Kapitel 13

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Gilles Sicht

Amüsiert beobachtete ich den Schock auf Sams Gesicht. „Und wieder einmal leicht aus der Fassung zu bringen." „Spuck mal nicht so hohe Töne, nicht, dass wir dich noch umbringen müssen, weil du zu viel weißt." Augenblicklich erstarb mein Lachen. Seine Stimme hatte nicht verraten, wie ernst er das meinte und so keimte Panik in mir auf.
Er erhob sich von der Liege, griff noch nach dem alten Verband und der Salbe, ehe er mit einem Augenzwinkern den Raum ganz gelassen, so als hätte er nicht gerade einen Witz über meinen Tod gerissen, verließ.

In mir machte sich Panik breit.
Sonst bringen wir dich noch um... bringen wir dich um .... bringen wir dich um...
Immer wieder hallten die Worte in meinem Kopf wider. Panisch starrte ich auf die Tür. Wieso konnten da nicht einfach Polizisten durchgestürmt kommen, um mich zu retten? Ich wollte hier verdammt nochmal endlich raus!
Aber das verfluchte Teil blieb verschlossen. Fuck, meine Atmung ging schon wieder so schnell. Ich durfte jetzt nicht wieder in Panik verfallen; noch eine demolierte Hand konnte ich wirklich nicht gebrauchen. Aber es war nun mal zum Haare raufen! Ich konnte gar nichts tun, um hier herauszukommen und das machte mich verrückt.

Was die anderen jetzt wohl machten? Meine Eltern, Kenneth, Aramina und der Rest unserer Clique... Ich wette, die feierten schon wieder die nächste Party und scherrten sich nicht darum, wo ich abgeblieben war. Meine Mutter vermisste mich bestimmt, ganz zu schweigen von Margie. Ich konnte mir gar nicht ausmalen, was die beiden gerade durchmachten. Mein Vater hingegen regte sich wahrscheinlich darüber auf, dass er all seine Zeit und sein Geld in die Suche nach mir investieren musste. Warum regte ich mich überhaupt über meine Situation auf, ihn hatte es doch sicherlich viel schlimmer getroffen.

,,Wie lange bin ich schon hier... obwohl warte, ich glaube ich will es gar nicht wissen." Zähneknirschend warf ich mich auf die Liege. Sam hatte sich auf den Tisch gesetzt und ließ seine Beine baumeln. In letzter Zeit war er jedes Mal etwas länger geblieben. Keine Ahnung, was ihn dazu gebracht hat, aber es war schön, wenigstens für eine kurze Zeit am Tag in Gesellschaft zu sein. ,,Genau weiß ich es eh nicht, aber es sind wohl schon 3 oder 4 Wochen." Wie so oft fuhr er sich durch die Haare. Manchmal glaubte ich, dass es ein regelrechter Zwang für ihn war, das ständig zu tun. Es sah ziemlich gut aus, wenn er das tat.

Mir brannte eine Frage auf der Zunge, aber ich war mir nicht sicher, ob ich sie stellen sollte. Zwar war Sam die letzten Male eher redselig gewesen, aber wer wusste schon, wie lange das anhielt. ,,Na, was willst du jetzt wieder wissen? Jedes Mal, wenn du mich mit deiner Neugier nerven willst, setzt du dieses Gesicht auf, also hau schon raus." Überrascht sah ich ihn an. Hatte er mich etwa so genau beobachtet? ,,Ähm also... Was...was macht ihr, wenn meine Eltern das Lösegeld nicht zahlen?" Ich wappnete mich schonmal innerlich gegen eine Anmache, dass ich nicht immer solche Fragen stellen sollte, doch das war erstaunlicherweise gar nicht nötig. ,,Du überschätzt mich ganz schön. Mein Vater regelt das alles, der bezieht mich nur in seine Planung ein, wenn ich irgendetwas für ihn tun soll."

,,Kenne ich irgendwoher...", murmelte ich gedankenverloren. Er schnaubte: ,,Als hättest du 'ne Ahnung! Lebst in deiner Friede Freude Eierkuchen Welt und dein größtes Problem ist es, wenn mal 'ne Tussi nicht mit dir schlafen will - obwohl ne, du hast ja sogar eine Freundin." Da waren sie wieder, seine plötzlichen Stimmungsschwankungen.

„Ach ja? Bei mir soll alles Friede Freude Eierkuchen sein? Du hast doch gar keine Ahnung wie es bei uns zuhause abläuft! Und nur mal so, falls dir das nicht aufgefallen ist, ich wurde verdammt nochmal entführt!", die letzten Worte schrie ich ihm entgegen. „Kannst du eigentlich mal zwei Sätze hintereinander reden, ohne Sarkasmus zu benutzen? Du bist so anstrengend!" Er verdrehte seine Augen und erhob sich vom Tisch. „Ihr habt so viel Geld, ihr könntet darin baden. Wer weiß, vielleicht tut ihr das sogar manchmal. Alle möglichen Probleme könnt ihr mit Geld lösen und euch allen möglichen Schnick-Schnack kaufen... obwohl, für dich ist deinen Eltern ihr Geld wohl zu schade, denn du sitzt ja imm-"

Das war genug. So etwas musste ich mir echt nicht anhören. Wutentbrannt sprang ich vom Bett auf und tat etwas sehr, sehr dummes. Ich fing an ihn zu beleidigen. Dass das eine ganz miese Aktion war, wurde mir direkt bewusst, denn jetzt ging er auf mich los. Ich bekam es ehrlich gesagt ein wenig mit der Angst zu tun und schlug zu, bevor er es konnte. Gekonnt wich er meinen Schlägen aus und holte unmittelbar danach selbst aus. Doch mein Boxtraining machte sich bezahlt und ich bückte mich reflexartig. „Oh, da hat Papi dir ja doch mal was beigebracht", zischte er spöttisch. Meine Wut über ihn steigerte sich immer mehr und vermischte sich mit der Wut auf meine komplette Situation dazu. Ich schlug unkontrolliert um mich. Wut war schon immer meine größte Schwäche gewesen, denn dadurch verlor ich jegliche Selbstbeherrschung.

Ich warf ihm sämtliche Beleidigung entgegen, die mir in den Sinn kamen, um meine Wut zum Ausdruck zu bringen. Jetzt war es ohnehin zu spät. Dann traf meine Faust gegen seinen Kiefer.

Doch der darauffolgende Aufschrei, kam aus meiner Kehle. Es war die rechte Hand gewesen, mit der ich zugeschlagen hatte. Sam benötigte keine Sekunde, um sich von dem Schlag zu erholen und nutze direkt meine Starre aus, um mich gegen die Wand zu drücken. Mit einem Hieb in meinen Bauch brachte er mich erneut zum Aufschreien.

Als ich wieder Luft bekam und mich aufrichtete, drückten seine Hände mich an den Schultern unsanft gegen die Wand. Sein Gesicht war bedrohlich nah vor meinem, als er mir giftig Worte ins Gesicht spuckte: „Pass bloß auf, was du sagst Freundchen! Ich darf dich vielleicht nicht umbringen, aber ich kann so lange auf dich einschlagen, bis du dir wünschst, du wärst tot." Ich wusste, dass er jedes seiner Worte genauso meinte und zog es deswegen vor, nichts zu erwidern.

Meine Lungen stießen unregelmäßig Sauerstoff aus und ich keuchte regelrecht nach Luft. Verdammt, der Schlag war echt hart gewesen. Die dunklen Augen meines Gegenübers starrten mich noch einen Augenblick bedrohlich an. Er war mir so nah, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spürte. Zu meiner Genugtuung, erkannte ich, dass sich sein Kiefer bereits leicht anfing zu verfärben und als mein Blick auf seine Lippen fiel, sah ich, dass ich sie wohl auch bei meinem Schlag getroffen haben musste, denn sie waren aufgeplatzt.


Ruckartig ließ er mich auf einmal los und stürmte aus dem Raum.

Wie war das bitte so schnell eskaliert?

Fill me with poisonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt