Ihr stellt euch jetzt bestimmt vor, dass ich tot bin. Heldenhaft gestorben, um zwei Kindern das Leben zu retten. Ja, ich war im kritischen Zustand. Ich bekam nichts von der Außenwelt mit, aber ich spürte, wie die Kraft meine Adern verließ und mein Blut wieder rot wurde. Mein Herz schmerzte mit jedem Schlag und mein Kopf tat höllisch weh. Ich war allein in meiner Finsternis.
„Hallo, mein Held.“, ertönte es hinter mir. „Welch unerwartete Überraschung, dich hier so früh zu finden.“
Ich drehte mich um und erkannte Mallus. Er trug wieder seinen Mantel und die Hose. Er saß auf einem Plastikstuhl und genoss einen Bucket von… KFC?
„Wo bin ich?“, fragte ich und schaute mich um. Nur Dunkelheit. Über uns schwebte ein lila Mond. „Was ist geschehen?“
„Ach, du bist fast tot.“, sagte Mallus, welcher ein Hähnchenschenkel verdrückte und sich dann die Finger abschleckte. „Aber keine Sorge, du wirst wahrscheinlich nicht sterben.“
Mein Herz rutschte mir zum Hosenbein raus. Ich wurde mir erst jetzt meiner Lage bewusst. Natürlich hatten die Kräfte einen Haken, was auch sonst?
„Bin ich im… Jenseits?“, fragte ich ungläubig. Das alles entsprach nicht gerade meiner Vorstellung. „Irgendwie nicht so schick.“
Mallus lachte, stand auf und ging auf mich zu.
„Wir sind nicht im Jenseits.“, entgegnete er und warf den Eimer weg. „Wir sind in deinem Kopf.“
„Wie meinst du das?“, fragte ich entsetzt.
„Einfach. Ich bin der Schöpfer der Menschen. Ich denke mal ich kann in deinen Kopf soeben rein, oder?“, antwortete er. „Was meinst du, wie ich an dieses köstliche Essen gekommen bin? Vergess nicht, ich bin in meine Welt verbannt worden. Ich esse das, weil es in deiner Erinnerung ist.“
„Ist das nicht irgendwie die Verletzung der Privatsphäre?“, fragte ich überrascht.
„Ich denke mal, das ist im Anbetracht deiner Situation nebensächlich.“, gab er zurück. Dann winkte er mit der Hand. „Ich habe gesehen, dass du die Kraft des Chaos entdeckt hast.“
Es schossen Bilder vom Lila Blut und meinem Schattenkrieger in meinen Kopf.
„Das war…-.“, stammelte ich, aber Mallus unterbrach mich.
„Ja, das war die Macht des Chaos.“, sagte er und fasste mich an der Schulter. „Ich war echt überrascht zu sehen, dass du die Sache mit dem Chaos so draufhast. Bist ein wahres Naturtalent Kind.“
„Nenne mich nicht so.“, murmelte ich. Dann formte sich eine Frage in meinem Kopf. „Wie funktioniert das Chaos? Oder generell die Kräfte der Schöpfer? Zeit habe ich inzwischen geschnallt. Aber Raum, Leben und jetzt Chaos… ich verstehe sie einfach nicht.“
„Ha! Scheint so, als ob du die richtige Erfahrung mit meiner Familie gemacht hast.“, lachte Mallus. „Ich kann dir leider nicht helfen, Spartiums, Tempas oder Vitas Kräfte zu nutzen. Das Chaos ist eher da, um diese auf den Kopf zu stellen, aber ich kann dir zumindest erklären, was meine Gabe an dich war.“
Ich nickte. Mallus schnipste und der Raum drehte sich. Plötzlich stand seinem Plastikstuhl ein Hocker gegenüber.
„Setz dich Sam.“, sagte er. „Wir werden einen Intensivkurs machen.“
Wir nahmen unsere Plätze ein und Mallus zauberte sich einen weiteren KFC-Bucket aus der Luft.
„Sam, ich habe eine Frage.“, sprach Mallus, als er den ersten Schenkel aus dem Bucket nahm. „Was ist das Chaos für dich?“
Ich überlegte nicht lange. „Das Chaos ist der Feind der Ordnung und nur durch Ordnung kann Gerechtigkeit und Leben entstehen.“
Da fing Mallus an zu lachen.
„Hmmm, ein interessanter Ansatz Sam.“, antwortete er, als er den ersten Schenkel verspeiste. „Aber leider stimmt dieser nicht ganz.“
„Und wie soll es dann sein?“, fragte ich.
„Also, zunächst musst du wissen, das Chaos etwas ist, zu dem alles im Universum neigt. Chaos ist überall. Du magst recht haben, dass Chaos das Gegenteil der Ordnung ist, aber ist es deswegen schlecht?“, fragte er rhetorisch. „Chaos lässt sich nicht bändigen. Es lässt sich nicht verbieten und es behandelt alle gleich, der Begriff der Gerechtigkeit. Ordnung, Ordnung ist leicht manipulierbar, was meinst du, warum meine Geschwister mich so hassen. Zudem ist das Chaos das Werkzeug, mit dem ich euch geschmiedet habe. Menschen sind die Wesen, die ich mit einer Verbindung zum Chaos geschaffen habe. Ihr neigt dazu, euch selbst auszulöschen. Ihr schmückt eure Welt mit Chaos, verdammt nochmal, ihr müsst euch anstrengen, um die Ordnung zu wahren.“
„Und was macht Chaos jetzt besser als Ordnung?“, fragte ich.
„Gar nichts.“, gab Mallus zurück. „Ihr Menschen braucht Ordnung so sehr, wie ihr das Chaos braucht. Ihr geht das ganze aber falsch an. Ihr akzeptiert nicht eure chaotische Seite, ihr probiert sie mit Ordnung und Disziplin zu verdrängen. Ich würde nur zu gerne sehen, wie ihr euch selbst verleugnet. Ich habe euch freien Willen gegeben, damit ihr das Chaos kanalisieren könnt, aber keiner von euch hat es gemeistert. Niemand hat sich je als würdig erwiesen, meinen Draht zum Chaos zu erhalten. Keiner außer du, denn dich zeichnet was aus, was kein anderes Wesen besitzt.“
„Ach ja, was?“, fragte ich lachend. „Ich bin nämlich nur ein Durchschnittsschüler.“
„Du redest dich selbst schlecht.“, entgegnete Mallus und legte den Eimer beiseite. „Das, was dich so unterscheidet, ist, dass du die Realität akzeptierst. Du hast keine Fähigkeit, aber dennoch hast du dein Ziel verfolgt. Du hattest den Willen und den Mut, ohne Kräfte, einfach nur den Verstand. Damit bist du auf die Welt losgegangen. Die Flamme des Willens, welche ich euch Menschen gab, brennt in dir hell. Deswegen finde ich, dass du würdig bist, das Chaos zu führen.“
„Das zeichnet mich aus?“, fragte ich scherzhaft. „Weil ich eine gigantische Schwäche hatte?“
„Ja. Ich habe dir gesagt, dass das Chaos fair ist. Du hast, im Gegensatz zu anderen keine Fähigkeit gehabt.“, sagte er. „Das stimmte leider nicht ganz. Deine Fähigkeit blieb verborgen. So gut versteckt, dass nicht einmal Spartium sie erkannte. Du hast sie aber immer an deiner Seite gehabt.“, sprach er. „Deine Eltern wussten es auch. Sie ahnten, was deine natürliche Fähigkeit ist. Ich habe dich als Säugling gewählt, weil ich spürte, dass du was Besonderes bist. Die Fähigkeiten, welche in jedem Wesen hausen, haben sie mir zu verdanken, als Zeichen des Chaos. Ich gab dir eine Gabe, die zu dir passt, eine, welche besser versteckt blieb, denn sie ist gefährlich, wenn sie falsch genutzt wird. Die Zerstörung.“
„Meine Fähigkeit, die, die du mir gabst, ist Zerstörung?“
„Ja, du bemerkst sie nur nicht, aber sie war immer bei dir.“, fuhr er fort. „Zerstörung kann nur durch einen Anstoß entstehen. Irgendeine Art von Emotion, dann nimmt sie ihren Lauf. Dabei gibt sie dir viel Kraft, mehr als du dir vorstellen kannst.“^
„Kannst du mir das irgendwie anders erklären?“, fragte ich. „Oder zumindest sagen, wie ich die Zerstörung kontrollieren kann?“
„Nein.“, lachte Mallus. „Aber ich stelle dir eine Gegenfrage: Wie hast du gelernt, eine Waffe zu führen, oder zu sprechen?“
„Durch ständiges Üben, Scheitern und erneutes Üben…“, murmelte ich. „Aber gibt es einen Trick?“
„Hmmmm…“, murmelte Mallus und kratzte sich das Kinn. „Dafür müsstest du deine Emotionen kontrollieren.“
„Das habe ich schon probiert!“, brüllte ich hysterisch. „Hat mich hierhergebracht!“
„Ja, aber du wurdest einfach nur wütend.“, entgegnete Mallus. „Noch frustrierter und wütender und deine Kraft würde die Atombombe von Nagasaki wie einen Chinaböller aussehen lassen und damit meine ich nicht die gefährlichen Dinger aus Polen.“
„Bitte was?!“, fuhr es aus mir heraus. „Was hast du mit mir gemacht?“
„Sam, ich weiß was auf dich zukommt.“, sprach Mallus mitfühlend. „Glaub mir, ich würde dir niemals diese Kraft geben, wenn du sie nicht dringend brauchst. Die Zerstörung gibt dir Kraft, damit du zum Beispiel die Naturgesetze weiter manipulieren kannst, aber es ist die Zerstörung, zu viel und du, als das Medium beider Kräfte, trägst fatalen Schaden davon. Deswegen empfehle ich dir, das Chaos ohne die anderen Kräfte zu verwenden.“
Ich nickte, aber dann merkte ich, wie Mallus langsam durchsichtig wurde.
„Ha! Scheint so, als wärst du doch nicht tot!“, jubelte er, dann festigte sich wieder seine Miene. „Sam, ich weiß, du bist vom Leben deiner Eltern sehr überrascht und glaubst viele Dinge nicht, aber eines will ich dir sagen, Claire und Adam sind stolz auf dich. Du bist besser als alles, was sie sich erträumen konnten. Ich spüre jetzt noch, wie deine Mutter weinte und dein Vater schrie.“
Ich war geschockt, aber eher ich etwas tun konnte, riss der Boden auf und ich fiel aus der Welt.
„Claire… Adam.“, murmelte ich. „Mom und Dad.“
Ich schoss nach oben und krachte durch eine Wasseroberfläche, dann war alles weiß. Ich wurde von einem grellen Licht geblendet. Dann foltge Getuschel. Ich war aufgewacht.
„Wo bin…?“, schrie ich, als Boreos kam und mich festhielt.
„Sam! Sam!“, rief er und griff meine Hände. „Ganz ruhig.“
„Was ist…?“, stammelte ich. „Wo bin ich hier?“
„Sam, verspreche mir, dass du nicht ausflippst.“, sagte Boreos ernst. „Du lagst 6 Monate im Koma.“
„Ich lag was?“, schrie ich. Mein Herz raste. War ich so lange weg? Kam mir nicht so vor. Ich wurde schwitzig. Dann schaute ich zu Boreos und sah, wie er sich vor Lachen nicht mehr halten konnte.
„Das, was Sie da tun, Herr Franklin…“, ertönte eine Stimme an der Tür. „…ist ziemlich gefährlich.“
Ein Arzt war reingekommen.
„Sie müssen Herr Gardner sein.“, begrüßte er mich. „Ich bin froh, dass es ihnen besser geht. Und was den Scherz von Herr Franklin anbelangt, seien sie beruhigt. Sie waren nur 6 Stunden lang im Koma.“
Ich starrte Boreos wütend an und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Was ist dann alles passiert?“, fragte ich. „Und viel wichtiger, wie geht es den Kindern? Haben die es geschafft?“
„Was die Kinder betrifft, so kann ich sagen, dass alle drei wohlauf sind.“, antwortete der Arzt. „Zu ihrer ersten Frage: Sie sind plötzlich, wie aus dem Nichts hier in der Notaufnahme erschienen. Sie sind, sowie man ihnen helfen konnte zusammengebrochen. Sie waren extrem schwach und aus ihrer Nase, Mund und sogar ihrem rechten Auge trat Blut. Zudem schienen Sie eine Blutvergiftung zu haben, denn ihre Venen waren nicht nur mit Blut gefüllt, aber bevor wir dieses näher untersuchen konnten, wurde das Blut wieder rot.“
„Fehlt mir ansonsten was?“, fragte ich.
„Nein. Ihre Vitalzeichen sind stabil.“, entgegnete der Arzt. „Aber ich würde ihnen trotzdem raten, noch eine Nacht zur Beobachtung hier zu bleiben.“
„Kann er leider nicht.“, fuhr Boreos rein. „Wir müssen heute noch weg. Nach Golganton, wenn Sie verstehen?“
„Ok, aber ich kann nicht verantworten, dass er am Test teilnimmt, in dieser Verfassung.“, antwortete der Arzt. Dann ging er zu einem Schrank und gab mir eine Box mit einem Roten Kreuz drauf. „Das ist eine Notfallbox. Im Fall, dass du wieder am Rande deiner Kräfte bist, nutze ihn.“, er gab mir die Box. „Und nun muss ich die Entlassungspapiere holen Gentlemen.“
![](https://img.wattpad.com/cover/191472412-288-k47848.jpg)
DU LIEST GERADE
Sam Gardner Das Tor der Ewigkeit
FantasyMeine erste Geschichte. Hoffe es gefällt euch. Bitte schreibt in die Kommentare Verbesserungen.