Kapitel 7

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„Lasst mich mit dem Kronprinzen alleine"

Sein Geschichtslehrer verbeugte sich mehrere Mal tief, bevor er humpelnd den Raum verlies. Novel war nervös, dass konnte ich ihm ansehen. „Ihr habt also mit Layla gebacken?", fragte er und ich zog meine Augenbrauen nach oben. „Ich bin sicher, dass du darüber informiert bist", erwiderte ich und spürte, wie er sich verkrampfte. „Erinnert sie Euch an Grace?", platzte er schließlich heraus und ich riss meine Augen auf. Er wandte sich abrupt um und sah mich fragend an. „Nein, mein Schatz", flüsterte ich und wandte mich ab. Ich würde gerne noch etwas hinzufügen, aber ich wusste nicht was. Novel hatte Grace nie kennengelernt. Er wusste nicht, was ich in ihr verloren habe.

„Es ist selten, dass Avel und du nicht gleichzeitig auftretet", wechselte ich das Thema und bemerkte, wie er unruhig nach einem seiner Stifte griff. Er durfte nicht spüren, dass mich Gespräche über Grace abschreckten. Er hatte genug zu verarbeiten, da fehlte ihm die spanische Affäre gerade noch. „Ich hatte wichtige Unterrichtstunden, Mama", log er und starrte dabei hartnäckig auf seinen Tisch. „Novel, schwindle mich nicht an", warnte ich und er sprang von seinem Stuhl auf. Er ballte seine Hände zu Fäuste.

„Meinetwegen!", schrie er und ich fuhr erschrocken ein Stück zurück. „Ich habe Avel gebeten mitzugehen, damit er ein Auge auf George hat" Er wandte sich erneut ruckartig ab und ich konnte sehen, wie er seine Schultern hochzog. „Warum George?" – „Ihr wisst warum, Mama" Mein Herz zog sich zusammen, als ich das Beben seiner Schultern bemerkte. Er war noch ein Kind. „Ihr habt mich gelehrt, dass ein Kaiser seine Familie schützen muss. Wenn er das nicht kann, hat keine Chance sein Land zu regieren" Er wischte sich über die Augen und wandte sich wieder um. Gestrafte Schultern, ein perfekt sitzende Uniform. Novel war kein Kind mehr, sondern ein Soldat.

„Wann wurde Mathew gekrönt?", fragte ich und nahm auf dem Sessel platz, auf dem vorher sein Lehrer gesessen hat. „Ich wollte Euch mit meinen Tränen nicht in Verlegenheit bringen, Mama", erwiderte er bissig und ich zog meine Augenbrauen hoch. Heute schien selbst Novel meine Stärke in Frage zu stellen. „Beantworte meine Frage, Avel"

„An seinem 22 Geburtstag, Mama"

„Wie lange hast du noch Zeit bis zu deinem 22 Geburtstag?"

„14 Jahre"

Ich erhob mich und ging vor ihm in die Knie. „Ich werde mich um George kümmern, denn ich werde die Regentschaft übernehmen", beruhigte ich ihn und streichelte ihm dabei über die Wange. „Deine Aufgabe ist es zu lernen, Novel, und glücklich sein. Versprich mir, wann immer es geht, glücklich zu sein", verlangte ich und wischte ihm eine Träne von der Wange. Im nächsten Moment schlang er seine Arme um mich und drückte sich an mich. Wir fielen gemeinsam nach hinten.

***

Maida und Lasalle haben mich in Rekordgeschwindigkeit umgezogen. Es dämmerte zwar bereits, aber ich wusste, dass die Buben nichts gegen ein wenig Abenteuer einzuwenden hätten. „Majestät", ich fuhr zusammen, als ich Karjhas mittlerweile bekannte Stimme hinter mir hörte. „Lord Karjha. Wieso schleicht Ihr Euch ständig in meinen Garten?" – „Ich möchte mit dem Kaiser sprechen"

Ich verspannte mich, noch bevor er geendet hatte. Sollte er bei Mathew vorsprechen, durfte er den spanischen Gesandten nicht ablehnen. Zu fiel hing davon ab. „Der Kaiser ist ein vielbeschäftigter Mann" – „Ich habe Anweisung, nur mit Seiner Majestät zu verhandeln" Ich presste meine Lippen zusammen und musterte ihn. Alles Herzliche an ihm war verschwunden und es blieb nur die Hülle des Staatsdieners, der er war. „Wieso seid Ihr dann zu mir gekommen, Mylord?" – „Weil wir Freunde sein wollten"

Ohne ein weiteres Wort wandte ich ihm den Rücken zu ging zu den Ställen. Freunde vertrauten einander. Er traute es mir offensichtlich nicht zu, dass ich mich um die Staatsangelegenheiten kümmerte. Sollte er zum Teufel gehen.

„Gwen", rief ich und streckte meine Arme nach ihr aus. Sie küsste rasch meine Hand, bevor sie sich drücken ließ. „Darf uns Tante Gwendolin begleiten?", fragte Layla und Gwendolin lachte auf. „Möchtest du?", fragte ich und Gwendolin zuckte hilflos mit den Schultern. „Beeilt Euch, Tante", drängte Novel und trieb sein Pferd neben sie. Die fünf glichen einer Räuberbande. Ritten durcheinander, lachten und drängte zum Aufbruch. Ich merkte, wie es dem Lehrer missfiel.

Ich hatte sie lange nicht mehr reiten gesehen, fiel mir auf. Novel bildete die Spitze und die anderen Jungen jagten um ihn herum und hinterher. Layla ritt vor Gwen und mir, schreckte aber vor dem Gedränge zurück. „Wisst Ihr schon, was Ihr tun werdet?", fragte sie und ich biss mir auf die Lippen. Ich hatte gehofft, sie würde es noch nicht geahnt haben. Aber sie schien zu wissen, dass wir ihn verlieren würden.

„Kämpfen"

„Glaubt Ihr, dass Paget zurückkommt?"

„Er ist tot, Gwen. Ansonsten hätte er Mathew niemals im Stich gelassen"

Ich hörte seine Schwester aufseufzen und schließlich den Kopf beugen. Sie unterwarf sich meiner Meinung. Das bedeutet nichts Gutes. Am Ende wusste sie mehr, als sie mir verraten wollte. Ich sah weg. Ich brauchte ihre Versicherung, dass Paget fort war. Das meine Liebe verloren ist. Blinde Loyalität hatte mich erst in diese Lage gebracht.

***

„Geht es den Kindern gut?", fragte Mathew und ich wandte mich ihm überrascht zu. Sein Gesicht war leichenblass und ich rang mir ein halbherziges Lächeln ab. Die Familie zusammenzurufen schien berechtigt zu sein. „Layla schläft heute Nacht bei mir", erklärte ich mich und nahm auf dem Stuhl neben seinem Bett platz. Ob seine Haut reißen würde, wenn ich ihn berührte? „Als ich sie vom Pferd gehoben habe, klammerte sie sich an mich, als hinge ihr Leben davon ab", berichtete ich und Mathew lachte heiser auf. Er liebte die Erzählungen über die Kinder. Er selbst konnte sie nicht mehr sehen, ohne alle zu verschrecken.

„Lord Karjha war bei mir in Audienz" – „Bitte verzeiht, Majestät"

Mathew lächelte stumm und ließ seine Hand aufgleiten. Schuldbewusst legte ich meine in Seine. Hätte ich ihm früher berichtet, hätte ich vielleicht Verhandlungsbasis. „Ihr habt gut reagiert, Lavinia" – „Ich liebe sie trotz allem, Mathew" Er lächelte nickend.

„Nehmt Sie mir nicht weg", forderte ich und bohrte meine Nägel in seine Handflächen. Vielleicht konnte ich nicht viel Zeit mit ihr verbringen, aber sie war immer für einen Ratschlag oder eine liebevolle Geste zur Stelle.

„Sie ist eine Hochverräterin"

„Dann verbannt sie"

„Ihr würdet Eure Mama zurückholen, Lavinia"

Ich schluchzte auf und entzog ihm meine Hand. Er hatte mir selbst gesagt, dass er sie liebte wie eine zweite Mutter. Wie konnte er es dann übers Herz bringen, sie hinrichten zu lassen, wie eine X-beliebige Verbrecherin. „Bitte entschuldigt mich, Majestät. Ich muss über mein Kind wachen"

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Wichtig!!

Unabhänging von dieser Geschichte führe ich dieses Jahr einen Adventkalender. Ihr findet ihn unter dem Titel "Weil du mir gehörst" oder auf meiner Seite. Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns über die Adventzeit täglich lesen.

Schönen ersten Adventsonntag.


Lavinia, dass Mädchen unter VielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt