Zum Glück war am nächsten Tag noch Wochenende, denn weder ich noch Tine hatten großartig Lust auf Schule. Wir hatten die Zeit bis zum späten Nachmittag einfach nur auf der Couch verbracht, geredet, gegessen und für eine Weile hatte Tine sogar Arbeiten korrigiert und ich hatte ihr dabei zugesehen. Es war so entspannend gewesen dem ruhigen Atem von Tine, dem Durchblättern der Arbeiten und dem kratzenden Geräusch von ihrem Füller auf Papier zuzuhören, dass ich fast eingeschlafen wäre. Mein Kopf hatte auf ihrer Schulter geruht und als sie sich aufgesetzt hatte, war er auf das Sofa gefallen, was der Grund war, warum ich aus meinem Dämmerzustand aufschreckte.
"Hast du geschlafen?", lachte sie und ich sah sie ertappt an.
"Ähm ... nein?", versuchte ich mich herauszureden, aber sie wusste, dass ich fast abgedriftet wäre.
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe und atmete hörbar tief durch.
"Willst du vielleicht etwas anderes machen? Ich will dich nicht so sehr langweilen, dass du gleich einschläfst", fragte sie mich und schien ein wenig beleidigt zu sein.
"Nein, passt schon. Ich werde schnell ins Bad gehen", lehnte ich ihren Vorschlag ab und stand auf, bevor ich aus der Tür verschwand.
Auf dem Weg zum Waschbecken, bei dem ich rechts gehen musste, weil der Raum ungefähr dieselbe Form wie der Flur hatte, bloß breiter, kam ich wie immer an der Badewanne vorbei. Sie stand an derselben Wand wie die Dusche, bloß in der anderen Ecke. Seitdem ich bei Tine wohnte, hatte ich nie mitbekommen, dass eine von uns sie jemals benutzt hatte. Es lag sogar eine dünne Schicht Staub auf ihr.
"Tine?"
Ich war zurück ins Wohnzimmer gegangen, ohne mein Vorhaben, mein Gesicht zu waschen, umzusetzen, und stand zwischen Fernseher und Couchtisch.
"Ja?"
"Hast du die Badewanne eigentlich mal benutzt? Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, dass ich oder du jemals darin gebadet haben", fragte ich sie und sie sah zu mir auf.
"Als ich noch mit Matthias zusammen war, haben wir nach den Tagen, an denen wir viel Sport gemacht haben, zusammen warm gebadet, weil das gegen Muskelkater hilft. Seitdem eigentlich nicht mehr. Ich finde Duschen praktischer, es geht schneller und spart Wasser", erklärte sie mir und mir erschienen plötzlich irgendwelche Szenen, in denen sie mit ihrem Ex-Verlobten in der Badewanne saß.
"Oh okay", meinte ich bloß und wollte gerade kehrtmachen, als sie wieder das Wort ergriff.
"Eigentlich sollte ich sie langsam mal wieder benutzen. Hast du vielleicht Lust?"
Darauf hatte ich gewartet und ich wandte mich wieder zu ihr. Sie sah mich erwartungsvoll an, obwohl sie wahrscheinlich genau wusste, dass ich es angesprochen hatte, weil ich mit ihr baden gehen wollte.
"Ja klar", lächelte ich und ging wieder ins Bad, um endlich mein Gesicht abzuwaschen.
Nebenbei durchsuchte ich einen ihrer Badezimmerschränke, in dem ich verschiedene Shampoos, Duschgele, Putzmittel, diverse Pflegeprodukte und sogar Badezusätze fand. Es gab ein paar Öl- und Schaumbäder und auch Badebomben. Die Wahl wollte ich aber Tine lassen, weil es mir eigentlich ziemlich egal war.
"Ab wann hättest du denn Lust?", fragte sie mich plötzlich.
Ich drehte mich ertappt um, obwohl ich gerade die Schränke durchwühlt hatte, die inzwischen ja uns beiden gehörten und nicht mehr nur ihr. Sie stand im Türrahmen und sah mich an.
"Wenn du fertig mit deinen Arbeiten bist", lächelte ich.
"Dann hast du ja Glück, weil das genau jetzt ist."

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Ingo love |girlxgirl
RomanceSchon mehr als zwei Jahre ist es her, dass Elea Tine das letzte Mal gesehen hat. Und trotzdem kann die junge Frau ihre ehemalige Lehrerin nicht vergessen, auch wenn sie sich inzwischen in festen Händen befindet. Eine Begegnung soll Elea wieder fast...