„Lavinia, du musst aufstehen"
„Warum?"
Bis jetzt hatte ich nicht gemerkt, dass der blaue Stoff der Vorhänge verschiedene Schattierungen hatte. Wie konnte ich seit 10 Jahren in diesem Bett schlafen und das nicht bemerken? Ein Funke Licht traf mein Gesicht. „Nein", stoppte ich Maida. Sie ließ die Vorhänge wieder fallen, setzte sich erneut zu mir an die Bettkannte. Zu meinem großen Glück versuchte sie nicht, mich nochmal zu berühren.
„Der Ministerrat tagt, Majestät"
„Lasst mich entschuldigen"
Seit Mathew krank geworden war, hab ich ihn in jedem Treffen vertreten. Ich brauchte eine Pause. Wütend schrie ich auf, als mir Maida plötzlich die Decke weg zog. „Das ist Befehlsmissachtung", brauste ich auf und griff fröstelnd nach meinem Morgenrock, den sie mir reichte.
„Du kannst mich bestrafen, wenn du aus diesem Bett steigst und von deinen Rechten Gebrauch nimmst", forderte mich Maida heraus. Sofort schossen mir Tränen in die Augen und Maida verzog ihr Gesicht. Ja, ja ... sie hatte Recht. Schwach war ich geworden. Sie kniete sich neben mich und drückte einen Kuss auf meine Hand.
„Ich lasse nicht zu, dass du dich jetzt geschlagen gibst. Es mag dir jetzt nicht so erscheinen, aber du hast schon schlimmer überstanden"
„Ich weiß keinen Ausweg"
„Wenn du stehen bleibst, findest du auf keinen Fall hinaus!"
Maida erhob sich und streckte mir ihre Hand entgegen.
***
Ich hörte das leise Geflüster, als ich den Raum betrat. Ich trug einen Halbschleier, der zumindest meine eingefallen Augen halb verdeckte. Der Ministerrat tagte bereits seit einer Stunde, aber ich kam nie pünktlich. Nemours gab mir am Ende meistens eine Zusammenfassung sollte ich etwas Ausschlaggebendes verpasst haben.
„Sprecht weiter", forderte ich auf und nahm wie gewohnt den Vorsitz ein. Erst als ich saß, wurde mir bewusst, dass ich nicht länger das Erzhaus vertrat. Heute saß ich zum ersten Mal als die zukünftige Kaiserin hier. Von nun war ich das Erzhaus. „Wir unterhielten uns gerade über die Krönung" – „Fahrt fort"
Ich fixierte die gesamte Unterhaltung lang einen Punkt hinter den Ministern. Obwohl sie alle die Köpfe gesenkt hatten, sprachen sie trotzdem völlig unbedarft über die Ersetzung Mathews. Ein Bankett nach dem anderen wurde geplant. „Nein", unterbrach ich schließlich das Stimmwirrwarr. Sofort war es mucksmäuschen still. „Der Hof ist in Trauer. Ich gestatte keine tagelangen Feiern" – „Aber Majestät! Es ist Eure Krönung, das erwartet der Hof" – „Ich bin der Hof, verehrter Minister! Die Adeligen werden ihre Bankette bekommen. Nachdem Seine Majestät Mathew Manches mit Sitte und Anstand beerdigt wurde"
Überraschenderweise hielten sie darauf ihren Mund. Sie gingen dazu über, die Gästelisten sowohl für die Krönung als für die Beerdigung zu kontrollieren und erst ganz zum Schluss, besprachen sie neue Termine für die Bankette. Sie schielten immer wieder zu mir, aber ich blieb stumm.
„Gedenken Majestät die Treueschwüre heute abzunehmen?", fragte Nemours vorsichtig und ich blinzelte einige Male perplex. Ich hatte völlig vergessen, dass mir das auch noch bevorstand. Stumm schüttelte ich meinen Kopf. Mein Verhalten musste ein elendes Bild abgeben, aber zumindest konnte man mir nicht vorwerfen, ich drücke mich vor meiner Verantwortung.
Erneut setzte Gemurmel ein. Ich wusste, dass es so nicht üblich war, aber das scherte mich nicht.
„Es sei denn jemand möchte meinen Anspruch anfechten?", reagierte ich herausfordernd, worauf ich sofort alle Minister den Kopf schüttelten. Gut. Damit wäre ich nicht auch noch fertig geworden.
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Lavinia, dass Mädchen unter Vielen
Historical FictionLavinia wird mit der Gewissheit konfrontiert, dass Paget nicht zurückkehren wird, während ihr Cousin Mathew immer schwächer wird. Wer wird das Land reagieren, sollte Mathew wirklich sterben und wer steht ihr dann noch zur Seite? Im letzten Band dies...