Kapitel 17

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Nachdem wir uns eine Woche lang über den Erfolg des Abendessens bei meinen Eltern gefreut hatten, stand heute das bei Tines an. Ich hatte mich herausgeputzt, weil ich einen guten Eindruck bei ihnen Eltern hinterlassen wollte. Mein Outfit bestand aus einem schwarzen Bleistiftrock und einem eng anliegenden Shirt in Olivgrün. Darunter trug ich eine schwarze Strumpfhose zusammen mit meinen schwarzen Boots. Tine hatte sich eine dunkelblaue Bluse mit einer hellblauen Jeans angezogen und dazu ihr übliches Paar Stiefeletten.

Ein ungutes Gefühl hatte sich während der bisherigen Fahrt in meiner Magengegend breitgemacht, aber ich hatte Tine nichts davon erzählt, weil ich ihr nicht noch mehr Sorgen machen wollte.

"Wie lange dauert es eigentlich noch?", fragte ich beiläufig.

"Vielleicht eine halbe Stunde?", meinte Tine.

Sie wirkte noch nervöser als bei meinen Eltern, was ich nachvollziehen konnte, denn alleine schon wie sie mit ihrer Mutter telefoniert hat, sagte einiges aus. Deshalb legte ich meine Hand auf ihren Oberschenkel und streichelte sanft mit meinem Daumen über ihr Bein.

"Lass das, sonst muss ich bei einem Rastplatz anhalten", ermahnte sie mich belustigt.

"Hättest du denn wirklich etwas dagegen?", schmunzelte ich und rutschte mit meiner Hand ein Stück nach oben.

"Nein, das weißt du genau, aber ich will nicht mit dir schlafen, wenn ich kurz danach meine Eltern wiedersehen werde", antwortete sie und atmete tief durch.

"Okay", ich nahm meine Hand wieder weg, "wie lange hast du sie eigentlich nicht besucht?"

"Seit Weihnachten schon nicht mehr", murmelte sie und schien sich ein wenig zu schämen.

"Warum?"

"Seitdem ich die Verlobung mit Matthias aufgelöst habe, ist das Verhältnis zwischen mir und meinen Eltern sehr schwierig geworden. Sie verstehen mich einfach nicht, vor allem meine Mutter."

"Oh", gab ich bestürzt von mir und schwieg für eine Weile.

Für den Rest der Fahrt sagten wir nichts mehr und ich wollte auch kein neues Gespräch anfangen, das sie hätte runterziehen können.

"Wir sind gleich da", gab sie mir Bescheid und bog in eine Straße ein, die auf beiden Seiten von Einfamilienhäusern gesäumt wurde.

Wir waren am Rand von Schwarzenfeld, wo ihre Eltern wohnten. Es war ein recht kleiner Ort, der so viele Einwohner hatte wie der Bezirk von Ingolstadt, in dem ich lebte. Dafür war alles schön ländlich und idyllisch - der perfekte Ort, um Kinder großzuziehen.

"Hier ist es schön", gab ich Tine meine Gedanken preis und sie lächelte leicht.

"Oh ja, das ist es", stimmte sie mir zu.

Wenige Minuten später bog Tine rechts ab und parkte vor einer breiten Doppelgarage. Das Haus, das dazugehörte, hatte zwei Stockwerke, ein dunkelgraues Dach, das wie eine Pyramide aussah, und war in einem pastellfarbenen Gelbton gestrichen.

"Wir sind da", kündigte sie an und ich nickte bloß, während ich weiterhin das Haus betrachtete.

Hier war Tine also aufgewachsen.

"Gefällt es dir?"

"Ja, es sieht nett aus. Vor allem die vielen Blumen und Büsche um das Haus finde ich hübsch. Es ist nur ein bisschen groß, finde ich. Da drinnen würde ich mich einsam fühlen", teilte ich ihr meine Gedanken mit und sie nickte bestätigend.

"Als meine Eltern noch arbeiten gegangen sind, waren sie meistens den ganzen Tag weg. Mein Vater hatte eine Immobilienfirma und meine Mutter hat einen Blumenladen geleitet. Ich hatte das Haus immer für mich alleine und wusste gar nicht wo hin mit mir", erzählte sie und sah währenddessen irgendwo in die Ferne.

Ingo love |girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt