Kapitel 35

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Solei sah misstrauisch zwischen meinen Wachen und mir hin und her, bevor sie sich seufzend abwandte. „Wir ziehen nicht in den Krieg", kommentierte sie in Timophlys Richtung, worauf ich ihr beschwichtigend über den Arm strich. Es hat sie getroffen, dass ich ihr Angebot ausschlug, ohne sie in ihr Anwesen am Land zu fahren. Erst Recht, als ich ihr erzählt, hatte, dass ich auf Dorians Wunsch nah Malheur ... in den Osten reiste. „Habt Ihr Euch umgehört?", fragte ich Solei und hakte mich bei ihr unter. Nach ihren Angaben war es nur ein 10minütiger Fußmarsch bis zum Einkaufshaus, deshalb willigte ich ein zu Fuß zu gehen. „Natürlich, habe ich das", erwiderte sie eingeschnappt. Es würde in Dorians Heimat reisen, nicht in meine. Deshalb wäre ich töricht, wenn ich keine Erkundigungen einholen würde. Dabei war niemand verlässlicher als Solei. In dem Monat, dass seit unserem gemeinsame Abendessen vergangen ist, sollte sie genügend Zeit gehabt haben, alles notwendige zusammenzutragen. Ich habe mich nicht eher Fragen getraut, da mich die Informationen vielleicht abschrecken, es jetzt aber bereits zu spät für einen Rückzug war.

„Natürlich ist ein Teil von Dorians ehemaligen Freunden geflohen", begann Solei. Als Kenneth unser Land verließ, nahm er natürlich seine engsten Verbündeten mit sich. Das für Mathew kein größeres Problem darstellte. Der herrenlose Besitz wurde unter den loyalen Familien aufgeteilt und unsere Familie gewann die Besitztümer zurück die Kenneth okkupiert hatte.

„Die Mehrheit ist noch da. Das sind zwar nicht viele, aber sie scheinen einigermaßen gute Umgangsformen zu pflegen und sind besonders kunstinteressiert", berichtete Solei und ich konnte das Gähnen aus ihrer Stimme heraushören. Mit Sicherheit hätte sie sich über einen Skandal mehr gefreut. „Irgendjemand mit dem wir uns anfreunden können?" – „Ihr möchtet eine neue Freundin?" Ihr Stimme überschlug sich und sie blieb abrupt stehen. Sofort zog ich sie weiter. Wir spazierten hier durch Straßen. Ich konnte es nicht gebrauchen, dass darüber spekuliert wird, worüber wir gerade sprechen. „Ich sagte wir und ja, ich möchte ... engere Bande in den Osten knüpfen", erwiderte ich, worauf Solei schnaubte. Ich bemerkte, wie sie ihre Wut zu zügeln versuchte und wünschte mir, wir wären gleichgestellt und sie könnte sich einfach so äußern, wie es beliebte.

„Das wird nichts zwischen uns verändern"

„Doch, natürlich wird es das. Alles, seit Dorian nachhause gekommen ist, änderte etwas"

Ich sah Solei traurig an, die sich von mir löste und in ihrer Tasche nach einem Taschentuch kramte. Solei und Dorian waren die beiden Menschen die mir außerhalb meines Hofstaates am nächsten standen. Aber desto mehr ich versuchte, zwischen ihnen zu vermitteln, desto mehr sehen sie einander das Negative. „Kommt, lasst uns miteinander einen schönen Nachmittag verbringen", wechselte sie das Thema, beschleunigte ihre Schritte und deutete auf ein altes Palais. „Willkommen im ersten Kaufhaus von Bonheur"

Überfordert ging ich die Stufen zum Eingang hoch. Die ersten Menschen blieben bereits stehen. Die meisten Männer meiner Wachen blieben vor der Tür stehen. Meine Sekretere haben sich mit der Leitung dieses Hauses abgesprochen und gemeint, sie könnten für meine Sicherheit sorgen. Deshalb begleiteten uns nur Timophly und ein weiterer Wachmann.

Unsicher wandte ich mich zu Solei um, die mich lediglich aufmunternd anlächelte. Zögerlich trat ich durch die Tür und fand mich einem hohen offenen Foyer wieder. An der Seite waren anstelle der Salons Boutiquen, die an ihren Aufschriften zu erkennen waren. „Möchten Majestät zuerst im ersten Stock in die Konditorei gehen?", half mir Solei auf die Sprünge und ich nickte hastig. Kuchen klang gut und dann hatte ich einen Moment Zeit, mich auf diese Vielfalt einzustellen. Das Haus war nicht überfüllt, gelegentlich sah ich Damen in ihren Nachmittagskleidern zu zweit oder zu dritt herumschlendern. Trotzdem war ich froh, als mir die Tür in die Konditorei geöffnet wurde und ich mich vor fremden Blicken sicher wusste. Der Raum war bis auf einen Diener und uns leer. Ich wählte einen Platz an einem Fenster, das in das Foyer hinausging. So konnte ich mir einen Überblick schaffen.

„Wenn Euch das zu viel ist, Majestät, dann ...", begann Solei und ich hob abwehrend die Hand. Ich musste mich nur einen Moment orientieren, ohne dass mich jemand dabei beobachtet, wie ich von einem Fettnäpfchen ins nächste trete. Aber mit Solei an meiner Seite, war ich gut betreut. 

***

Zwei Stunden später brauchten wir einen eigenen Pagen, der unsere Einkäufe trug. Solei hatte mir ein Spielzeuggeschäft gezeigt, wo ich Kleinigkeiten für die Kinder mitnahm und einen wunderbaren Laden, der Cremen und Badezusätze verkaufte. Solei und ich hatten an beinahe jedem Fläschchen geschnüffelt und gemeinsam hatten wir das halbe Geschäft gekauft – zumindest hatte ich dieses Gefühl. Mein Magen waren gut gefühlt mit Kakao und Schokoladentorte und ich konnte seit langem wieder befreit Lachen. „Ich würde Euch gerne noch eine Boutique zeigen. Schafft Ihr das noch?", scherzte Solei und ich hielt mir gespielt schnaufend die Seite. Sie hacke sich beim mir unter und zog mich weiter, dass ich mich zum Lachen brachte. Als ich ein ungewöhnliches Ziehen in meiner Lunge spürte, fiel mir auf, dass an diesem Nachmittag noch ein einziges Mal gehustet habe. Erneut musste ich Lächeln. „

Die letzte Boutique die sie mir zeigte, war ein Paradies aus Stoffen, Garnen, Knöpfen und Material für Applikationen. „Der Hof kauft hier regelmäßig Stoff ein", erklärte Solei und ich lächelte überrascht. Ich hatte mir, abgesehen von meinem Hochzeitskleid, lange nicht mehr die Zeit genommen, mir ein Kleid schneidern zu lassen. Deshalb zögerte ich, beim Eintreten. Aber Soleis Schwung nahm mich automatisch mit und ich seufzte genüsslich auf, als ich die erste Seide durch meine Finger gleiten ließ.

Meine Damen änderten meine Roben meist nur ab, damit der Hof nicht merkte, wie wenig Zeit ich mir für Mode nahm. Solei hingegen, nun wo ich länger darüber nachdachte, verfügte über mehr Roben als ich. Schmunzelnd beobachtete ich sie dabei, wie sie sich probeweise zwei Stoffe vor das Gesicht hielt. Kopfschüttelnd wandte sie sich zu mir um und hielt es mir vor. „Das sieht famos aus", rief sie begeistert, dass eine Schneiderin aufscheuchte, die sofort herbeitänzelte und mit Solei über ein mögliches Kleid philosophierte. Aber mich hatte etwas anderes neugierig gemacht.

Ein Stückchen weiter hinten im Raum hingen abgesteckte Stoffe. Ein Modell interessierte mich besonders. Ich sah mich suchend nach Solei um. Mit Sicherheit war es unschicklich, so etwas öffentlich zu kaufen, aber dieses Negligé sah wirklich bezaubernd aus. Meine eigene Nachtwäsche war ebenfalls hübsch, aber nicht länger etwas besonders. Dieses luftige Kleid allerdings hatte einen tieferen Ausschnitt, als ich es jemals gesehen hatte, der allerdings zur Hälfte mit Spitze verdeck war. Der Rücken war geschlossen, also konnte ich meine Narben wenigstens im ersten Moment vor Dorian verbergen. Das gefiel mir.

„Princesse?", ich wandte mich kurz zu ihr um, worauf sie die Schneiderin stehen ließ, und langsam auf mich zukam. „Eure Augen funkeln – was habt Ihr gesehen?" – „Schaffen wir es irgendwie, dieses Negligé zu kaufen, ohne mich in Verruf zu bringen?" Soleis Augen blitzten ebenfalls bevor sie langsam nickte. „Wartet eine Moment", sie wandte sich zur Schneiderin um und besprach einen Moment etwas mit ihr, bevor sie sich wieder mir zuwandte. Einen Moment später, kam eine ältere Dame heraus, die ein Maßband umgehängt hatte. „Majestät", sie knickste und ich reichte ihr errötend meine Hand. Angesichts meines Anliegens wäre es mir angenehmer gewesen, wenn sie meinen Titel vergessen könnte. Solei ergriff erneut die Initiative. „Meine Freundin", sie betonte das extra, worauf sich die Augenbrauen der älteren Dame kurz hoben, bevor sie ernster nickte, „möchte gerne dieses ... Kleid kaufen" Die ältere Dame musterte mich einmal und nickte kurz. „Darf ich die Maße nehmen? Ich nehme an, Sie hätten es übermorgen gerne?", redete sie unbeirrt weiter und meine Wangen erröteten noch weiter. Zögerlich nickte ich. Das wäre sicher eine nette Überraschung für Dorian. Zumindest etwas, dass ich ihm außer Ärger und meiner mickrigen Liebe geben konnte. Ich presste meine Hand in meine Seite, als ich erneut diesen stechenden Schmerz spürte. Princesse Solei legte besorgt eine Hand auf meine Schulter. Sie hatte nie gefragt, was mir fehlt, aber natürlich wusste sie, dass etwas im Busch war.

„Bitte ruft nach einer Kutsche", wies ich an und Solei nickte besorgt. „Braucht Ihr sonst noch etwas?", fragte sie sanft und ich schüttelte entschieden den Kopf. Nur für alle Fälle werde ich nachher den Arzt konsultieren. Nachdem ich bei den Kindern war und wir alle gemeinsam Kuchen gegessen hatten.


Lavinia, dass Mädchen unter VielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt