KILIAN
Nachdem ich heute im Rudelhaus wenig zu tun hatte, entschied ich mich Milo anzurufen.
Ich war erstaunt und erleichtert zugleich gewesen, als er tatsächlich ran ging.
Durch meine Auswirkung auf ihn, hatte ich ihn natürlich auch schnell überreden können, dass ich vorbei kommen konnte.
Er konnte mir nur sehr schlecht etwas abschlagen, dass war mir schon bei unserem ersten Treffen aufgefallen.
Jedoch beruhte all dies auf Gegenseitigkeit. Ebenso konnte er mich zu Sachen bringen, die ich normalerweise nicht tun würde. Ich war mir nur nicht ganz sicher ob er dies wusste.Er sah so süß aus, wie er konzentriert das Essen machte und versuchte nicht zu mir rüber zu schauen.
Er bemerkte natürlich meinen stechenden Blick, welchen ich keine Sekunde von ihm nehmen konnte.
Ich konnte gar nicht mal wirklich etwas dagegen unternehmen. Es passierte einfach.Nachdem wir gegessen hatten, saßen wir nun auf der Couch im Wohnzimmer und schauten uns einen Film an, welcher gerade im Fernsehen lief.
Wir saßen mindestens zwei Meter auseinander, was Nero beinahe zum ausflippen brachte.
Er wollte unseren Mate endlich berühren und am liebsten sofort markieren.
Aber das war nicht möglich. Noch nicht.
Er war ein Mensch und somit durfte ich nichts überstürzen.
Zwar kannte er mein Geheimnis, dass ich ein Werwolf war, aber trotzdem war er sensibler.
Besonders, da er die Bindung noch nicht zuließ. Die meisten Mates, wenn sie beide Werwölfe waren, sprangen sich regelrecht in die Arme.
Ich hatte da eher einen etwas schwierigeren Fall abbekommen.Mit einer flinken Bewegung schnappte ich mir die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
Milo schaute mich verwirrt an und nach einigen Sekunden intensiven Augenkontaktes begann ich zu sprechen.„Ich möchte dich kennenlernen."
Meine Stimme war ruhig und ich setzte mich schräg auf die Couch, um ihn besser ansehen zu können.Langsam bewegte er sich ebenfalls, setzte sich in die gleiche Position und schaute mich mit leicht schief gelegtem Kopf an.
„Schieß los. Was willst du wissen?"
Er legte seinen Kopf auf die Lehne und schloss für kurze Zeit seine Augen, so als müsse er sich erst beruhigen, um meine Fragen beantworten zu können.„Wie lautet dein ganzer Name?", fing ich an.
„Milo Black.", sagte er ohne seinen Kopf anzuheben.
Nur seine Augen fixierten mich, als hätte er das Gefühl ich würde ihn gleich anspringen.
„Deiner?", kam es dann leise.„Kilian Kings.", antwortete ich.
Nach mehreren Stunden des Redens, wusste ich nun eine ganze Menge über Milo.
Belanglose Dinge, wie seine Lieblingsfarbe oder Lieblingsessen.
Ebenfalls hatte er mir von seiner Kindheit erzählt, welche wirklich schön gewesen war.Es wurde bereits dunkel draußen, als mein Handy begann zu klingeln.
Ich fischte es aus meiner Hosentasche und sah kurz zu Milo, welcher mit geschlossenen Augen neben mir lag.
Richtig schlafen tat er nicht, aber er war definitiv fertig mit den Nerven.„Ja?", sagte ich also leise.
„Wann kommst du nachhause?", fragte mich eine Stimme, welche ich als Liams identifizieren konnte.
„Weiß nicht, wieso? Ist was passiert?", fragte ich und ließ meinen Blick über den zierlichen Körper neben mir wandern.
Meine Augen blieben an seinem Bein hängen, wo etwas an seinem Knöchel unter seiner Jogginghose herauskam.
Es sah aus wie eine Schiene oder irgendetwas was sein Bein in einer bestimmten Stellung festhielt.„Es wurden Jäger gesichtet.", sprach er weiter.
„Jäger? Hier?", sagte ich lauter als beabsichtigt, weshalb Milo kurz zuckte.
„Ja, hier. Kannst du bitte nachhause kommen? Die Anderen drehen schon am Rad. Wir wissen nicht was wir tun sollen.", drang verzweifelt seine Stimme an mein Ohr.
„Ja.", antworte ich nur knapp und legte auf.
Meine Hand strich wie hypnotisiert über seinen Knöchel. So federleicht, dass es fast gar keine Berührung war.
Nach ein paar mal blinzeln schaute ich in Milos Gesicht.
Er hatte die Augen weiterhin geschlossen.
Ich stand auf und hob ihn vorsichtig hoch.
Dann trug ich ihn die Treppe hoch und folgte meinem Geruchssinn bis zu seinem Schlafzimmer.
Dort ließ ich ihn auf seinem Bett nieder und deckte ihn zu.
Ich strich noch einmal kurz über seine Wange und gab ihm einen Kuss auf die Schläfe, ehe ich aus dem Haus verschwand und zu Fuß zu meinem joggte.Dort angekommen erwartete mich das Chaos.
Kaum hatte ich die Türe geöffnet, sah ich mein Rudel wild durcheinander laufen. Manche schreiten sogar durch das ganze Wohnzimmer.
Mit einem lauten Knurren ließ ich alle verstummen.Die Personen die noch standen setzten sich hin und ließen mich in die Mitte treten.
„Liam!", schrie ich einmal kurz und schon tauchte mein Beta neben mir auf.
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute ich ihn an.
„Was zum Teufel ist hier los?!"Einmal tief ein und ausatmend schaute er mich an.
„Aiden und ich waren auf Patrouille, als wir plötzlich jemanden gesehen haben. Wir haben uns nichts dabei gedacht, da es ja öfters passiert, dass Menschen durch den Wald laufen. Also sind wir stehen geblieben und haben die Person beobachtet. Er war am telefonieren und sagte etwas wie ‚ich werde ihn schon noch finden, es ist ja schließlich meine Spezialität Werwölfe zu töten', danach ist mir ein Knurren rausgerutscht und dann hat er auf uns geschossen.", erzählte Liam angespannt.„Hat er euch getroffen?", fragte ich jedoch nur.
„Aiden wurde leicht gestriffen, Troy verarztet ihn gerade.", antwortete er schulterzuckend.
„Okay. Ihr geht jetzt alle nach Hause! Und erstmal wird niemand mehr den Wald betreten! Habt ihr das alle verstanden?"
Nickend verschwanden meine zwanzig Rudelmitglieder aus meinem Haus und ließen mich und Liam alleine.
Sie wohnten alle in ihren eigenen Häusern näher an der Stadt.
Zwar war dieses Haus hier riesig, aber trotzdem war ich lieber alleine.
Meine Mutter lebte hier, ebenso wie die Zwillinge, welche vor ein paar Jahren ihre Eltern verloren und als Streuner hier her kamen.
Das war am Anfang, als ich gerade das Rudel übernommen hatte, da mein Vater gestorben war.
Ich liebte sie wie meine eigenen Brüder, genauso sehr wie Liam.Zielstrebig lief ich auf Aidens Zimmer zu und öffnete leise die Tür.
Troy, unser sogenannter Arzt, saß am Bettrand und schaute dem Schlafenden neben ihm zu.
Als er mich bemerkte, stand er auf und kam auf mich zu.„Ich hab ihm was zum schlafen gegeben. Die Wunde ist schlimmer als sie aussieht. Der Pfeil war in Eisenhut getränkt und hat dadurch viel Schaden angerichtet. Wir können froh sein, dass es nur ein Streifschuss war.", sagte er leise und seine Augen begannen zu glühen.
„Wenn ich den Bastard finde der ihm das angetan hat, dann..."
„Beruhig dich, Troy. Das hilft jetzt nichts, wenn du dich aufregst. Wir werden die Jäger finden und ausschalten. Kümmere du dich lieber um deinen Mate und lass mich den Rest erledigen."
Ich nahm meine Hand von der Schulter des Älteren und schaute ihn noch einmal aufmunternd an, ehe ich das Zimmer wieder verließ.Als die Beiden sich damals das erste Mal gesehen haben, war es als wäre Aiden plötzlich eine ganz andere Person.
Er hatte seine Lebensfreude wiedererlangt und brachte sogar Ethan wieder mehr zum Lachen.
Als ich sie bei mir aufnahm, lachten sie kein einziges Mal.
Sie hatten mit ansehen müssen, wie ihre Eltern gefoltert und schließlich umgebracht wurden und Troy hatte Aiden endlich wieder glücklich gemacht.
Ich erhoffte mir dieses Glück für Ethan ebenfalls. Seinen Seelenverwandten zu finden ist wirklich das Beste was einem jemals passieren kann.

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Solitarius Lupus
WerewolfSolitarius Lupus - Einsamer Wolf Milo ist der einzige Nachfolger der Lupus Familie. Diese ist jedoch laut Geschichten bereits ausgerottet. Seine Eltern starben bei einem Autounfall, welchen Milo überlebte. Zwei Jahre später, umgezogen in ein unsch...