XXII

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MILO

„Wie geht es dir?", drang ihre Stimme liebevoll an mein Ohr.

„Es geht so. Ich habe Angst ehrlich gesagt.", flüsterte ich, um Kilian nicht zu wecken.
Die kühle Morgenluft wehte mir durchs Haar und ließ einzelne Strähnen in die Höhe fliegen.
Die Sonne ging gerade auf, während ich mich an dem Geländer des Balkons abstützte.

Nur in Boxershorts war es dann doch ein wenig frisch. Auch für einen Werwolf.

„Wovor genau?"

„Ich denke ich werde mich nicht kontrollieren können, wenn ich mit Bryson rede. Einerseits möchte ich, dass Kilian draußen bleibt. Dass alle draußen bleiben, aber ich weiß, dass ich das nicht von ihm verlangen kann. Was ist wenn Bryson über meine Eltern redet? Wenn er verrät wer ich bin, June?"
Verzweifelt raufte ich mir die Haare.

„Es wird alles gut, Milo. Klar. Du hättest es ihm früher sagen sollen. Am besten am ersten Tag, aber ich verstehe, dass du es nicht konntest. Und er wird das auch. Er kennt dich mittlerweile und weiß mit wem er sich da eingelassen hat.", sprach sie und versuchte mich aufzumuntern.

„Es wird trotzdem Drama geben. Das weiß ich. Mein Leben läuft nie ohne Drama ab.", stöhnte ich genervt.

„Dann versuche doch Kilian ein wenig drauf vorzubereiten. Du musst ihm ja nicht direkt dein Geheimnis verraten, aber du könntest ihm sagen, dass du Angst hast, er könnte wegen bestimmten Dingen sauer werden. Vielleicht hilft das."

„Ok. Danke.", sagte ich leise.

„Was machst du hier draußen?", hörte ich Kilian flüstern.

Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und schenkte ihm ein Lächeln.
Mit einem Pulli und Boxershorts bekleidet trat er hinter mich und legte seine Arme um meinen Bauch.
Sein Kopf fand seinen Weg in meine Halsbeuge und sein heißer Atem bescherte mir eine Gänsehaut.

„Wir sehen uns dann Montag, June.", verabschiedete ich mich.

„Bis dann. Tschüss Kilian.", lachte sie am anderen Ende der Leitung.
Kilian gab nur ein Brummen von sich, was ich als ein ‚tschüss' interpretierte und legte auf.

„Warum bist du schon so früh wach?", fragte er und gab mir einen Kuss auf meine mittlerweile kalte Wange.

„Ich konnte nicht gut schlafen. Ich... sagen wir es mal so.. ich habe Angst."
Beschämt schaute ich auf meine Hände.
Diese wurden jedoch schnell, von zwei Größeren umschlossen und an meinen Bauch gelegt.

„Vor Bryson?"

„Nicht direkt er selber. Eher vor seinen Worten. Ich glaube, er könnte Sachen sagen, die weder dir noch mir gefallen würden. Ich habe Angst, dass du ausrastest, wenn du etwas bestimmtes herausfindest. Etwas, das ich dir bisher noch nicht erzählt habe.", flüsterte ich und spielte mit seinen Fingern.

„Ein Geheimnis, hm? Wäre ja was ganz neues bei dir.", lachte er leicht hinter mir.

Vorsichtig drehte ich mich in seinen Armen um.
„Ich meine es ernst Kilian. Ich verberge tausende Dinge vor dir. Dinge, die ich dir liebend gerne anvertrauen würde, aber ich mich nicht dazu bringen kann es zu tun. Mein Leben war scheiße, bevor ich dich kennengelernt habe und ich möchte das, das wir gerade haben nicht kaputt machen. Diese Beziehung die wir führen."

Solitarius LupusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt