Kapitel 37

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Tine hatte sich bis Mittwoch krankschreiben lassen und ich hatte es ihr gleichgetan. Wir wollten uns die Zeit zusammen nehmen, um zu verarbeiten, was passiert war. Es war zwar alles meine Schuld, aber das wollte sie natürlich nicht akzeptieren.

"Elea, komm, steh auf. Mareike, Tiffany und Manuela kommen in einer Stunde und du bist noch nicht mal aufgestanden", lachte Tine und nahm mir die Decke weg.

"Was soll das?", fragte ich genervt, aber seufzte resignierend, weil ich wusste, dass ich keine Wahl hatte.

"Es gibt keinen anderen Weg, wie ich dich zum Aufstehen bewegen kann", grinste sie.

"Na ja. Ein Kakao wäre eine Möglichkeit oder mich - ganz ungewöhnlich - einfach in meinem Tempo wach werden lassen", beschwerte ich mich.

"Ersteres lässt sich einrichten, aber für das Zweite haben wir heute keine Zeit. Außerdem haben wir das die letzten Tage schon gemacht."

Dann streichelte sie mir noch kurz über die Schulter, bevor sie im Zimmer nebenan verschwand. Verschlafen streckte ich mich im Liegen, bevor ich mich aufsetzte und zum Kleiderschrank ging. Ich suchte mir ein lockeres, beiges Shirt heraus, das ich in eine weite, kakigrüne Stoffhose steckte, die mir bis zur Hälfte der Oberschenkel ging. An meiner Taille zog ich den Stoffgürtel eng zusammen, um meine Figur zu betonen.

"Da bist du ja", begrüßte sie mich und stellte mir meine Tasse Kakao auf meinen Platz.

Tine setzte sich vor mir auf ihren Platz, der näher am Fenster war. Irgendwie hatte es sich nach einer gewissen Zeit festgelegt, dass wir so saßen. Sie hatte im Gegensatz zu mir aber nichts zum Essen oder Trinken. Immerhin würden bald meine Freundinnen kommen und dann gäbe es wieder Kaffee. Das störte mich aber nicht.

"Was gibt es später eigentlich zum Essen?", fragte ich neugierig nach.

"Als du noch geschlafen hast, habe ich beim Bäcker um die Ecke für jeden ein Stück Erdbeerkuchen gekauft. Ich dachte, dass es ganz gut ist, wenn wir mal nicht irgendwas backen oder kochen müssen, wenn jemand vorbeikommt."

"Das ist ein sehr guter Plan", lächelte ich und legte meine freie Hand auf ihre.

Sie verschränkte ihre Finger mit meinen und ich lächelte glücklich. Ich nahm noch einen Schluck von meinem warmen Kakao, bevor ich seufzte und daran denken musste, dass ich Manuela wiedersehen würde.

"Alles gut?", fragte Tine plötzlich auf das Seufzen bezogen.

"Ja, ich habe bloß daran gedacht, dass ich morgen schon wieder Schule habe. Außerdem schreiben wir noch ein paar letzte Arbeiten und müssen sicher noch mindestens zwei Referate halten", redete ich mich schnell raus, wobei es irgendwie stimmte.

Ich hatte wirklich keine Lust auf die Schule, obwohl es nur noch ein paar Wochen waren, die wir überstehen mussten, bevor wir Sommerferien hatten. Trotzdem war es ungewohnt nach mehr als zwei Wochen wieder zum Unterricht gehen zu müssen.

"Vergiss nicht, dass ich auch gehen muss", merkte Tine an.

"Dann wird es halt für uns beide gleich schlimm. Du darfst das Zeug immerhin korrigieren."

"Freu dich schon auf die langweiligen Nachmittage und Abende, an denen du mir dabei zusehen darfst", grinste sie triumphierend.

"Sei nicht so gemein", meinte ich gespielt verletzt und entzog ihr meine Hand, nach der sie sofort griff.

"Niemand hält dich hier fest, du hast alle Freiheiten der Welt", machte sie mir klar, aber sie wusste, dass ich nirgendwo lieber war als bei ihr.

"Du weißt genau, dass ich jeden Ausflug weniger schön finde, als neben dir zu sitzen und dir beim Korrigieren zuzusehen", gab ich geschlagen von mir.

Ingo love |girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt