Ich versteckte mich hinter der nächsten Sträuchergruppe und ließ mich auf den Boden fallen. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass es etwas Schlimmeres gäbe, als von Paget verlassen zu werden. Heute wurde ich eines besseren belehrt. Er hatte mir nie gehört. „Majestät", Nemours Stimme wehte über mich, wie eine sanfte Frühlingsprise. „Ihr müsst aufstehen", mahnte er und seine Fingerspitzen strichen kurz über meine Schultern.
„Wieso?"
„Eure Lunge Majestät"
„Glaubt Ihr, ich wäre tot, wenn ich die ganze Nacht hier säße?"
„Daran dürfen Majestät nicht einmal denken"
„Wieso?"
„Weil Euch so viele Menschen lieben und brauchen"
Ich stützte meinen Kopf auf meinen Handballen ab und machte mich noch kleiner. Es soll doch einfach nur aufhören zu schmerzen. Nur für eine Nacht möchte ich die Gewissheit haben, dass ich am nächsten Morgen nicht aufwachen werde und einem Desaster entgegenblicke. Nemours dauerte es zu lange und er griff unter meine Schulter, um mich auf meine Beine zu ziehen. Als ich mich weigerte zu stehen, zog er mich in eine Umarmung. Einen Moment zögerte ich, bevor ich meine Arme um ihn schlang. Er war der Einzige, der mich nie verlassen hatte. Augenblicklich klammerte ich mich fester an ihn.
„Diese Liebe, von der Ihr da sprecht ... ich habe sie mir nicht verdient, Nemours"
„Aber natürlich habt Ihr das Majestät"
„Niemand hat mich gewählt. Meine Kinder haben keine andere Wahl, als ihre Mutter zu lieben, weil ihr Vater fort ist"
„Ich habe gewählt Euch zu lieben"
Seine Worte waren lediglich ein Wispern und trotzdem konnte ich sie deutlich hören. Meine Tränen versiegten schlagartig und ich drückte mich von ihm los. Entschieden schob ich alles beiseite außer seine letzten Worte. Nemours durfte mich nicht lieben.
„Ihr scherzt", tat ich es ab, in der Hoffnung, dass er Lachen würde. Aber Nemours verzog keine Miene und starrte nur stumm zu mir herunter. Ich schlug die Hände vor das Gesicht. „Weiß Gwen es?", fragte ich, inständig hoffend, dass er verneinte. Wie konnte ich das all die Jahre nicht bemerkt haben? Nemours war der Einzige, der mich nie verlassen hatte. Ich zog die Hände zurück und starrte in sein nickendes Gesicht. Bei Gott! „Was soll ich jetzt tun?" – „Nichts, Majestät. Wir machen weiter wie bisher" Ich starrte zu ihm auf und nickte mechanisch. Nichts würde je wieder sein wie bisher. Aber Nemours bot mir seinen Arm an und ich hackte mich unter.
„Ist ... ist mir Gwen böse?", flüsterte ich und starrte auf den Saum meines Kleides. Ich habe sie in den letzten Jahren in alles eingeweiht. Sie hat mit mir um Paget getrauert und mir Freundschaften fernab vom Adel ermöglicht. Wie konnte ich sie bloß so ausnutzen? „Gwendolin und ich haben unseren Frieden gefunden, Majestät. Sie ist Euch nicht böse" Ein Diener stand an der Tür bereit, um sie uns zu öffnen. Ob er erahnte, welche Dinge sich gerade zugetragen hatten? Alleine der Gedanke ließ mir erröten. Aber für ihn schien sich die Welt noch im selben Takt weiterzudrehen.
Maida
Ich sah mich mehrere Male um, doch ich konnte beruhigt sein. Mich hatte niemand entdeckt. Der Weg durch die unterirdischen Gänge nahm heute zu viel Zeit in Anspruch. Ich schlüpfte beim Kücheneingang in das Anwesen der Nemours und war erleichtert, dass die Dienstboten alle im Dienstbotenzimmer versammelt waren. So schenkten sie mir keine Aufmerksamkeit. Eilig hastete ich über die Treppen nach oben. Gwendolin kam mir entgegen und sah mich verwundert an. Hastig drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange.
„Ist etwas geschehen?"
„Ich bin hier um das herauszufinden. Ihre Majestät ist völlig aufgelöst und war den ganzen Abend bei André"
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Lavinia, dass Mädchen unter Vielen
Historical FictionLavinia wird mit der Gewissheit konfrontiert, dass Paget nicht zurückkehren wird, während ihr Cousin Mathew immer schwächer wird. Wer wird das Land reagieren, sollte Mathew wirklich sterben und wer steht ihr dann noch zur Seite? Im letzten Band dies...