Aric hatte geglaubt, sie würden nie ihr Ziel erreichen, als die Soldaten endlich vor einem Zelt Halt machten. Sie hatten ihn durchs halbe Heerlager geschleppt und Aric kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben. Ein Pfeil steckte zwischen seinen Rippen und ein anderer in seinem Rücken. Er hatte kaum Zeit gehabt, sich darüber zu wundern, dass er noch lebte, als die beiden Männer gekommen waren, ihn fest unter den Armen gepackt hatten und mit sich gezogen hatten, während seine lahmen Beine über den Boden schleiften. Nun schleppten sie ihn durch den Zelteingang und stießen ihn grob zu Boden.
„Der Gefangene, Herr", hörte er einen der beiden sagen.
„Gut. Schickt Viron zu mir und bringt mir den Priester her, auf der Stelle!", erwiderte eine zweite Stimme in befehlsgewohntem Ton und Aric spürte den kühlen Luftzug, als einer der Soldaten das Zelt verließ um den Befehl auszuführen.
Für einen Moment herrschte Stille, dann sprach die Stimme erneut.
„Dies ist also der Mann, der heldenhaft versucht hat, die kleine Magierin zu retten. Was hat er sich dabei gedacht, frage ich mich, hmm? Allein gegen ein ganzes Heer?"
Aric reagierte nicht. Er war müde und er wollte gar nicht erst die Hoffnung in dem Mann wecken, er könne ein längeres Verhör durchstehen. Jemand packte ihn unsanft im Genick und zog ihn auf die Knie.
„Erweise deinem König Respekt, Elender! Er hat dich was gefragt."
„Tsts, nicht doch mein Lieber. Behandelt man so einen Gast?" erwiderte die Stimme amüsiert. „Dennoch, es ist unhöflich jemanden zu ignorieren, wenn er mit Euch spricht."
Wie auf Befehl schob sich eine zweite Hand nun unter Arics Kinn und zwang ihn, den Mann anzusehen, der vor ihm stand. Es war der König, prunkvoll in einer glänzenden Rüstung mit purpurnem Mantel und einer funkelnden Krone auf dem Kopf. Aric überspielte seine Überraschung und funkelte ihn finster an.
„So ist es besser, nicht wahr?", sagte der König vergnügt.
Dann wurde seine Miene ernst und er beugte sich zu Aric hinunter. Seine Hand erschien vor Arics Augen und ließ einen Gegenstand vor ihm hin und her baumeln.
„Wisst ihr, was das ist?", fragte der König und Aric versuchte trotz seines verschwommenen Blickes zu erkennen, was da vor ihm schwebte. Es war eine Kette und daran hing ein kleiner silberner Ring. Selbst, wenn er gewusst hätte, was er da vor sich hatte, hätte er es dem König nicht gesagt. Dieser schien nichts anderes erwartet zu haben, denn er fuhr bereits fort.
„Das ist ein Ring. Nicht irgendein Ring, nein. Es ist der Zwilling zu dem Ring, den mein Sohn trug, als er starb. Seht ihr die Gravur? Taos und Estell, der Bastard und seine Magierhure! Nun sagt mir, wie gelangt dieser Ring wohl in die Hände eines kleinen Mädchens? Ein Mädchen, das sich dann auch noch als mächtige Magierin entpuppt!"
Aric setzte eine gleichmütige Miene auf, doch sein Kopf schmerzte von der Anstrengung, die Worte des Königs zu verarbeiten. Er redete sich immer mehr in Rage, doch Aric hatte nur einen Gedanken: Wenn dies Annas Ring war, wo war dann Anna?
„Antworte mir!", schrie der König und versetzte ihm einen harten Schlag gegen die Schläfe. Die Welt vor seinen Augen verschwamm und er sackte zusammen.
„Eure Majestät, Ihr wünscht mich zu sprechen?", ertönte in diesem Moment eine kalte Stimme hinter ihm und Aric schloss erleichtert die Augen, während er dem Gespräch der beiden Männer lauschte.
„Priester!", fuhr der König den Neuankömmling wütend an. Dann schien er sich zu besinnen und etwas beherrschter fuhr er fort. „Ich habe Euch nicht hergebracht, damit ihr meine Soldaten für eure magischen Spielchen opfert und die Frau, die ich seit Monaten versuche aufzuspüren, beinahe umbringt!"
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Das Erbe der schwarzen Königin
FantasyFeuer wird Erde verbrennen, Wind wird ihre Asche aufs Meer hinaus tragen, Wasser schenkt ihr neues Leben. Nichts ist ewig, doch es währt für immer... Anna lebt auf der Straße. Zusammen mit ihrem besten Freund Amon lässt sie sich treiben. Ihre einzig...