Sams Sicht
„...und dann hat er daneben geworfen ist das zu fassen? Der Korb war direkt vor ihm, aber er hat's nicht gepackt. Nachdem Spiel hat er sich dafür richtig Vorwürfe gemacht, so als wäre es nur seine Schuld, dass sie verloren hätten. Naja so ist er halt", munter plauderte Paul weiter irgendwelche Basketball Storys seines Freundes aus und tat so, als würde er nicht merken, dass meine Gedanken ihm nicht folgten.
„Patrick? Zwei Wodka", rief er auf einmal. Unter argwöhnischen Blicken der anderen Gäste, die genüsslich an ihrem Morgenkaffee schlürften brachte er uns zwei Schnapsgläser. „Ich habe nicht vergessen, dass ihr beiden noch minderjährig seid", murmelte er uns zu, befüllte die Gläser aber trotzdem. Paul nahm sie ihm mit einem Grinsen ab und stellte eines vor sich und eines vor mich.„Okay Kumpel, ich weiß, du willst nicht, dass ich dich in irgendeiner Weise auf dein Privatleben anspreche, aber denkst du nicht, dass wir uns langsam lang genug kennen, damit du mir erzählen kannst, was dich so dermaßen bedrückt? Meinetwegen darfst du auch erst trinken und dann reden."
Ich blickte in die grünlichen Augen meines Gegenübers. Das hier war nicht mehr der Paul, den ich damals kennengelernt hatte. Der, der jedes Wochenende eine Neue hatte. Der, der sich einen Spaß daraus machte, Kleinigkeiten zu stehlen und anderen einen Streich zu spielen. Der Paul, der vor mir saß, hatte immer ein Lächeln auf den Lippen, plauderte was das Zeug hielt und sorgte sich um das Wohlbefinden anderer.
„Lass mal stecken", murrte ich nur. Er zog seine Augenbraue hoch, um mir zu symbolisieren, dass ihm das auf keinem Fall reichte. Also schön. Ich trank meinen Shot. Und seinen gleich hinterher. Grinsend wies er mich darauf hin, dass ich die jetzt bezahlen müsste, doch dann wurde er wieder ernst: „Immer, wenn dich etwas bedrückt, verdrängst du's. Glaub ja nicht, dass wäre mir nie aufgefallen. Das ist nicht gut, irgendwann zerbrichst du daran. Also erzähl mir zumindest einen Teil, du musst ja nicht jedes Detail erwähnen." Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Er hatte Recht, ich redete sonst nie mit irgendwem über solche Sachen. Aber irgendwann war immer das erste Mal, richtig?
„Ähm, also argh. Ich habe jemanden geküsst. Aber das hätte ich auf keinen Fall tun dürfen. Aus mehreren Gründen." Nervös drehte ich mein Glas hin und her. „Und wieso kam es dann doch zu dem Kuss?" „Na wenn ich das wusste! Ich hätte das nicht tun sollen aber...aber...ach was weiß ich denn." Einen Moment musterte er mich schweigend, bevor er weitersprach: „Was ist jetzt das genaue Problem mit dem Kuss?" „Es hätte halt einfach auf keinen Fall passieren dürfen. Ich werde die Person noch eine gewisse Zeit regelmäßig sehen müssen und jetzt..." „Ist es kompliziert", beendete er meinen Satz vorraufhin ich nickte und meinen Kopf in meinen Händen vergrub.
„Darf ich dich etwas fragen? Also du musst nicht antworten, aber diese Person, du hast gerade sehr akribisch darauf geachtet ein Pronomen zu meiden. Reden wir hier von einem Mädchen...oder nicht?" Darauf musste ich gar nichts erwidern, mein Blick verriet mich. „Das kommt also noch dazu was?" Mitleidig sah er mich an, bevor sein Blick suchend durch den Raum ging, „Ey Patrick? Noch zwei bitte!" Umgehend wurden unsere Gläser wieder gefüllt. Dieses Mal überließ ich Paul seins.
„Ich weiß einfach nicht, warum ich das getan hab. Ich meine, ich steh doch nicht mal auf Männer! Und dann ausgerechnet ihn, du hast ja keine Ahnung, was das bedeutet." Es fühlte sich seltsam an, diese ganzen Sachen jemandem anzuvertrauen, aber es war auch ein befreiendes Gefühl.„War der Kuss denn gut?" Meine Erinnerungen schweiften zurück zu dem Kuss. Es war nicht schwer, die Erinnerungen daran wieder herbeizurufen, da sich sich fest in mein Gehirn eingebrannt hatten. „Dein Gesicht, sagt alles, er war also mehr als gut." Schelmisch grinsend lehnte er sich zurück. „Das hat doch gar nichts zur Sache zu tun." „Also ich finde schon. Ich habe zwar keine Ahnung, aus was für Gründen das alles nicht gehen soll, aber beispielsweise nehmen wir mal mich. Als ich mit Brice zusammengekommen bin, da sind meine Eltern nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen. Ich hätte mich doch sonst immer normal verhalten und so etwas. Bullshit, wenn du mich fragst. Ich habe nicht auf sie gehört und führe jetzt eine glückliche Beziehung. Manchmal muss man einfach alle anderen ignorieren und nur darauf hören, was man selbst möchte." Sein Blick brannte sich vielsagend in meinen.
„Stehst du auf ihn?" „Was? Nein!" Wie konnte er so etwas auch nur fragen? „Ich meine ja nur, weil du ihn geküsst hast und nicht andersherum", fügte er hinzu. Schnaubend entgegnete ich: ,,Ich steh ganz sicher nicht auf den! Wenn du wüsstest!" Abwehrend warf er die Hände in die Luft. ,, Ist ja gut, hab's verstanden! Aber mir sagen, warum du ihn dann geküsst hast, kannst du ja auch nicht. Hat er denn erwidert, also so krass? Und steht er auf dich?" „Ja und nein." „Na dann versteh ich das Problem nicht. Ihr habt euch geküsst, aber steht nicht aufeinander. Aus irgendwelchen Gründen hätte das nicht passieren sollen, ist also mies, aber es ist nun mal passiert. Schwamm drüber und weiterleben würde ich sagen."
Er hatte ja keine Ahnung. An meinem Gesichtsausdruck las er wahrscheinlich ab, dass Schwamm drüber nicht die richtige Lösung war. „Dann rede mit ihm. Eine andere Lösung wird's wohl nicht geben." Bevor ich Protest einlegen konnte, sprach er schon weiter: „Ja ja, Reden ist nicht deins. Ich fürchte aber, das wird die einzige Lösung sein. Sag ihm einfach, es wird nicht wieder vorkommen und dass es nicht euer Verhältnis zueinander - wie auch immer das ist - verändert." Darauf erwiderte ich nichts, woraufhin die Unterhaltung für ihn beendet schien.
Schulterzuckend winkte er Patrick zu sich: ,,Ein Wasser bitte für mich." „Wasser? Hah! Alles gut bei dir mein Junge?" Patricks Mund verzog sich zu einem Lächeln.
„Mein Freund wird mich nachher abholen." Wissend hob Patrick eine Augenbraue. „Ah, verstehe. Na, dann bin ich ja mal gespannt, die Person kennenzulernen, die es geschafft hat, aus dir einen anständigen Kerl zu machen." Freundschaftlich klopfte er ihm auf die Schulter bevor er verschwand, um sein Wasser zu holen.„Dein Freund kommt vorbei?" Fragend sah ich zu ihm rüber. Wenigstens mussten wir jetzt nicht weiter über meine Probleme reden. „Jep, ich wollte es dir sagen - danke Pat", er nahm sein Glas entgegen und trank einen Schluck, ,,aber dann mussten wir ja etwas anderes besprechen. Ich hoffe, es stört dich nicht." Der letzte Satz klang eher nach einer Frage, weshalb ich den Kopf schüttelte. ,,Nein, ich möchte doch auch die Person die dich zu einem anständigen Kerl gemacht hat kennenlernen - obwohl mir der unanständige auch ganz recht war." Meine Patrick-Interpretation brachte ihm zum Lachen, bis zwei große Hände sich von hinten um ihn schlangen. Brice schien wohl schon früher gekommen zu sein als geplant. Strahlend drehte er sich um und begrüßte seinen Freund mit einem Kuss.
Also sie sie sich wieder voneinander lösten, deutete Paul auf mich: ,,Brice, das ist Sam, Sam das ist Brice." Brice gab mir die Hand zu einem kurzen Handschlag. ,,Hi", begrüßte er mich, „du bist also der Grund dafür, dass mein Freund noch ein paar Tage länger von mir getrennt bleiben wollte" „Und du bist der Grund dafür, dass mein bester Freund ein anständiger Kerl wurde." Bei meinen Worten brach Paul erneut in Gelächter aus, was Brice ein wenig verwirrt die Augenbrauen heben lies, Paul winkte aber bloß ab.
Eine Viertelstunde später hatte sich Patrick zu uns gesellt und es wurden ein paar interessante Geschichten, hauptsächlich von Paul, zu Tisch gebracht.
Überraschenderweise amüsierte ich mich bestens.Man sah Brice an, dass er Basketballspieler war, er war groß und kräftig gebaut, seine Haare hatte er fast ganz abrasiert. Seine blauen Augen waren so auffallend, dass ich mir sicher war, es mussten Kontaktlinsen sein. Sein schimmernder Liedschatten hob die Intensität der Farbe zusätzlich hervor.
Es war mir ein Rätsel, wie der Paul von damals etwas mit ihm zu tun haben wollte. Er war so zurückhaltend und nett.„Ah da bist du ja", wurde ich von Dan bei meiner Rückkehr begrüßt, „Ich soll dir etwas ausdrücken", schob er glucksend hinterher. Stirnrunzelnd sah ich ihn an. „Wer will mir denn etwas sagen?" „Dein neuer bester Freund ist ganz betrübt, dass du nicht mehr mit ihm sprichst. Ähh wart' ma', seine genauen Worte waren glaub' ich Wer glaubt, dass Schweigen Probleme löst, hält sich auch die Augen zu, um unsichtbar zu sein." Augenblicklich verfinsterte sich mein Blick. ,,Hat er sonst noch etwas gesagt?" Zum Glück verneinte Dan. Nicht auszudenken, was los war, wenn er das ausplauderte.
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Fill me with poison
RomanceIch lachte kurz sarkastisch. ,,Mein Name bedeutet übersetzt Geisel, welch Ironie..." ,,Tja, mein Name bedeutet irgendetwas mit allein sein", antwortete er leise. Ich drehte mich so, dass ich ihn ansah. ,,Das bist du aber nicht", ich nahm seine...