Sahir hatte sich im nächstgelegenen Ort ein Zimmer gemietet. Ronan war nur ein kleines Dorf und „Der stolze Hirsch" war das einzige Gasthaus im Ort. Doch Sahir war zufrieden. Die Zimmer waren sauber und es gab sogar die Möglichkeit ein Bad zu nehmen.
Sahir verbrachte die meiste Zeit in der Schankstube. Dort war es warm und die Männer kamen um zu trinken und sich auszutauschen. Meist redeten sie über das Wetter, die Bedingungen für die Landwirtschaft und Probleme in der Familie. Doch ab und zu hörte er interessante Neuigkeiten. Wenn Händler im Ort Halt machten, erzählten sie viele Geschichten, vor allem nach einem Krug Wein wurden sie sehr gesprächig.
„Ihr könnt von Glück sagen, dass euer Dorf so weit vom Palast entfernt ist. Überall streifen seine Soldaten umher und rekrutieren jeden fähigen Mann", rief ein runder lauter Tuchhändler eines Abends.
„Wir sind doch nur Bauern, was sollen wir in der Armee des Königs?", erwiderte einer der Bauern.
„Ja, das haben sich die Männer im letzten Dorf, das ich bereist habe, auch gefragt. Doch keine Sorge. Er findet Verwendung für euch. Gut genug als Fraß für den Feind seid ihr allemal."
„Wofür sollte der König so viele Soldaten brauchen?", mischte sich die Wirtin ein. „Es gibt doch keine Aufstände im Land."
„Nein, aber vielleicht ist ihm sein Land ja nicht genug!"
Er senkte verschwörerisch die Stimme.
„Verstecke deine Söhne, solange du Zeit dazu hast. Glaube mir, sie werden auch euch nicht verschonen."
Die Stille war zum Zerreißen, bis einer der Bauern sich erhob.
„Ich habe genug von deinem Geschwätz. Ich gehe nach Hause."
„Oh ja, genieße deine Frau, solange du sie noch hast."
Sahir hörte nicht weiter zu. Er wusste bereits, wovon der Händler sprach. Überall im Land wurden die Männer eingezogen, wenn nötig mit Gewalt. Der König hatte etwas Großes vor, doch Sahir tappte im Dunkeln. Was wollte der Herrscher? Würde er wirklich seine Nachbarn angreifen? Dazu musste er mit seiner Armee die Berge überqueren, oder das Meer. Für seine kleinen Feldzüge auf den Melau-Inseln hatten seine Schiffe ausgereicht. Aber um ein Reich wie Lonaar oder Ibna herauszufordern, brauchte er eine Armada. Das war unmöglich!
Sahirs Aufmerksamkeit wurde auf einen Besucher gelenkt, der bisher still in der Ecke gesessen hatte und allein seinen Wein getrunken hatte. Als er sich erhob, blitzte ein Schwert unter seinem Umhang hervor und Sahir erkannte die Reisekleidung, ähnlich der, die Aric trug, zweckmäßig, stabil und unauffällig.
Langsam stand er auf und folgte dem Mann hinaus auf die dunkle Straße. Er vergewisserte sich, dass sich niemand in der Nähe aufhielt, dann rief er dem Mann nach.
„Warte, Krieger!"
Der Mann wirbelte herum, die Hand am Schwertknauf, und musterte ihn argwöhnisch.
„Was willst du von mir alter Mann?"
Seine Stimme war tief und schneidend, doch Sahir ließ sich nicht beirren.
„Würdet ihr einem Freund eine Nachricht überbringen? Dem Kriegermeister Aric. Sagt ihm der Trunkenbold aus Zenon sei hier und ihm sehr dankbar. Er hat mir das Leben gerettet."
Er erwiderte den scharfen Blick des Kriegers gelassen. Dieser nickte knapp und meinte:
„Ich werde sehn, was ich tun kann."
Dann wandte er sich um und verschwand in der Nacht.
Sahir atmete erleichtert auf. Seit Anna vor einigen Wochen verschwunden war, spielte er mit dem Gedanken zu Aric Kontakt aufzunehmen. Er musste Anna wiederfinden und nachdem der alte Magier Saronn ihm nicht weiterhelfen konnte, wollte Sahir nun versuchen, Aric für seine Zwecke zu rekrutieren. Möglicherweise gelang es Aric durch seinen Zugriff auf das weitläufige Netz der Krieger Annas Spur aufzunehmen. Denn sie musste gefunden werden. Er musste ihr erklären wer sie war, bevor es ein anderer herausfand.
Zufrieden ging er zurück ins Gasthaus, zahlte seinen Wein und zog sich auf sein Zimmer zurück. Er hoffte, Aric würde seine Nachricht erhalten und den Wink verstehen. Falls er mit Sahir sprechen wollte, würde er kommen. Sahir seufze und ging zu Bett. Er würde sich gedulden müssen.
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Das Erbe der schwarzen Königin
FantasiFeuer wird Erde verbrennen, Wind wird ihre Asche aufs Meer hinaus tragen, Wasser schenkt ihr neues Leben. Nichts ist ewig, doch es währt für immer... Anna lebt auf der Straße. Zusammen mit ihrem besten Freund Amon lässt sie sich treiben. Ihre einzig...