Kapitel 40

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Dorian

Ich hatte einen Boten vorgeschickt, der Olivia vorwarnen sollte. Vor wenigen Wochen war sie mir bei Hof begegnet und ich hatte sie um diese Notfallunterkunft gebeten. Sie kannte mich seit ich ein kleiner Junge war und nahm meine Bitte als große Ehre an. Mit Sicherheit wird sie nicht begeistert sein, wenn ich bei Nacht und Schneefall eine kranke Kaiserin in ihr Bett schmuggelte. Als Lavinia vor einer halben Stunde nochmal aufgewacht ist, gab ich ihr ein Schlafmittel. Der Arzt meinte, ihr Körper müsse warm und ruhig gehalten werden.

Die Kutsche kam mit einem Ruck zum Stehen und ich hob Lavinia sofort hoch. Vorsichtig schob ich mich mit ihr aus der Kutsche. Wie gewünscht war kein Dienstbote zu sehen. Lavinias Arzt eilte bereits hektisch hinein und ignorierte Olivia vollkommen. „Könntest du uns ihr Zimmer zeigen?", fragte ich sofort und Olivia nickte hektisch. Mit ihrer erblassten Haut wirkte sie wie ein Geist. Sie hastete voraus und ich folgte ihr mit Lavinia in den Armen. Sie rührte sich nicht und ich war mir nicht sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Ihr Arzt bellte einigen Hausmädchen bereits Befehle zu und teilte Ihre Hofdamen ein.

Vorsichtig ließ ich Lavinia in ein schmales Bett sinken. Sie hustete und Blut benetzte ihre Lippen. „Sie hustete Blut", rief ich ihrem Arzt zu, der einen gälischen Fluch ausstieß und mir bedeutete, ich solle sie zur Seite drehen. Ängstlich hielt ich ihre Hand fest und drückte einen Kuss darauf. Ich hätte darauf bestehen müssen, dass sie sich eine Jacke holte, als wie in den Garten gegangen sind, schoss mir durch den Kopf. „Majestät, wir müssen sie wecken, damit wir sie einkleiden und abhören können", wies der Arzt mich an und ich nickte grimmig. Ich strich ihr einige Strähnen hinters Ohr und streichelte ihre Wange. „Lavinia", flüsterte ich, „komm, wach auf" Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange, worauf sie sich endlich regte.

„Kannst du dich aufrichten?", fragte ich, worauf sie benommen nickte. Ihre Hofdamen stützten sie, während die Blusen und Mieder aufknöpften, bis sie nur mehr im Unterkleid vor ihrem Bett stand. So hatte ich mir unsere Hochzeitsnacht allerdings nicht vorgestellt. „Maida, mir ist übel", jammerte sie und Maida musterte sie einen Moment. „Kommt", sie legte einen Arm sie, um und führte sie durchs Zimmer. Panisch schüttelte Lavinia den Kopf. Ich wollte auf sie zugehen, doch Maida schüttelte den Kopf. LaRovere eilte mit einer Schüssel in den Raum und Lavinia ließ sich auf die Knie sinken. Einen Moment später erfüllte ihr Würgen den Raum. Mir drehte sich selbst der Magen um. „Keine Sorge, dass die normale Reaktion auf das Schmerzmittel", informierte mich laRovere. Der Arzt kam zurück ins Zimmer, bemerkte Lavinia und deutete mir, sie wieder ins Bett zu heben. Besonders vorsichtig hob ich sie und bemerkte, dass sie weinte. Sofort wischte ich ihr die Tränen von den Wangen. „Ich muss Euch abhören", erklärte der Arzt kurz und Lavinia nickte mechanisch.

Ich kannte diese Prozedur bereits und trotzdem schockierte es mir jedes Mal aufs Neue. „Ihr könnt im Moment nichts für sie tun", erklärte ihr Arzt und ich sah ihn gequält an. Irgendetwas muss es ihr doch leichter machen? Als ich mich nochmal zu ihr Umwandte, hatte Lavinia ihre Augen bereits wieder geschlossen und atmete regelmäßig. „Das Schmerzmittel wirkt noch einige Stunden. Solange lassen wir sie schlafen. Wenn sie aufwacht, werden ihre Hofdamen wissen, was zu tun ist. Klärt am besten unsere Gastgeberin auf"

***

Ich war seit einer Ewigkeit nicht mehr hier gewesen, fand mich aber noch ausgezeichnet zurecht. Lady Malet saß ihrem Mann am Esstisch gegenüber, als ich den Raum betrat. Beide erhoben sich steif. „Setzt Euch, Majestät", lud sie mich ein, worauf ich mir ein schiefes Lächeln abrang und mich auf den freien Stuhl am Kopf des Tisches fallen ließ. „Möchtet Ihr etwas essen?", fragte Olivia mich vorsichtig, worauf ich den Kopf schüttelte. „Hast du hier irgendwo Brandy versteckt?", fragte ich an Olivias Mann Henry gewandt, der spitzbübisch grinste und sich erhob. „Danke, dass wir hier sein dürfen, Olivia", sagte ich erschöpft, worauf sie mechanisch nickte. Henry klopfte mir auf die Schulter und drückte mit den Brandy in die Hand. „Lavinia ist ..." begann ich und stockte jedoch. Das war ein Staatsgeheimnis. Eigentlich durfte ich es niemanden sagen. Aber ich konnte schlecht behaupten, sie sei einfach erschöpft gewesen. „Sie ist lungenkrank", brachte ich schließlich hervor, worauf Olivia erschrocken die Hand vor den Mund schlug. Henry ließ sich in seinem Sessel zurückfallen. „Die Kaiserin ist ...", begann Olivia, worauf ich sofort unterbrach: „Die Kaiserin erfreut sich bester Gesundheit. Ich habe euch erzählt, dass meine Frau lungenkrank ist" Ich sah sie beide warnend an. Dieses Geheimnis konnte unseren Staat ruinieren. Vor allem in diesem Teil des Landes, den Lavinia auch nach all den Jahren noch geflissentlich ignorierte. Olivia war gut über die Wut der Bevölkerung informiert und hielt mich auf dem Laufenden. Aber mit diesem Aufenthalt wird hoffentlich alles anders werden.

„Können wir helfen?"

„Wir werden die nächsten Tage noch hier bleiben müssen, bis der Arzt seine Zustimmung zur Weiterreise gibt. Verhaltet euch so normal wie möglich. Kein besonderes Geschirr, keine besondere Kleidung. Lavinia wird sich so gut sie kann im Hintergrund halten. Ich weiß, sie hat euch bei Gott keinen Grund gegeben in sie zu vertrauen, aber sie ist ein anständiger Mensch"

„Sie ist deine Frau, alter Freund. Sie ist uns hier willkommen. Außerdem hat", auch Henry stolperte über den Vornamen der Kaiserin, „Lavinia den verstorbenen Kaiser davon überzeugt, keine Vergeltung an der Bevölkerung zu nehmen. Das vergessen wir ihr nicht"

Ich rang mir ein Lächeln ab. Lavinia würde jetzt den Kopf schütteln und sagen, dass sie alle im Stich gelassen hatte, aber anscheinend sahen das die Menschen anders. Hoffentlich hatte Henry die Gelegenheit ihr das zu erzählen.

Lavinia

Mein eigenes Gähnen weckte mich und ich räkelte mich müde im Bett. Vorsichtig schlug ich die Augen auf und entdeckte im Dämmerlicht Dorian. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. Sein Kopf stützte er mit einer Hand und er schien im Sitzen eingeschlafen zu sein. Vorsichtig richtete ich mich auf. Dorian blinzelte irritierte, stieß dann aber ein erleichtertes Lachen aus.

„Komm her", lud ich ihn ein. Worauf er sich ächzend erhob. Er ging vor meinem Bett in die Knie und drückte einen Kuss auf meine Hände. „Dir geht es besser", stellte er lächelnd fest. Langsam nickte ich. Wir konnten weiterfahren. Ich machte Anstalten mich zu erheben, worauf mich Dorian sofort zurück drückte. „Wir bleiben die nächsten Tage hier", bestimmte er worauf ich sofort den Kopf schüttelte. „Mir geht es besser", versicherte ich ihm. Dorian lächelte schwach und setzte sich zu mir an die Bettkante. „Dann lass uns diesen Umstand einmal genießen, bevor wir ihn sofort wieder über Bord werfen", bat er und ich seufzte auf. Wahrscheinlich war ich selbst daran schuld. Geschlagen nickte ich. Dorian drückte mir einen Kuss auf die Stirn und musterte mich nochmal. Sein intensiver Blick ließ Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen.

„Wo sind Maida und laRovere?"

„Ich habe Ihnen gesagt, wir brauchen sie erst zu Mittag. Den beiden war ihre Erschöpfung anzusehen"

„Danke, dass du dich auch um sie gekümmert hast"

Dorian drückte mir einen Kuss auf die Wange und ich hielt sein Gesicht fest. Lächelnd ließ er seine Lippen weiter zu meinen Mundwinkeln wandern und ich öffnete erwartungsvoll meine Lippen. Dorian stieß spielerisch mit seiner Nase gegen meine, damit ich die Augen aufschlug. Sein Lächeln ließ meine Knie weich werden und ich griff mit meinen Händen nach meinem Genick um ihn endlich zu mir zu ziehen. Er lachte in den Kuss hinein. „Du musst ganz ausgehungert sein", flüsterte er und ich schüttelte schnell den Kopf. Tatsächlich grummelte mein Magen, aber ich wollte ihn weiter so nah bei mir haben. „Ich kann nicht zulassen, dass du mich auffrisst, deshalb lasse ich dir Frühstück bringen. Bitte bleib liegen"

Lavinia, dass Mädchen unter VielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt