darüber nachdenken konnte, schlug mein Finger gegen den Display, und nahm somit den Anruf an. Meine Hand zitterte wie verrückt, als ich sie zu meinem Ohr führte.
„Beca?“ Fragte die Stimme, die ich so liebte wie nichts anderes. Ryans Stimme wieder zu hören, war so überwältigend, dass mein ganzer Körper abrupt von einer Gänsehaut überzogen wurde. Ich wollte antworten, doch mein Hals war wie zugeschnürt. Ich merkte wie mir heiße Tränen über die Wange liefen, und ich anfing zu schluchzen.
„Beca? Hey... weinst du?!“ Fragte er sanft und wartete auf meine Antwort. Doch anstatt etwas zu erwidern, weinte ich nur noch mehr los. Ich weiß auch nicht, aber ich war gerade einfach überfordert. Und die einzige für mich plausible Reaktion war gerade einfach los zu lassen, und meinen Tränen freien Lauf zu geben.
„Shh, es ist doch alles gut. Ist es... Ist es wegen mir?“ Flüsterte er beinahe in den Hörer. Ob es wegen ihm ist?! Ist das sein verdammter Ernst?
„Wegen wem denn sonst?!“ Zischte ich aufgelöst und war selbst erstaunt wegen meinem scharfen Ton. Ich war gerade nur so verzweifelt, traurig und... wütend! Er ruft mich nach 4 Monaten einfach so an, behauptet es wäre alles gut, und fragt ob ich wegen ihm weine. Ja klar Ryan, es ist alles gut! Du hast mich nur einfach so von heute auf morgen verlassen, ich mache mir seit 4 Monaten Sorgen um dich, bin deshalb in eine kriminelle Gang eingetreten, und mein Vater hat mich und Mom verlassen. Ja, alles ist gut!
„Es tut mir leid...“ Fing er leise an, und ich glaubte ihm erstaunlicher Weise wirklich. Er sprach es mit so einem Gefühl in der Stimme aus, dass er es nur ehrlich meinen konnte. Hoffnung baute sich in mir auf. Vielleicht kommt er wieder zurück? Vielleicht werden wir wieder zusammen glücklich?
„Warte, eigentlich ist es mir egal. Ich wollte dir nur sagen, dass du endlich aufhören sollst, die Polizei nach mir suchen zu lassen. Ich bin weg, sehe es ein! Am besten löschst du auch gleich meine Nummer.“ Sagte er mir knall hart. Verdutzt hielt ich den Atem an. Meinte er das ernst? Gerade hatte er doch noch gesagt, es täte ihm leid... Wie kann er mir das nur so direkt sagen?
„M-meinst du das ernst?“ Fragte ich ihn mit zitternder Stimme. Bitte sag nein!
„Ja.“ Entgegnete er kalt. Okay Beca, bleib stark! Er meint das alles nicht so, schließlich hat er dich mal geliebt. So kann man nicht mit jemandem reden, dem man mal sein Herz geschenkt hat. Und da schoss es mir wieder in den Kopf. Hatte er es überhaupt mal? Mich geliebt? Jetzt ist meine Chance, ihn zu fragen. Vielleicht werden wir nie mehr von einander hören, da muss ich diese Gelegenheit nutzen, auch wenn ich glaube, dass es besser wäre, es nicht zu wissen.
„Okay... Aber beantworte mir bitte nur diese eine Frage, danach lasse ich dich für immer in Ruhe. Hast du mich jemals geliebt?“ Fragte ich bibbernd und hatte Angst vor der Antwort. Bitte sag ja. Zerstöre meine letzte Hoffnung nicht. Breche mein Herz nicht komplett. Er machte eine lange, unerträgliche Pause, bevor er mir endlich antwortete. Nach einem tiefen Atemzug, sagte er es mir. Einfach so.
„Nein.“ Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht, und ein riesiger Heulschwall ergriff mich, als ich ein Tuten vernahm. Er hatte aufgelegt, mein Herz gebrochen und meine kleine Welt zerstört. Erneut.
So würde es ausgehen, und das hätte ich nicht verkraftet. Also schaltete ich den Ton meines Handys aus und ließ es einfach weiter klingeln. Später werde ich es bereuen, doch ich kann gerade einfach nicht mehr ertragen. Nicht heute. Seufzend legte ich das Handy wieder in die Tasche und schlüpfte dann unter meine warme Bettdecke. Hätte ich doch rangehen sollen? Ich schüttelte den Kopf und sah auf den Boden. Ich wette, das war sowieso nicht wirklich Ryan. Ich meine, wieso sollte er mich anrufen? Es gibt keinen Grund, also war er es auch nicht.
Ryan P.O.V.
Sie ging nicht ran. Sie ging einfach nicht ran! Etwas wütend schmiss ich das Telefon auf die Rückbank des Autos, und stieg aus um mal frische Luft zu schnappen. Die Nacht mussten wir gestern wirklich im Auto verbringen. Dementsprechend habe ich heute Verspannungen am ganzen Körper. Damit uns niemand bemerkt, sind wir tief in den Wald gefahren und campieren jetzt hier. Es war riskant, hier hin zu kommen, da der Wald nicht weit von zu Hause ist. Ich frage mich wirklich, wieso sie nicht ran gegangen ist. Vielleicht hasst sie mich mittlerweile, und ich könnte es ihr nicht mal verübeln. Ich weiß, dass ich ein Arsch war, oder eben auch noch einer bin, aber das Gefühl, dass sie mich nicht mehr lieben könnte, macht mich irgendwie traurig. Vielleicht war es besser, dass sie nicht ran gegangen ist. Was wollte ich ihr überhaupt sagen? Ich denke, ich wollte einfach nur ihre Stimme hören... Aber es war eine Schnapsidee! Sie ist im Internat, da darf man eventuell gar keine Handys haben? Moment, sie ist im Internat! Nicht zu Hause, wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen? Schnell sah ich mich nach den anderen um und rief sie zusammen.
„Leute, packt eure Sachen! Wir fahren weiter.“ Informierte ich sie und stieg wieder in mein Auto. Als alle fertig waren, fuhr ich mit quietschenden Reifen los, die Landstraße geradeaus.
Was denkt ihr, wo er hinfährt?? Ins Internat, nach Hause oder vielleicht auch einfach nur zur Lagerhalle? Ich hoffe euch hat das Kapi gefallen, und es tut mir leid das es so kurz ist, aber mehr habe ich heute nicht geschafft.
~bluerose68