Kapitel 35

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A/N: Ich möchte für dieses Kapitel eine Triggerwarnung aussprechen, da es selbstverletzendes Verhalten beinhaltet.

Obwohl ich in der Früh kurz durch Manuelas Wecker aufgewacht war, hatte ich bis Mittag geschlafen. Ohne eine zweite Person, die mich wärmte, war es ziemlich kalt und ich stand auf, um mir meine Sachen zusammenzusuchen. Ich entschied mich jedoch gegen den Bleistiftrock und nahm mir lieber eine Jogginghose von Manuela. Es erinnerte mich ein wenig daran, als ich noch mit ihr zusammen gewesen war.

"Scheiße, wo ist der Kaffee?", murmelte ich, als ich in der Küche die Schränke durchforstete.

Als ich die letzte Tür wieder geschlossen hatte, entdeckte ich Manuelas Kaffeepads neben der Kaffeemaschine. Lustlos legte ich eines ein und wartete darauf, dass sich meine Tasse füllte. Dabei schweiften meine Gedanken wieder zu Tine und plötzlich musste ich daran denken, dass ich nicht mehr bei ihr war. Ich war bei meiner Ex-Freundin, mit der ich gestern Abend geschlafen hatte. Was war ich nur für ein schrecklicher Mensch!?

Das monotone Brummen der Kaffeemaschine endete plötzlich und ich griff nach der heißen Tasse, die ich vor Schreck fast wieder losgelassen hätte. Ich hielt sie vorsichtig mit den Fingerspitzen am Henkel und ging mit ihr zur Couch, auf die ich mich behutsam niederließ. Es fühlte sich so an, als wäre ich die ganze Nacht wach gewesen, so ausgelaugt war ich nach den zwölf Stunden Schlaf.

"Fuck!", schrie ich und fuhr mir durch die Haare, an denen ich verzweifelt zog.

Wütend vor Hilflosigkeit zog ich die Beine an die Brust und schlug mit meiner Stirn auf meine Knie. Ich könnte die ganze Zeit einfach nur weinen und schreien. Ich hielt das einfach nicht mehr aus und dass ich ganz alleine in dieser Wohnung war, machte es nicht besser. Manuela würde zum Glück bald zurückkommen, da sie in der Früh gesagt hatte, dass sie in ihrer Mittagspause schnell nach mir sehen würde.

Ich griff nach der Tasse auf dem Couchtisch und nippte am Kaffee, der für meinen Geschmack viel zu bitter war. Aber ich war zu erschöpft und motivationslos, um ihn mit Milch und Zucker zu strecken. Währenddessen rannen mir wieder Tränen über das Gesicht und tropften an meinem Kinn hinab. Der schmerzerfüllte Ausdruck in Tines Augen quälte mich. Mein Herz tat weh und ich schluchzte laut auf.

"Wie konnte ich nur? Wie konnte ich dir das nur antun?", fragte ich an Tine gewandt.

Aber sie war nicht hier und konnte deshalb keines meiner Worte hören. Dann fiel mir ein, dass ich mein Handy hier irgendwo herumliegen hatte. Ich suchte meine Umhängetasche, die ich letzten Endes unter der Couch fand. Es waren insgesamt über hundert Nachrichten aus mehreren Chats angekommen. Ich entsperrte zuerst mein Handy und öffnete dann den Messenger. Tine, Mareike und Tiffany hatten mir geschrieben und mich versucht anzurufen.

"Fuck", keuchte ich, als ich sah, dass mein Handy nur noch wenige Prozent Akku hatte.

Ich tippte schnell auf Tines Kontakt und sah die vielen besorgten Nachrichten. Meine Finger zitterten beim Durchscrollen und durch den Tränenschleier, den ich immer wieder wütend wegwischte, war es schwer zu entziffern, was sie geschrieben hatte. Nach einer Nachricht auf meinem Anrufbeantworter, bei der mir durch Tines verheulte Stimme das Herz zerriss, ging mein Handy plötzlich aus. Vor Frustration hätte ich es fast quer durch den Raum an eine Wand geschleudert. Aufladen konnte ich es auch nicht, da Manuela ein anderes Modell als ich hatte und deswegen auch ein anderes Ladekabel.

"So eine Scheiße!", fluchte ich schluchzend.

Der Kaffee war inzwischen leer und ich stürzte in Richtung Badezimmer. Ich riss den Badezimmerschrank auf und suchte hastig nach dem Stück Metall, das meine seelischen Schmerzen betäuben würde. Kurze Zeit später hatte ich es gefunden. Ich wusste, dass Manuela nur normale Rasierklingen hatte, da sie keinen der konventionellen Damenrasierer benutzte.

Ingo love |girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt