Kapitel 1

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Mit einem leichten Knarzen öffnete sich die schwere Holztür des Restaurants.

Ich trat in das gut gefüllte Lokal und sah mich für einen Moment um. Es war fast brechend voll und die meisten Tische waren von irgendwelchen Paaren besetzt. Kein Wunder, es war schließlich Valentinstag und die Leute verspürten plötzlich den Drang danach, mit ihren Partnern essen zu gehen oder ihnen etwas zu schenken. Die sonst in verschiedenen Farben leuchtenden Lampen tauchten den Raum mit den orange gestrichenen Wänden in ein Rosa - für meinen Geschmack war es mit den zusätzlich aufgehängten Herzen und den Teelichtern zu kitschig.

Bis vor einem Jahr hatte ich noch niemanden gehabt, mit dem ich hätte essen gehen können. Dieses Jahr sah es jedoch anders aus, denn meine Freundin Manuela betrat kurz nach mir das Restaurant.

"Eli, ich habe uns einen Tisch reserviert. Warte hier kurz, ich gehe an der Bar fragen, wo der ist", verabschiedete sich die junge Frau und gab mir noch einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich zwischen den Tischen hindurchquetschte und aufpassen musste, dass sie mit keiner Bedienung zusammenstieß.

Ich beobachtete sie, wie sie an der gemauerten Bar, einen jungen Mann ansprach, der kurz daraufhin in einem Buch blätterte. Ihre Haare trug sie inzwischen zu einem kurzen Bob geschnitten und ihre Kleiderwahl war auf eine lilafarbene Bluse, die in einem schwarzen, lockeren Rock steckte, gefallen. Darüber trug sie eine ebenfalls schwarze Strickjacke und ihre schlanken Beine wurden von einer gleichfarbigen Strumpfhose bedeckt. Sie hatte sich in den letzten zwei Jahren seit unserem Abschluss deutlich veränder, sie war erwachsener geworden, ihr Kleidungsstil weniger dunkel und sie trug sogar eine Brille.

Ich selbst hingegen fühlte mich kaum anders. Meine Kleiderwahl unterschied sich kaum von damals, meine aschbraunen Haare hatten immer noch dieselbe Länge und ich hatte auch nichts an meinem Körper verändert. Vielleicht hatte ich ein wenig zugenommen, weil ich jetzt normal aß und Manuela mich auch gar nicht dazu kommen ließ, Hunger zu haben.

"Komm, der Kellner zeigt uns, wo unser Tisch ist", riss sie mich aus meinen Gedanken.

Als Antwort nickte ich bloß, lächelte ihr und dem Kellner kurz zu, bevor meine Hand automatisch ihre nahm und wir gemeinsam dem jungen Mann folgten. Es fühlte sich auch nach knapp drei Monaten ungewohnt an, jemanden an meiner Seite zu haben.

Unser Tisch stand an einem der Fenster und wir konnten auf die wenig begangene Seitenstraße sehen, die neben dem Restaurant lag. Bevor ich mich jedoch setzte, zog ich meine dicke Winterjacke aus und hängte sie hinter mir auf den Stuhl. Dann setzte ich mich und sah meine Freundin lächelnd an.

"Schönen Valentinstag", wünschte ich ihr.

"Dir auch", erwiderte sie und nahm meine kalten Hände in ihre warmen.

Bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, kam der Kellner erneut und brachte uns die Karten. Meine Auswahl war schnell getroffen und Manuela schien sich ebenfalls schon entschieden zu haben, denn sie legte das Menü beiseite.

"Was nimmst du?"

"Ich denke, den Bacon Cheese Burger und eine Cola und du?"

"Ich die Classic Baked Potatoe und ein Wasser." Ich nahm meistens dasselbe, was mir die Sicherheit gab, dass es mir schmeckte.

Als der junge Mann das nächste Mal an unserem Tisch stand, gaben wir unsere Bestellungen auf. Er sah nicht schlecht aus, das musste ich ihm lassen. Die musternden Blicke von Manuela schienen ihm unangenehm zu sein, weshalb er schnell wieder verschwand.

"Gott Manuela, starr nicht so! Du kannst meinen Ausschnitt gerne ansehen, aber nicht den armen Kellner. Der war richtig verstört von dir!", schimpfte ich lachend und sie verdrehte bloß die Augen.

Ingo love |girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt