76. Kapitel

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Als die Krieger vor Zenon eintrafen, war die Stadt ein Trümmerfeld. Rauch schwärzte den Himmel und schwere Geschosse donnerten in die Mauern und die Häuser dahinter. Der Kampflärm war ohrenbetäubend. Oberhalb des Nordtores war bereits ein Wachturm eingestürzt und hatte einen Teil der Mauer mitgerissen. Das Tor war stark beschädigt und ein Flügel hing nur noch schräg in den Angeln. Am Tor selbst wurde erbittert gekämpft. Die Soldaten des Königs formierten sich bereits, um die Stadt von dort aus einzunehmen und sogar aus der Ferne war erkennbar, dass die Männer Zenons dem Ansturm kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Schemen waren im Dunst erkennbar, Pfeile flogen auf die vorrückenden Schlachtreihen zu und auch die Katapulte der Stadt feuerten noch. Doch wie lange würden sie standhalten, wenn das Tor letztendlich fiel?

Aric, Gorjak, Oliver und Lucius waren zu Taos und Treisa aufgerückt und blickten ernst auf das Geschehen.

„Ich hätte nie gedacht, dass Maar Zenon so rücksichtslos zerstören würde", sagte Aric.

Taos wandte sich ihm zu. Er klang bitter, als er erwiderte: „Mein Vater ist kein geduldiger Mann. Unsere magische Flucht aus seinen Kerkern wird das Fass zum Überlaufen gebracht haben, fürchte ich."

Treisa neben ihm nickte zustimmend.

„Wir müssen dieses Tor sichern, oder die Stadt ist verloren. Von hier können wir wenig ausrichten, dazu sind wir zu wenige. Eine zweite Front würde sie zwar eine Weile ablenken, aber selbst beritten und mit unseren Fähigkeiten würden wir schnell unterliegen", erklärte er nach kurzer Überlegung. „Wir schlagen einen Keil in die Reihen, preschen zur Mauer vor und halten sie davon ab in die Stadt einzufallen solange wir Kraft haben. Zenon wird uns den Rücken decken", führte er seinen Vorschlag weiter aus.

„Wenn es Zenon gelingt, das Tor zu schließen, haben wir keine Möglichkeit mehr zum Rückzug. Selbst, wenn wir Boden gutmachen, wird es schwierig die Reihen zu halten, bis wir hinter den Mauern sind", gab Treisa zu bedenken.

Doch sie alle wussten es: Sie hatten eine Übermacht gegen sich. Dieser Ritt würde mit großer Wahrschenlichkeit ihr letzter sein.

„Unsere Kraft ist begrenzt. Wir sollten sicherstellen, dass jeder Hieb sitzt. Jede Minute, die wir Zenon erkaufen, kann den Unterschied machen – zwischen Sieg und Niederlage", sagte Aric.

Niemand widersprach ihm. Taos nickte Aric zu, ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen.

„Dann ist es entschieden", sagte er nur.

In Windeseile wurde der Befehl durch die Reihen getragen und während die Krieger sich formierten, ritt Gorjak zu Oliver und Lucius.
„Wir werden versuchen so schnell wie möglich das Nordtor zu erreichen. Haltet euch in der Mitte der Formation und wenn wir durchbrechen, reitet direkt zum Tor. Seht zu, dass ihr in die Stadt kommt und jemanden findet, der das Tor verstärkt. Sie werden nicht viel Zeit haben, aber genug, wenn sie schnell handeln. Verstanden?", erklärte er zügig und brachte sie am geeigneten Ort in der Formation unter.

Beide Magier nickten ernst.

„Pass auf dich auf", sagte Oliver, „und gib Acht auf Aric."

Gorjak salutierte grinsend.

„Immer!", sagte er und preschte davon.


Zwölf unsichtbare Augenpaare beobachteten den Aufbruch der Krieger, die sich wütend eine Schneise durch die Schlachtreihen des Feindes brachen und vor der Mauer auffecherten. Stumm bezeugten sie den Todesritt der tapferen Männer und Frauen, der in einem erbitteten Kampf um das Tor mündete. Männer fielen zu beiden Seiten und hinter den Kriegern schlossen sich die Reihen.

Das Erbe der schwarzen KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt