39. Kapitel

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Im Morgengrauen machten sich Sogo und Emma mit Koshy auf den Weg Richtung Stadt. Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, was dort vor sich ging. Sie mussten näher ran.
Kurz vor dem Tor stießen sie auf Gorjak, der die Nachricht über die verschlossenen Tore und den Alarm überrascht aufnahm. Doch er kam selbst mit Neuigkeiten. Die Männer, die ihnen auf dem Weg nach Zenon entgegengekommen waren, waren nur eines von fünf Bataillonen, die das Land in alle Richtungen durchforsteten. Sie waren der Kriegerfeste gefährlich nahe gekommen und hatten sich dann aufgeteilt. Sie schwärmten aus in Wälder und Berge und sie schienen etwas zu suchen. Ob es die Krieger waren oder etwas anderes, hatte Gorjak nicht herausfinden können. Er hatte nur kurz an der Festung Halt gemacht um die Krieger zu warnen und war dann umgehend nach Zenon zurückgekehrt.

„Etwas ist da im Busch, da bin ich mir sicher", sagte er, als sie nun zusammen vor das Tor traten. Die Menge aus Bauern und Kaufleuten, die sich am Vortag noch hier gesammelt hatte, war verschwunden. Nur einzelne Wagen hatten vor der Stadt kampiert, doch ihre Besitzer konnten Sogo nicht weiterhelfen.

„Ja wir haben die Glocken gehört. Wahrscheinlich ein Feuer. Man konnte die Rauchsäule sogar in der Dunkelheit erkennen", erklärte ein junger Kaufmann ihm auf seine Frage hin. Doch mehr wusste er nicht darüber zu sagen.

Die Tore blieben nach wie vor verschlossen. Gorjak wandte sich zur Mauer um und beobachtete die Zinnen. Als er Bewegungen auf der Mauer ausmachen konnte, stieß er Sogo an und zeigte mit dem Finger hinauf.

„Sieh doch! Das ist doch kein Soldat da auf derMauer!"

Sogo folgte seinem ausgestreckten Arm und da sah er es ebenfalls. Ein Mann beugte sich über die Brüstung und sah hinab auf die Straße - nein, kein Mann.

„Aber das ist doch ein Kind!", stieß er verwundert hervor.

Gorjak nickte nur. Besagtes Kind verschwand für einige Augenblicke hinter den Zinnen, dann kam sein schmutziges Gesicht wieder zum Vorschein. Zusammen mit einem noch kleineren blonden Lockenkopf. Das größere Kind zeigte hinaus auf den Wagen, vor dem sie standen und der kleine blonde Junge kletterte auf die Brüstung, hielt sich an den Zinnen fest und rief etwas.

„Was sagt er? Redet er mit uns?", fragte Gorjak verwirrt.

„Nein", erwiderte Sogo, als er begriff, was der Junge da rief.

Ein breites Lächeln ging über sein Gesicht und er sah hinüber zu Emma, die genau wie er die Worte des Jungen verstanden hatte. Sie lief auf das Tor zu und winkte zu dem Jungen hinauf. „Tom!" rief sie immer wieder und der Junge auf den Zinnen rief zurück.

„Emma! Emma!"


Nach ihrer Wache war Anna völlig erschöpft. Sie war seit fast 24 Stunden auf den Beinen und spürte jede einzelne Prellung und jeden blauen Fleck, den sie vom Kampf davon getragen hatte. Aric war direkt zur Burg gelaufen um Leyla und Amon zu treffen, aber Anna war stattdessen hinuntergestiegen zum Sammelbecken und hatte sich in der Nähe des Kochfeuers unter einer warmen Decke zusammengerollt. Das Einschlafen war ihr nicht schwergefallen aber bald wurde sie von lebhaften Träumen geplagt. Immer wieder sah sie das Gesicht des Soldaten vor sich, erst voller Wut, wie er über ihr stand und zum Schlag ausholte, dann schmerzverzerrt. Mal mit einem Schwert in der Brust, mal mit durchtrennter Kehle, blutüberströmt oder kalt und blass. Er verfolgte sie in jeder denkbaren Version, die ihr Geist sich ausmalen konnte.

Als Aric von Leyla zurückkehrte und sah, wie sie sich herumwarf, überlegte er zwar, sie zu wecken, entschied sich dann aber dagegen. Er glaubte zu wissen, was sie umtrieb. Es war eine aufwühlende Nacht gewesen und er wusste, er musste mit ihr über die Geschehnisse sprechen. Doch im Moment hatte sie den Schlaf bitter nötig. Genau wie er selbst. Er war Sogo und Gorjak oben am Tor begegnet und hatte mit ihnen über das weitere Vorgehen beratschlagt. Schlussendlich hatte Sogo erneut Leyla aufgesucht um noch einmal im Detail zu besprechen in welchem Umfang die Krieger in Zenon eingreifen sollten. Nach dem Gespräch wollte er sich dann sofort auf den Weg zur Festung machen. Gorjak war geblieben und hatte sich von Amon eine Aufgabe geben lassen. Für Aric gab es im Moment nichts zu tun und er war froh darüber. Er suchte sich eine Decke, faltete seine Jacke zu einem Kissen und legte sich zu Anna auf den Boden am Feuer. Binnen Sekunden war er eingeschlafen.
Er schlief wie ein Stein. Völlig erschöpft und völlig traumlos.

Das Erbe der schwarzen KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt