Kapitel 6

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Mit einem musternden Blick suchte ich die vielen Klingelschilder ab, die neben der Haustür angebracht waren. Tines Name stand relativ weit unten und als ich auf den kleinen Knopf drückte, wanderte mein Finger weiter zu der kleinen Metallplakette, auf der ihr Name stand.

T. Lindner.

Wie ihr Nachname wohl hinter meinem klang? Elea Lindner oder vielleicht doch Tine Schwab? Ich konnte es kaum glauben, dass ich wirklich schon wieder vor ihrer Wohnung stand und über ihren Nachnamen hinter meinem dachte. Bevor ich mir jedoch mehr Gedanken machen konnte, hörte ich den Türsummer. Schnell drückte ich mich gegen sie, bevor ich nicht mehr reinkam.

Das Treppenhaus war nicht beleuchtet und ich konnte mich nur durch ein wenig Licht, das von oben kam, zurechtfinden. Meine Stöckelschuhe verursachten bei jedem Schritt, den ich tat, ein lautes Klackern auf den Steintreppen, das im gesamten Treppenhaus widerhallte. Die letzten paar Stufen in den ersten Stock wurde ich langsamer und sobald die Tür von Tines Wohnung in meinem Blickfeld war, sah ich sie im Türrahmen stehen. Ein breites Lächeln entblößte ihre weißen Zähne, als sie mich sah und auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Von ihrer Tür aus schien das Licht zu kommen, das das Treppenhaus ein wenig erhellt hatte. Es war jedoch nur ein leichter Schein, der aus ihrer Küche zu kommen schien. Kein anderes Zimmer war erleuchtet, weshalb ich nur wenig von ihr sehen konnte. Sie schien ein schwarzes, eng anliegendes Kleid zu tragen, das ab der Hälfte ihrer Oberschenkel endete.

Die letzten Meter schlenderte ich zu ihr und ließ dabei meine Hüften elegant hin und her schwingen. Durch meine Stöckelschuhe war ich ein paar Zentimeter größer als sie und sie musste leicht zu mir aufsehen, damit sich unsere Blicke treffen konnten.

"Hey", lächelte ich sie an.

"Hey."

Das Strahlen in ihren Augen war trotz des schummrigen Lichts nicht zu übersehen und weil ich wusste, dass ich der Grund dafür war, machte es mich noch glücklicher.

"Willst du vielleicht reinkommen?", fragte sie mich nach einer kurzen Stille.

"Ja klar", antwortete ich und klang dabei begeisterter, als ich wollte.

Sie machte Platz, damit ich an ihr vorbei in den Flur konnte. Dort zog ich meine Schuhe aus, während sie die Tür hinter uns schloss. Tine nahm mir, nachdem ich wieder aufrecht gestanden hatte, den Mantel ab und hängte ihn an einem ihrer Kleiderhaken auf.

Danach deutete sie mir an, ihr in die Küche zu folgen. Erst jetzt fiel mir auf, dass es im Gang ein wenig nach gebratenem Gemüse roch. Ich war gespannt, was sie uns heute Abend gekocht hatte.

Als ich durch den Türrahmen trat, blieb ich für einen Moment fasziniert stehen. Der Anblick, der sich mir bot, war das perfekte, romantische Abendessen. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt und alles war ordentlich zusammen mit roten Servietten und Rosenblättern angerichtet. In silbernen Haltern waren große, längliche, rote Kerzen, die am linken Ende des Tisches standen und einen schummrigen Schein verbreiteten. Sie waren die einzigen Lichtquellen neben der Leuchte der Abzugshaube über ihrem Herd, auf dem eine große Pfanne stand, die aber einen Deckel hatte.

"Setz dich doch", bot sie mir an und lief zu dem Stuhl, der mit dem Rücken zum Herd stand.

Ich ging zu ihr und sie zog ihn mir zurück, damit ich mich setzen konnte. Tine gab alles dafür, dass das Date perfekt wurde, was mich unglaublich glücklich machte. Erst erwartete ich, dass sie sich mir gegenüber hinsetzte, doch sie ging zum Herd und schien an der Pfanne herumzuwerkeln. Ich wurde immer aufgeregter und spielte mit dem schwarzen Nagellack herum, der an einem Finger schon abblätterte. Plötzlich stand sie mit der offenen Pfanne neben mir und lächelte mich schüchtern an, während sie mir einen großen Löffel des Inhalts auf meinen Teller platzierte.

Ingo love |girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt