MILO
Es war bereits zwei Uhr nachts und ich konnte immer noch nicht schlafen.
Meine Gedanken kreisten ununterbrochen um Kilian. Ich hatte mich beinahe nicht mehr unter Kontrolle gehabt in seiner Nähe.Er hatte mich gleich zweimal zu etwas überreden können.
Jetzt hatte er doch tatsächlich meine Handynummer.
Er wird sich mit Sicherheit direkt morgen melden und mein Leben nur noch mehr auf den Kopf stellen.Frustriert setzte ich mich in meinem Bett auf und entschied mich dazu raus zu gehen.
Im Wohnzimmer angekommen ging ich durch die Terrassentür ins Freie.
Ich schätzte die Temperatur auf etwas mehr als fünf Grad, also angenehm in Wolfsgestalt.
Verwandelt ging ich langsam los und wurde mit jedem Schritt schneller.Am Bach angekommen trank ich erstmal ein paar Schlücke.
Das kalte Wasser lief meinen Rachen hinunter in meinen Bauch.
Genießerisch schloss ich meine Augen.
Ein Vogel setzte sich neben mich und ließ mich in alten Erinnerungen schwelgen.In meiner Höchstgeschwindigkeit lief ich zwischen den Bäumen her und sprang über Wurzeln.
Mit meinen zehn Jahren war ich in Wolfsgestalt noch nicht sehr groß.
Mein weißes Fell jedoch erkannte man schon von weitem, weshalb ich beim Versteck spielen auch immer verlor.„Nicht so schnell, Milo! Wir dürfen doch nicht so weit weg!", rief mir Troy hinterher.
Ich ignorierte ihn jedoch und versuchte noch schneller zu laufen.
Keine drei Sekunden später wurde ich am Genick gepackt und zum stehen gebracht.„Eyy! Du bist so ein Spielverderber!", motzte ich auch schon rum und versuchte mich aus Troy's Griff zu befreien.
Er war allerdings mit seinen fünfzehn Jahren schon um einiges größer und stärker und lachte daher nur, während er mich wieder ein Stück Richtung Rudelhaus trug.Eine Weile später ließ er mich wieder runter.
„Schau mal.", flüsterte er und legte sich auf den Boden.
Ich machte es ihm gleich und legte mich in Angriffsstellung hin.
„Auf drei.", sagte ich.„Eins."
„Zwei."
„Drei."Und schon sprang ich im hohen Bogen zwischen den Bäumen hervor.
Die Vögel, welche zuvor friedlich dort gesessen hatten, flogen in die Luft.
Ich hüpfte ebenfalls hoch und schnappte nach ihnen.
Natürlich kam ich nicht an sie ran, aber das wollte ich auch gar nicht.Freudestrahlend kam ich zu Troy zurück und sprang ihm auf den Rücken.
Oder ich versuchte es, denn ich rutschte direkt wieder runter und landete rücklings auf dem Boden.„Na komm, Kleiner. Wir müssen mal langsam wieder nach Hause.", sagte er und stupste mich an.
Im Haus angekommen erzählte ich meiner Mutter von meinem Abenteuer und wie ich Troy im Wettlauf locker abgezogen hatte.Wenn ich so zurück dachte. Ich hatte eine schöne Kindheit.
Was die Zeit vor dem Tod meiner Eltern anging, konnte ich mich nicht beklagen.
Aber was sollte ich machen?
Sie waren nunmal nicht mehr hier und daran konnte man nichts ändern.
Ich vermisste sie.
Die Zeit machte es erträglicher, aber es schmerzte dennoch.
Ich hatte miterlebt, wie sie starben.
Ich war mir nie wirklich sicher, ob der Tod tatsächlich ein Unfall war.Schon Wochen zuvor hatten sich meine Eltern seltsam verhalten. So als würden sie mir etwas verheimlichen.
Ich hatte nie etwas in Frage gestellt, da ich ihnen vertraute.
Vermutlich war es tatsächlich nur ein blöder Autounfall.

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Solitarius Lupus
WerewolfSolitarius Lupus - Einsamer Wolf Milo ist der einzige Nachfolger der Lupus Familie. Diese ist jedoch laut Geschichten bereits ausgerottet. Seine Eltern starben bei einem Autounfall, welchen Milo überlebte. Zwei Jahre später, umgezogen in ein unsch...