{14} I wish love was perfect as love itself

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Wir unterhielten uns über belanglose Dinge, als Jimin und ich durch den Wald liefen. Ich versuchte zwar die Dunkelheit zu ignorieren, die sich wie ein schwerer, schwarzer Vorhang auf uns hinabsenkte, aber die zunehmende Stille machte mir mehr zu schaffen. Das Vogelgezwitscher war verstummt und die Nacht war eigenartig windstill. Unsere Stimmen, das Geräusch unsere Schritte und das leise Knacken im Unterholz waren die einzigen Geräusche.

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und bei jedem kleinsten Geräusch zusammen zu fahren, aber irgendwann blieb Jimin plötzlich stehen und stoppte mitten in seinem Satz. Nervös sah ich mich um. Nichts als Dunkelheit und die schemenhaften Umrisse der Bäume und Sträucher. Auch Jimin konnte ich nur an groben Konturen erkennen.

"Amara..." Er legte den Kopf seitlich. "Hast du Angst?"
Ich sah auf meine Füße. "Nein..."
Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme brüchig klang.
Jimin lachte leise und ich funkelte ihn wütend an. "Das ist nicht witzig!"
"Also hast du doch Angst." Er verschränkte die Arme und blitzte mich herausfordernd an.
Ich wand mich ein wenig. "Ich mag einfach die Dunkelheit nicht..."

Auf einmal griff er nach vorn, umfasste bestimmt meine Hüfte und zog mich an sich heran. Erschrocken keuchte ich auf und legte meine Hände auf seine Brust, um mich wegzustoßen. Aber das wollte ich gar nicht. Ich wollte ihm so nahe seinen und seinen festen Griff an meinen Hüften spüren. Seine warme harte Brust durch den dünnen Stoff seines T-Shirts.

Er senkte den Kopf, um mir, wie so oft, etwas ins Ohr zu flüstern:
"Aber du brauchst keine Angst haben. Ich bin da, um dich zu beschützen."
Ich atmete zittrig durch den Mund aus. Seine Nähe verursachte ein derartiges Chaos in mir, dass ich fast das Atmen vergaß.
"Außerdem wüsste ich einige Dinge, mit denen man sich von der Angst ablenken kann."

Meine Augen wurden groß und ich spürte ein Ziehen zwischen den Beinen, als ich mir vorstellte, was Jimin alles mit mir anstellen konnte. Entsetzt von der Reaktion meines Körpers, drückte ich mich entschlossen weg und fuhr mir durch die Haare.
"Lass uns....lass uns einfach weiter gehen."
Jimin schien keineswegs von der Aktion aus der Bahn geworfen zu sein, sondern schien selbstsicherer denn je. "Wie du meinst."

Wir liefen schweigend weiter, bis wir auf einen Weg stießen. Er war mit Kies ausgestreut und Reifenspuren zeugten davon, dass nicht selten Autos hinlang fuhren.
Zivilisation!
Merklich beruhigter trottete ich nun neben Jimin den Kiesweg entlang.

Da die Anspannung von mir abgefallen war, fühlte ich mich in der Lage wieder ein Gespräch mit Jimin zu beginnen:
"Wohin gehen wir?"
Das Grinsen war in seiner Stimme zu hören: "Das wirst du schon sehen."
Ich verdrehte die Augen. "Wir arbeiten als Team. Vielleicht solltest du mir...Hey!"
Jimin nahm mich am Handgelenk und zog mich vom Weg hinunter. Wir folgten nun einen Trampelpfad zwischen den Bäumen hindurch. Unwillkürlich rückte ich näher an Jimin heran und war froh, dass er seinen Griff noch nicht gelöst hatte.

"Warum immer querwaldein?", murmelte ich verzweifelt.
Jimin hatte es entweder überhört oder war so freundlich nichts dazu zu sagen. Stattdessen pfiff er eine Melodie vor sich hin.
Ein unangenehmer Schauer lief mir über den Rücken. Das fröhliche Pfeifen in dem dunklen, stillen Wald war gruselig.
"Lass das!", zischte ich unfreundlich und rückte noch näher an ihn heran.
Jimin lachte leise. "Du bist ja ängstlicher als ein Kaninchen."
"Ein Kaninchen? Warum zur Hölle..."

Ich blieb stehen, als wir der scharfen Kurve des Weges gefolgt waren und wir plötzlich vor einer Brücke standen. Sie war aus Holz und schien schon ein wenig länger hier zu stehen. Sie führte über einen schmalen Fluss, der leise vor sich hingluckerte. Da die Bäume hier weniger dicht standen, fiel das Mondlicht hinein und tauchte alles in ein schummriges Licht. Die Brücke war ein wenig überwuchert, sowie das Flussufer. Es sah verwunschen und magisch aus. Einfach wunderschön.

Ich griff nach Jimins Hand und verschränkte unsere Finger.
"Komm.", forderte er mich mit sanfter Stimme auf und führte mich den Pfad entlang und auf die Brücke. In der Mitte blieben wir stehen und ich richtete meinen Blick auf Jimins Gesicht, dass weiß im Mondlicht schimmerte.

Stumm musterte ich ihn, ließ den Blick über seinen Haaransatz, die Stirn, die leichte Wölbung seiner Augenbrauen, die tiefen, dunklen Augen, die so anders geformt und geschwungen waren, als die westlicher Männer, die feine Nase, die etwas volleren Wangen ohne die aber Jimin einfach nicht Jimin gewesen wäre und schließlich seine vollen Lippen, die rötlich schimmerten und ohne jedes Grinsen aufeinander ruhten.

Mein Kopf wollte es nicht. Er wollte es ganz und gar nicht, dachte nur an die Folgen. Aber mein Herz sehnte sich so sehr nach ihm, wollte ihn so sehr spüren. Ihm nahe sein.

Ich streckte mich ein wenig und küsste ihn. Sanft legte ich meine Lippen auf seine und während mein Herz zerfloss und wie klebriger, warmer Sirup durch meinen Körper strömte, verstand mein Kopf, dass es das Richtige gewesen war.

Jimin rührte sich erst nicht und ließ zu, dass leiser Zweifel in mir aufkam. Doch dann legte er vorsichtig, fast zögerlich seine Hand auf meine Taille, neigte den Kopf und bewegte seine Lippen sanft gegen meine. Meine Hand wanderte fast von allein in seinen Nacken und ich vergrub die Finger in seinem dichten Haar. Der Kuss war vorsichtig, sanft und unendlich zärtlich. Dass Jimin zu solch einer Sanftheit imstande war, überraschte mich ein wenig.

Wir lösten die Lippen ein paar Millimeter voneinander und ich spürte, wie Jimin lächelte. Ich schlug die Augen auf und blickte in seine, die wie warme Schokolade meinen Blick erwiderten.
"Ich muss zugeben, das habe ich nicht erwarteten.", raunte er und ließ seinen Blick langsam über mein Gesicht wandern. Ich drückte mich leicht an ihm und spielte mit seinen Haaren.
"Nein?", flüsterte ich und senkte den Blick auf seine Lippen. "Ich auch nicht."

Dann zog ich ihn zu mir hinunter und verband unsere Münder erneut. Der Kuss war weniger vorsichtig und ich presste meine Lippen bestimmt gegen seine. Auch er erhöhte den Druck. Mein Herz loderte auf wie eine Stechflamme und mein Puls schoss in die Höhe. Jimins Kuss erzeugte Gefühle in mir, an die ich mir jegliche Erinnerungen verboten hatte.

Augenblicklich löste ich mich von ihm, trat einen Schritt zurück und holte tief Luft. Jimin hatte einen Ausdruck, den ich nur selten bei ihm gesehen hatte: Unsicherheit.
"Wenn...wenn es nicht geht, ist es ok."
Er wich meinen Blick aus. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Jimin konnte richtig süß sein.

„Nein..ich" Nervös suchte ich nach Worten und trat an das Geländer der Brücke heran. Der Fluss beschrieb knappe zehn Meter vor mir eine scharfe Biegung und ich konnte nur noch Bäume und Dunkelheit dahinter erkennen.
Jimin trat neben mich und lehnte sich auf das Geländer.
"Weißt du, ich denke nicht mehr oft an Andy.", sagte ich leise und traute mich nicht, Jimin anzusehen.
"Nur wenn ich mit dir zusammen bin."

„Das werte ich mal nicht als Kompliment.", seine Stimme sollte unbekümmert klingen, doch ich bemerkte den Unterton.
"Es tut mir leid."
Endlich traute ich mich einen Blick auf ihn zu werfen. Der Schein des Mondes fiel genau auf sein Gesicht und ich sah die Anspannung darin.
"Das muss es nicht. Ich entwickele nur immer mehr Hass auf diesen Kerl."
Ich verzog das Gesicht. "Das ist er nicht wert."
"Vermutlich nicht." Ein bitterer Zug schlich sich auf seinen Mund. "Aber er ist so viel Wert, dass du dich wegen ihm vor jedem Jungen verschließt."

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. "So viel Macht sollte keiner haben."
"Nein.", stimmte Jimin mir leise zu. "Ganz sicher nicht."
Ich legte meine Hand auf Jimins Oberarm. "Ich würde gerne mit dir Zeit verbringen, Jimin. Aber ich kann ihn nicht vergessen. Das wäre nicht fair dir gegenüber."
Er sah mich immer noch nicht an.
"Ich lass dich jetzt allein.", sagte ich leise und wandte mich ab.

Langsam trat ich den Rückweg an und versuchte mich an den Fußabdrücken zu orientieren, die wir hinterlassen hatten. Die Dunkelheit bemerkte ich kaum, dazu war mein Inneres zu aufgewühlt. Mein Herz schmerzte und es saß ein gewichtiger Kloß in meinem Hals, der mir das Schlucken erschwerte.

Ich hatte Jimin zurückgestoßen, nachdem ich den ersten Schritt gemacht hatte. Das war nicht fair von mir, das wusste ich. Und die eine Hälfte meines Herzes sehnte sich danach, auf der Stelle umzukehren und zu ihm zurückzulaufen. Die andere Hälfte dachte jedoch nur an Andy, wie seine Lippen sich angefühlt hatten, wie warm sein Atem auf meiner Haut war und wie fest und behütend sein Griff.
Genauso wie Jimin.
Und mein Verstand sah mit grimmiger Zufriedenheit auf mich hinunter.

Doch tief in mir drinnen, fragte ich mich, ob ich nicht vielleicht doch einen Fehler gemacht hatte.

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