„Bitte verzeiht, Majestät, aber der Prinz befindet sich in militärischer Ausbildung. Direkter Kontakt zum Elternhaus ist dabei nicht erwünscht"
Für den Bruchteil einer Sekunde entglitten mir meine Gesichtszüge. Ich konnte es dem selbstgefälligen Grinsen des Militärs gegenüber von mir entnehmen. Seine Mundwinkel verschoben sich und dabei sah er aus, wie eine Kröte. Seine Narben, die quer über seine Wangen laufen, haben ihn lange vor seiner Zeit alt gemacht. „Ihr wagt es auf meinen Privatbesitz zu kommen, mir mein Kind wegzunehmen und mir dann den Zugang zu ihm zu verweigern?" – „Majestät wussten, dass den Kronprinz eine militärische Ausbildung erwartet. Sobald seine Lehrer da sind, wird der geregelte Stundenplan eintreten" Vermittelte ihm der Ministerrat wirklich das Gefühl, er dürfe solche Spielchen mit mir spielen? „Da Ihr heute den spanischen Botschafter empfangen habt, ging ich davon aus, dass Ihr Euch gut genug fühlt, um Eure Familie ...", er zögerte und sein Grinsen wurde wenn möglich noch breiter, „wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen" Ich hätte auf Dorian hören sollen. Er war mir um Welten überlegen. Hatte dieses Gespräch in alle Richtungen einmal durchgespielt und auf alles eine Antwort gefunden, dass ich bemängeln oder in Frage stellen konnte.
„Ich bitte Euch noch Mal mich mit meinem Kind alleine zu lassen", ich stützte mich an seinem Sekretär ab, als ich Husten musste. Um zu verbergen wie ich Blut spucken, hielt ich mir ein Taschentuch vor den Mund. Ich atmete keuchend aus und ein. „Sollen wir Euch etwas zu trinken bringen, Majestät?", fragte mich der Soldat zu seiner rechten und ich rang mir ein Lächeln ab, während ich den Kopf schüttelte. „Bitte", wiederholte ich leise und hasste mich selbst dafür, dass ich einen Fremden um einen Augenblick mit meinem Kind anflehen musste.
Der Leutnant beugte leicht seinen Kopf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Die Wache zog sich mit einer Verbeugung zurück. Sie standen eindeutig schon einmal im Hofdienst. Noch bevor sie die Tür ganz geschlossen hatten, fiel ich vor Novel auf die Knie und rieb ihm über seine Oberarme. „Wo sind deine Sachen?"
„Ich muss die Uniform anziehen, Mama"
Ich drückte ihm stumm einen Kuss auf seinen Scheitel und zog ihn zu einer Umarmung an mich heran. „So schnell ich kann, werde ich Professoren für dich auftreiben" – „Ist schon gut, Mama. Ich weiß, dass viel vom Willen der Minister abhängt" Uns traten beide Tränen in die Augen und strich ihm nochmal über die Wange. Wie sollte ich jemals hier hinausgehen? Ich wusste, dass er ihn misshandeln wird. „Keine Sorge, Mama. Papa hat diese Ausbildung mit Bravour gemeistert. Vielleicht hab ich etwas davon in mir" – „Du wirst das großartig machen, mein Liebling" Ich lächelte in das Gesicht, das Pagets so ähnlich war. Was für einen Mann hatte diese Ausbildung aus ihm gemacht? Einen Krieger, der ausschließlich Mut bewies, wenn er ein Schwert in der Hand hielt.
„Ich bin so stolz auf dich, mein Engel", flüsterte ich und drückte ihm einen letzten Kuss auf die Stirn, bevor ich mich erhob. Noch heute Abend werde ich Nemours und Chevaliers holen. Noch besser, wir fahren in die Stadt. Ich schniefte und strich ihm nochmal über die Wange.
„Mama?", seine Stimme drohte zu brechen und biss mir auf die Lippen. „Könntet Ihr meine Sachen vom Oberkommandanten einfordern? Es ist meine Lieblingsreithose", ich nickte steif und spürte die Tränen die meine Wangen herunter flossen. Ich stürmte quasi durch die Tür und fiel gleich davor in Maidas Hände. Der Oberkommandant sah mich mit einem seltsamen Blick an, als ich mir die Tränen von den Wangen tupfte. Ich musste erneut Husten.
„Glaubt mir, dass letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen"
„Ich weiß, Majestät, und ich habe keinen Zweifel, dass Ihr den Ministerrat überzeugen werdet"
Sein Lächeln war dieses Mal echter, weniger hämisches. „Aber solange gehört er mir und wird zu einem Soldaten erzogen" – „Passt gut auf ihn auf, Oberkommandant. Irgendwann wird er über Euch richten"
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Lavinia, dass Mädchen unter Vielen
Ficción históricaLavinia wird mit der Gewissheit konfrontiert, dass Paget nicht zurückkehren wird, während ihr Cousin Mathew immer schwächer wird. Wer wird das Land reagieren, sollte Mathew wirklich sterben und wer steht ihr dann noch zur Seite? Im letzten Band dies...