„Bitte, lassen Sie ihn noch etwas ausruhen!", versucht der Doktor die verzweifelte Frau aufzuhalten.
Die fünfzigjährige Frau mit langen blond grauen Haar und kackgrüne Augen läuft eilig den weißen Flur des Krankenhauses entlang, indem ihre hohen Stöckelschuhe laut auf dem Boden klopfen. Plötzlich bleibt sie abrupt vor einer großen hellblauen Tür stehen, wo die Nummer 56 steht. Sie schaut den Doktor frustriert an, der ihr hinterher rennt. Keuchend bleibt er vor ihr stehen.
„Was ist mit ihm passiert?", fragt die Frau mit glasigen Augen.
„Wie alt ist Ihr Sohn denn eigentlich?", fragt der Doktor, der seine Brille weit nach vorne schiebt. Die Frau schluckt den dicken Kloß, der sich in ihren Hals gebildet hat und versucht ihre Tränen zu unterdrücken, „Er müsste jetzt 27 sein", antwortet die Frau mit einer brüchigen Stimme. Was verheimlicht der Doktor von ihr? Wieso lässt er sie nicht ihren Sohn sehen?
Der Doktor seufzt laut und durchblättert die Dokumente, die er in der Hand hält.
„Wir wissen nicht genau, was mit Ihren Sohn passiert ist", versucht der Mann mit einer unglaublichen ruhigen Stimme zu erklären.
„Wie, Sie wissen es nicht? Man hatte mir gesagt, ihr seid die Besten!", die Stimme der Mutter klingt verzweifelt.
„Ihr Sohn ist ein sehr spezieller Fall! Sowas hatten wir noch nie! Die Wachstumszellen haben sich seit 10 Jahren nicht verändert", erklärt der Doktor schon fast etwas fasziniert.„Was bedeutet das?", fragt die Frau besorgt, indem sie schon die Türklinge herunter drückt.
Der Doktor fasst sie leicht an die Schulter an, „Es ist fast so, als ob die Zeit für ihn stehen geblieben ist"
Die Mutter runzelt verwirrt die Stirn und öffnet die Tür. Niemand könnte sie jetzt je abhalten ihren Sohn zu sehen. Seit 10 Jahren hat sie ihren Sohn nicht mehr gesehen. Sie dachte er wäre längst tot. Doch er lebt! Ihr Sohn lebt!
Eine warme Brise lädt die Mutter herein. Ihr Blick schweift durch das kleine Zimmer. Das Zimmer ist steril und weißgefärbt. Unter dem Fenster liegt ein kleines Bett, welches mit ein umlaufendes Gitter umlaufen ist. Neben dem Bett ist ein kleiner Monitor. Auf dem Bett erkennt sie eine Person. Ihr Sohn! Doch sie traut sich nicht näher zu kommen. Sie traut sich nicht einen genaueren Blick auf ihren Sohn zu werfen. Sie ist plötzlich ganz gelähmt. Der Doktor läuft zu ihren Sohn hin, der tief und fest schläft. Die Mutter bleibt noch in der Tür stehen. Sie beißt sich nervös auf die Lippe.
„Kannst du mich hören Kleiner?", der Doktor rüttelt den Jungen leicht in der Schulter.
„W-was ist?", fragt der Junge schwach. Er führt seine Hände zum Gesicht und reibt sich den Schlaf aus den Augen. Sein Herz fängt an zu rasen, als er seine Mutter vor der Tür stehen sieht. Die Augen der Mutter weiten sich, als der Monitor neben dem Bett des Jungen laut zu piepsen beginnt.
„Beruhige dich Brenton! Versuche ruhig zu atmen!"
Die Schmerzen in seiner Brust werden stärker. Er lässt sich ins Kissen sinken, schließt kurz die Augen und atmet so tief und langsam ein und aus, wie es ihm möglich ist.
Plötzlich sticht der Doktor eine Nadel in den Infusionsschlauch von Brenton, „Das ist ein Schmerzmittel. Keine Angst Kleiner! Du wirst wieder gut! Die neu vorhandenen Technologien haben uns ermöglicht den Druck aus deinen Schädel zu lassen, die Blutungen zu stoppen und deine kollabierte Lunge zu retten. Jedoch bleibst du uns weiterhin ein Rätsel!"
Der Schmerz in Brentons Brust wird beinahe unerträglich. Panisch versucht er aufzustehen, doch der Doktor drückt ihn wieder in seinem Bett zurück.
„Mom!", ruft er glücklich und verzweifelt nach ihr. Zitternd nähert sich die Mutter ihren Sohn. Ihre Augen weiten sich, als sie ihren Sohn genauer ansieht. Sie schaut den Doktor mit offenem Mund an. Der Doktor zuckt kurz mit den Schultern und wirft ihr ein Blick, der so viel wie „Ich hab's dir doch gesagt" heißt.
„Er sieht noch genauso aus, wie vor 10 Jahren!", bemerkt die Mutter erschrocken.
„Wir haben viele Untersuchungen gemacht. Ihr Sohn hat noch den Körper eines Jugendlichen. Eines 18 jährigen Jungen. Obwohl er jetzt eigentlich 27 Jahre alt sein sollte! Wir haben noch keine Erklärung dafür!"
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Verlorene Zeit
Science FictionWas wäre, wenn du für 10 Jahre verschwinden würdest und plötzlich wieder auftauchen würdest? Was wäre, wenn die Zeit für dich buchstäblich stehen geblieben ist und für alle anderen nicht? Was wäre, wenn deine Freunde plötzlich 10 Jahre älter sind al...